zum Hauptinhalt
Die Ultraschalluntersuchung zur Krebsfrüherkennung der Eierstöcke und der Gebärmutter wird kritisiert.

© freepik

„Angst und Schrecken bei jungen Frauen“: Patientenbeauftragter fordert Verbot bestimmter Selbstzahler-Untersuchungen

Besonders der Ultraschall zur Krebsfrüherkennung bei Frauen liefere oft falsch-positive Befunde, so der Patientenbeauftragte. Er fordert Ärzte zudem auf, Long Covid ernster zu nehmen.

Sogenannte Individuelle Gesundheitsleistungen (Igel) werden von den gesetzlichen Krankenkassen nicht übernommen und müssen von den Patienten selbst bezahlt werden. Der Patientenbeauftragte der Bundesregierung, Stefan Schwartze (SPD), fordert nun, dass einige dieser Selbstzahler-Angebote in Arztpraxen verboten werden.

Konkret nannte Schwartze die Ultraschalluntersuchung zur Krebsfrüherkennung der Eierstöcke und der Gebärmutter. Diese Untersuchung sei eine der am meisten verkauften Leistungen. Sie schade aber, weil es häufig falsch-positive Befunde gebe und dadurch unnötige weitere Untersuchungen und Eingriffe folgten, erklärte Schwartze dem Redaktionsnetzwerk Deutschland.

Diese Untersuchung wird deshalb auch von den gynäkologischen Fachgesellschaften abgelehnt.

Stefan Schwartze, Patientenbeauftragter der Bundesregierung (SPD)

„Hier werden junge Frauen ohne Not in Angst und Schrecken versetzt. Diese Untersuchung wird deshalb auch von den gynäkologischen Fachgesellschaften abgelehnt.“

„Leistungen, die von den medizinischen Fachgesellschaften als schädlich bezeichnet werden, haben in Arztpraxen nichts zu suchen und gehören verboten, auch im Rahmen von Igel“, sagte Schwartze.

Schwartze forderte Ärzteschaft und Sozialversicherungen zudem dazu auf, die Probleme von Long-Covid-Betroffenen ernst zu nehmen. „Die Zahl der Betroffenen ist inzwischen sehr, sehr hoch“, sagte er. Weil das Wissen auch in der Ärzteschaft fehle, würden Betroffene „schnell in die Ecke einer psychischen Erkrankung gestellt, wo sie definitiv nicht hingehören“, sagte der SPD-Politiker.

„Und sie berichten davon, dass ihr Leiden auch in den Sozialversicherungen, also insbesondere in der Kranken- und Rentenversicherung, keine Anerkennung findet und sie wie Simulanten behandelt werden.“

Es gebe viele Schicksale, bei denen wirtschaftliche Existenzen ganzer Familien wegbrächen, weil Erkrankte nicht mehr arbeiten könnten, sagte er. „Ich appelliere an die Ärzteschaft, an das Pflegepersonal, aber auch an Ämter und Behörden: Nehmen Sie diese Menschen sehr ernst, gehen Sie angemessen mit ihnen um.“

Das sei auch für die Jugendämter wichtig, da auch Kinder und Jugendliche betroffen seien. Schwartze forderte mehr Investitionen in die Grundlagenforschung. „Ursachen und Behandlungsmethoden sind leider immer noch weitgehend unerforscht“, sagte er.

Patientenbeauftragter fordert mehr Mittel für Long Covid

Die im Haushalt 2024 bereitgestellten 150 Millionen Euro könnten dafür nur ein Anfang sein. Zudem müssten geeignete Versorgungsstrukturen aufgebaut werden. Dazu gehöre auch eine bessere Schulung von Ärztinnen und Ärzten sowie Pflegekräften.

Schwartzes Angaben zufolge will die Ampelkoalition es Opfern von Behandlungsfehlern künftig zudem leichter machen, Recht zu bekommen. Die Gespräche mit Bundesjustizminister Marco Buschmann (FDP) über eine Reform des Patientenrechtegesetzes seien auf einem guten Weg.

„Die Betroffenen scheitern meist daran zu beweisen, dass der Schaden allein durch einen Behandlungsfehler verursacht wurde“, erläuterte er. Dieser Vollbeweis sei extrem schwer zu erbringen.

„Deshalb setzte ich mich dafür ein, dass künftig die überwiegende Wahrscheinlichkeit ausreicht.“ So sei es zum Beispiel auch in Österreich und der Schweiz. 

Bei den Krankenkassen stößt der Ruf aus der Bundesregierung nach einem Verbot einiger Selbstzahler-Angebote in Arztpraxen auf Zurückhaltung. Zur Vermeidung irrelevanter und gefährlicher Behandlungen setzt der AOK-Bundesverband jedoch auf Aufklärung und Bedenkzeit. „Patientinnen und Patienten dürfen nicht zur Inanspruchnahme fragwürdiger Selbstzahlerleistungen gedrängt und unnötig zur Kasse gebeten werden“, sagte Carola Reimann, Vorstandsvorsitzende des AOK-Bundesverbandes, dem Tagesspiegel.

Wichtig sei, dass die Menschen „objektiv über die Leistungen aufgeklärt werden und genügend Bedenkzeit für ihre Entscheidung bekommen“, sagte Reimann. Dies solle „mit einer Weiterentwicklung des Patientenrechtegesetzes klar geregelt werden“. Mit der Normierung der Informationspflicht solle „Missbrauch wirksam bekämpft werden – auch im Sinne des Großteils der Ärztinnen und Ärzte, die hier seriös agieren“.

(lem/dfs)

Zur Startseite

showPaywall:
false
isSubscriber:
false
isPaid:
showPaywallPiano:
false