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Blick auf das Stahlwerk in Mariupol (am 8. Mai 2022)

© Reuters/Alexander Ermochenko

Krieg in der Ukraine: Angeblich noch Zivilisten im Werk Azovstal, Kiew dringt auf raschen EU-Beitritt – das geschah in der Nacht

Russland greift unvermindert Ziele im Süden der Ukraine an. US-Präsident Biden erleichtert Waffenlieferungen nach Osteuropa. Die Lage im Überblick.

Der ukrainische Präsident Wolodymyr Selenskyj hofft, dass seinem Land schon im Juni der Status eines EU-Beitrittskandidaten zuerkannt wird. Das sagte er am Montagabend in seiner täglichen Videoansprache. Stunden zuvor waren rund 1000 Seiten Dokumente als Antwort auf den berühmten Fragebogen zur EU-Mitgliedschaft an Brüssel übergeben worden.

In Washington unterzeichnete US-Präsident Joe Biden ein Gesetz, das die Lieferung von Rüstungsgütern an die Ukraine und andere osteuropäische Staaten erleichtert. Gleichzeitig drängte er den Kongress, ein Milliarden-Paket für Kiew bald zu bewilligen.

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Von russischer Seite gab es mehrere Raketenangriffe gegen die Hafenstadt Odessa.
Die Ereignisse im Überblick:

  • „Heute haben wir auf unserem Weg in die Europäische Union einen weiteren Schritt gemacht, einen wichtigen und nicht nur formalen“, sagte Selenskyj am Montagabend in seiner täglichen Videoansprache. Sein Land habe am Montag die zweite Hälfte der Antworten auf den Fragebogen übergeben, den jeder Staat für den Mitgliedschaftsantrag ausfüllen muss. „Das dauert üblicherweise Monate, aber wir haben das innerhalb von Wochen erledigt.“ Er habe sowohl mit EU-Ratspräsident Charles Michel als auch mit Kommissionschefin Ursula von der Leyen über die europäische Integration der Ukraine gesprochen, sagte Selenskyj. Beide seien beeindruckt gewesen von der schnellen Beantwortung des Fragebogens. Er rechne mit einer positiven Antwort und dem Status des Beitrittskandidaten für die Ukraine im Juni.
  • US-Präsident Biden unterzeichnete ein Gesetz, das - ähnlich wie das Lend-Lease-Gesetz aus den Zeiten des Zweiten Weltkriegs - die Lieferung von Rüstungsgütern an die Ukraine und andere osteuropäische Staaten erleichtert. Biden sprach von einem „wichtigen Instrument zur Unterstützung der ukrainischen Regierung und des ukrainischen Volkes in ihrem Kampf zur Verteidigung ihres Landes und ihrer Demokratie“ gegen den Krieg von Russlands Präsident Wladimir Putin. „Die Kosten des Kampfes sind nicht gering. Aber ein Nachgeben gegenüber der Aggression ist noch teurer.
  • Biden hat den Kongress um eine schnelle Bewilligung des von ihm beantragten Milliarden-Pakets zur Unterstützung der Ukraine gebeten. „Ich habe die Mittel, die mir von einer überparteilichen Mehrheit im Kongress zur Unterstützung der ukrainischen Kämpfer zur Verfügung gestellt wurden, fast ausgeschöpft“, teilte Biden mit. Dies könne bereits in rund zehn Tagen der Fall sein. „Wir können nicht zulassen, dass unsere Hilfslieferungen eingestellt werden, während wir auf weitere Maßnahmen des Kongresses warten.“ Biden hat den Kongress um weitere 33 Milliarden US-Dollar (31,3 Milliarden Euro) gebeten. Der Großteil dieser Summe - mehr als 20 Milliarden Dollar - soll für Militärhilfe genutzt werden.
  • Entgegen Berichten über die vollständige Evakuierung aller Zivilisten aus dem von russischen Truppen belagerten Werk Azovstal in der ukrainischen Hafenstadt Mariupol sollen sich dort immer noch rund 100 Zivilpersonen aufhalten. Zudem hielten sich immer noch rund 100.000 Menschen in der schwer zerstörten Stadt auf, sagte der regionale Verwaltungschef Pawlo Kyrylenko am Montagabend. „Schwer zu sagen, wer von ihnen die Stadt verlassen will“, wurde er von der „Ukrajinska Prawda“ zitiert. Ukrainische Truppen haben sich im Stahlwerk verschanzt, der letzten Bastion in Mariupol. In den vergangenen Tagen wurden von dort mit Hilfe der Vereinten Nationen und des Roten Kreuzes mehrere hundert Frauen, Kinder und ältere Menschen evakuiert. Die Verteidiger von Azovstal wollten aber nicht ausschließen, dass sich noch Zivilisten in einigen Kellern des weitläufigen Geländes aufhielten.
  • Bei russischen Raketenangriffen auf die ukrainische Hafenstadt Odessa sind in der Nacht zum Dienstag mindestens ein Mensch getötet und fünf weitere verletzt worden. Das berichtete die Agentur Unian unter Berufung auf die örtliche Militärführung. „Der Feind hält seinen psychologischen Druck aufrecht und setzt seine hysterischen Attacken gegen friedliche Zivilisten und die zivile Infrastruktur fort“, hieß es. Die Stadt wurde am Abend von zahlreichen Explosionen erschüttert. Nach Medienberichten wurden unter anderem ein Einkaufszentrum und ein Warenlager getroffen.
  • Kurz zuvor hatte die russische Luftwaffe nach Darstellung des ukrainischen Militärs mehrere Hyperschallraketen vom Typ Kinschal auf Odessa abgefeuert. Dabei seien „touristische Objekte“ getroffen und mindestens fünf Gebäude zerstört worden, berichtete die „Ukrajinska Prawda“. Die Hafenstadt im Süden der Ukraine ist seit Sonntagabend Ziel verstärkter russischer Raketenangriffe. Am Montagnachmittag schlugen während eines Besuchs von EU-Ratspräsident Charles Michel in Odessa mehrere Raketen in der Region ein. Michel und der ukrainische Ministerpräsident Denys Schmyhal mussten deswegen Schutz suchen.

Die Botschaften Russlands in Europa werden laut einem Bericht der Nachrichtenagentur RIA nicht geschlossen. „Dies entspricht nicht unserer Tradition“, sagt der stellvertretende russische Außenminister Alexander Gruschko RIA. „Wir glauben, dass die Arbeit der diplomatischen Vertretungen wichtig ist.“ Am Montag war der russische Botschafter in Polen von Demonstranten mit roter Farbe übergossen worden, als er anlässlich des Jahrestages des Sieges über Nazideutschland Blumen auf einem sowjetischen Friedhof niederlegen wollte.

Mehr zum Ukraine-Krieg auf Tagesspiegel Plus:

Ukraines Präsident Selenskyj will sich am Dienstag in einer Videobotschaft an des Parlament der Slowakei wenden. Vor dem Hintergrund des Ukraine-Kriegs beraten die für Digitalisierung zuständigen Minister der G7-Staaten in Düsseldorf darüber, wie sie bei der Cybersicherheit stärker an einem Strang ziehen können. (dpa, Reuters)

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