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Die Nominierung von Rackete war nicht mit den Parteigremien abgestimmt.

© dpa/Keystone/Urs Flueeler

„Geisterfahrt der politischen Führung“: Nominierung von Carola Rackete zur Spitzenkandidatin der Linkspartei sorgt für Streit

„Dieser Vorschlag spaltet die Partei“, sagt Ex-Linken-Chef Klaus Ernst. Die Flüchtlingsaktivistin soll auf Platz zwei für die Europawahl kandidieren.

Die Nominierung der Flüchtlings- und Klimaaktivistin Carola Rackete zur Linken-Spitzenkandidatin bei der Europawahl stößt parteiintern auf Widerstand. „Der Vorschlag des Parteivorstandes, die parteilose Carola Rackete an sämtlichen Parteigremien vorbei als Spitzenkandidatin für die Europawahl auszurufen, beweist weiter die Geisterfahrt der politischen Führung der Linken“, sagte der Linken-Bundestagsabgeordnete Klaus Ernst dem Tagesspiegel.

„Zuständig für die Kandidatenkür ist nach der Satzung nicht der Vorstand, sondern der Bundesausschuss.“ Sofort habe Carola Rackete eine eigene Pressekonferenz durchgeführt, „mit Positionen, die mit der Programmatik der Linken kaum vereinbar sind“. Ernst sagte: „Dieser Vorschlag spaltet die Partei weiter. Das scheint auch das Ziel des Parteivorstandes zu sein.“

„Spitzenteam“ für die Europawahl

Insgesamt will die Linke mit einem vierköpfigen „Spitzenteam“ in die Europawahl ziehen, darunter eben die parteilose Kapitänin und Flüchtlingshelferin. Rackete soll hinter dem Parteivorsitzenden Martin Schirdewan, derzeit Fraktionschef der Linken im Europaparlament, auf Platz zwei kandidieren. Das letzte Wort hat der Linken-Parteitag im November.

Das Europäische Parlament wird in Deutschland am 9. Juni 2024 gewählt. Einer aktuellen Insa-Umfrage für die „Bild“-Zeitung zufolge liegt die Linke bei fünf Prozent. Bei der Wahl 2019 hatte sie 5,5 Prozent erzielt.

Zurückhaltung bei Pragmatikern

Nicht nur bei Ernst, auch bei anderen pragmatischen Linken stößt die Kandidatur auf Zurückhaltung. Der Ex-Linken-Vizechef zählt zum Umfeld der früheren Fraktionsvorsitzenden Sahra Wagenknecht, die in der Flüchtlingspolitik einen restriktiven Kurs vertritt, mithin das Gegenteil von Rackete.

Wagenknecht erwägt die Gründung einer eigenen Partei. Eine Kandidatur einer möglichen Wagenknecht-Partei bei der Europawahl wäre möglich, sofern sich diese Partei etwa bis Jahresende konstituiert.

Auch Teile der Linken-Anhängerschaft plädierten für eine restriktivere Flüchtlingspolitik. Rackete werde diese potenziellen Wähler verprellen, womöglich in die Hände der AfD treiben, heißt es in Parteikreisen hinter vorgehaltener Hand.

Rostocks Oberbürgermeisterin Eva-Maria Kröger wollte den Personalvorschlag auf Tagesspiegel-Anfrage „nicht kommentieren“. Kröger ist die einzige Linken-Politikerin, die eine Großstadt regiert.

Rackete war 2019 international bekannt geworden, als sie mit aus Seenot geretteten Flüchtlingen auf dem Schiff Sea Watch trotz eines Verbots der italienischen Behörden die Insel Lampedusa anlief.

Bei ihrer Vorstellung als Spitzenkandidatin im Juli hatte sie sich als eine Außenseiterin im parteipolitisch-parlamentarischen Betrieb präsentiert. Die wenigsten hätten wohl mit ihrer Kandidatur für das Europäische Parlament gerechnet, „ich auch nicht“. Sie wolle sich stark machen für Verteilungsgerechtigkeit, Menschenrechte, eine gesunde Umwelt und ein „stabiles Erdklima“.

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