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Mit der neuen Regelung könnten mehr Beamte in die gesetzlichen Kassen wechseln.

© Angelika Warmuth/picture alliance / dpa

Exklusiv

Länder attackieren private Krankenversicherer: Beamte sollen auch Zuschüsse für gesetzliche Kassen erhalten

Wegen der Beihilfe sind Beamte vorzugsweise privat krankenversichert. Nun offerieren ihnen aber immer mehr Länder auch Zuschüsse für gesetzliche Kassen.

Der Druck auf die privaten Krankenversicherer wächst. Nach Hamburg wollen immer mehr Bundesländer ihren Beamten auch einen hälftigen Zuschuss zur gesetzlichen Krankenversicherung (GKV) zahlen. Brandenburg, Thüringen und Bremen kündigten diesen Schritt für 2020 an, Berlin hat ihn ebenfalls auf der Agenda. Bisher erhalten Beamte nur Beihilfe zur Krankenbehandlung, wenn sie privat versichert sind. Bundespolitiker von SPD und Grünen lobten die Pläne, von der privaten Krankenversicherung (PKV) gab es Kritik.

Auch Berliner Gesundheitssenatorin will "echte Wahlfreiheit"

Auch in Berlin wolle man die bestehende „Ungleichbehandlung“ mit einem pauschalen Zuschuss beheben, sagte Gesundheitssenatorin Dilek Kolat (SPD) dem Tagesspiegel. „Wir wollen damit eine echte Wahlfreiheit einführen.“ Vor allem für Beamte der unteren Besoldungsgruppen sei ein solcher GKV-Zuschuss ein echter Vorteil. „Für sie nämlich stellen die Beiträge der privaten Krankenkassen in der Rente wirklich ein Problem dar, da sie im Verhältnis zur kleineren Rente zu hoch sind.“ Am Dienstag beschäftigt sich der Senat mit den Eckpunkten zur Umsetzung des Modells.

SPD-Fraktionsvize Karl Lauterbach begrüßte die Ländervorstöße. Solche Schritte zu mehr Wahlfreiheit seien zeitgemäß und würden „von sehr vielen Beamten gewünscht“, sagte er dieser Zeitung. Für untere Besoldungsgruppen seien die steigenden Kosten in der PKV ein großes Problem. Er rechne fest damit, dass der Druck steige und weitere Länder nachzögen.

"Mittelfristig profitieren auch die Steuerzahler"

Auch die gesundheitspolitische Sprecherin der Grünen im Bundestag, Maria Klein-Schmeink, zeigte sich erfreut über die Entwicklung. Es sei „ein Unding dass das Geschäftsmodell der privaten Krankenversicherung zur Hälfte darauf beruht dass Beamte quasi keine Wahl haben, da ansonsten der Dienstherr ihnen keine Beteiligung an den Beiträgen gewährt“, sagte sie.

Zuvorderst könnten sich Beamte mit mehreren Kindern und mit chronischer Erkrankung über die GKV-Zuschüsse freuen. Mittelfristig profitierten von der Wahlfreiheit der Beamten aber auch die Steuerzahler, denn über die Beihilfe kämen „große Zukunftslasten auf Bund, Länder und Kommunen zu“.

PKV-Verband: Offerten sind politisch motiviert

Der PKV-Verband dagegen reagierte aufgeschreckt. Eine Realisierung des Hamburger Modells strebten allein rot-rote, rot- rot-grüne und rot-grüne Regierungen an, heißt es in einem am Freitag veröffentlichten Positionspapier. Die Sache sei politisch motiviert, Beamte sollten mit dem Arbeitgeberzuschuss zum Wechsel in die GKV motiviert werden. Dabei verwundere es nicht, dass solche Positionierung „der üblichen politischen Farbenlehre in Fragen rund um die Bürgerversicherung“ folge.

Gleichzeitig warnte der Verband die Beamten, die knapp die Hälfte ihrer Klientel bilden, vor einer Entscheidung für die GKV. Zum einen hätten sie „für ihre PKV-Restkostenversicherung in der Regel eine geringere Beitragslast“. Zum andern trügen gesetzlich versicherte Beamte beim Wechsel in andere Bundesländer das Risiko, wieder alles allein zahlen zu müssen.

Hamburg sieht sich durch Nachfrage bestätigt

Erste Erfahrungen aus Hamburg zeigten, „dass die Kombination aus Beihilfe und PKV von der überwältigenden Mehrheit der Beamtenbevorzugt wird“, sagte Verbandssprecher Stefan Reker. Diese Lösung sei „auch für die Steuerzahler auf Jahrzehnte hinaus deutlich günstiger“.

Hamburgs Gesundheitssenatorin Cornelia Prüfer-Storcks dagegen berichtete, dass sich seit der Neuregelung im August schon mehr als 1000 Beamte gesetzlich versichert hätten. In den unteren Besoldungsgruppen sei es fast die Hälfte aller neuen Beamten gewesen. Die Zahlen zeigten, dass es „großen Bedarf für eine solche Regelung gibt“, so die SPD-Politikerin.

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