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Kanzler Olaf Scholz und Ungarns Premierminister Viktor Orban.

© AFP/LUDOVIC MARIN

Update

Orban gibt Blockade auf: EU beschließt neue Ukraine-Hilfen über 50 Milliarden Euro

Brüssel hat am Donnerstagmorgen ein Hilfspaket für die Ukraine beschlossen. Der Durchbruch kam nach einem Treffen in kleiner Runde mit Ungarns Regierungschef Orban.

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Der ungarische Regierungschef Viktor Orban hat seine Blockade der EU-Pläne für neue Ukraine-Hilfen aufgegeben. Alle 27 Staats- und Regierungschefs hätten dem geplanten Unterstützungspaket im Umfang von 50 Milliarden Euro für die Zeit bis Ende 2027 zugestimmt, teilte EU-Ratspräsident Charles Michel am Donnerstag beim EU-Sondergipfel in Brüssel mit.

Als Gegenleistung für Orbans Zustimmung willigten die anderen EU-Staaten ein, einmal im Jahr auf Spitzenebene über die Umsetzung des Hilfsprogramms für die Ukraine zu sprechen. Zudem soll es in zwei Jahren die Möglichkeit einer Überarbeitung geben. Sie wird dem Kompromisstext zufolge aber nur genutzt, wenn alle 27 EU-Staaten dafür die Notwendigkeit sehen.

Die 50 Milliarden Euro für die Ukraine sollen neben dem Wiederaufbau unter anderem verwendet werden, um Beamtengehälter oder Renten auszahlen. Ungarns Regierungschef gilt als Vertrauter des russischen Präsidenten Wladimir Putin. Nach den Angaben aus EU-Diplomatenkreisen erhielt Orban für die Beendigung seiner Blockade keine Gegenleistungen von den übrigen 26 europäischen Partnern. Ungarn hat weiterhin keinen Zugriff auf EU-Gelder in Höhe von rund 20 Milliarden Euro. Die Mittel sind eingefroren, weil Ungarn unter anderem nicht genügend Fortschritte bei der Erreichung rechtsstaatlicher Standards macht.

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Die ukrainische Führung dankte der Europäischen Union. Wirtschaft und Finanzen der Ukraine würden langfristig stabilisiert, was genauso wichtig wie Rüstungshilfe oder Sanktionen gegen Russland sei. Das schrieb Präsident Wolodymyr Selenskyj am Donnerstag im Netzwerk X (früher Twitter). „Es ist wichtig, dass die Entscheidung von allen 27 EU-Führern getroffen wurde, was einmal mehr die starke Einigkeit der EU zeigt.“

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Der ukrainische Ministerpräsident Denys Schmyhal schrieb auf X: „Die EU-Mitgliedstaaten haben ein weiteres Mal ihre Solidarität und Einigkeit mit dem ukrainischen Volk im Widerstand gegen den Krieg unter Beweis gestellt.“ Die 50 Milliarden Euro bis Ende 2027 seien ein „gewichtiger Beitrag zu unserem gemeinsamen Sieg“.

Bundeskanzler Olaf Scholz hat sich zufrieden mit den Ergebnissen des EU-Sondergipfels in Brüssel gezeigt. Dass die 27 Mitgliedstaaten den Weg für neue Milliarden-Hilfen für die Ukraine freigemacht haben, sei eine gute Botschaft für die Europäische Union und eine gute Botschaft für die Ukraine, sagte er am Donnerstag in Brüssel. „Das war ein sehr erfolgreicher Gipfel.“

Über das Hilfspaket hätte eigentlich bereits bei einem regulären EU-Gipfel im vergangenen Dezember entschieden werden sollen. Damals legte Orban allerdings ein Veto ein und verhinderte eine Einigung.

Der Ungar hatte zuvor mehrfach die Sinnhaftigkeit der Pläne infrage gestellt und in diesem Zusammenhang auch darauf verwiesen, dass die EU aus seiner Sicht zu Unrecht für sein Land vorgesehene Gelder aus dem Gemeinschaftshaushalt eingefroren hat. Orban ist insbesondere überzeugt, dass der Krieg in der Ukraine so schnell wie möglich durch Verhandlungen beendet werden sollte.

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Die Grundlage für den nun gefundenen Kompromiss wurde kurz vor dem offiziellen Gipfelbeginn bei einem Gespräch zwischen Orban und einer kleinen Gruppe mit den mächtigsten Staats- und Regierungschefs geführt. Mit dabei waren unter anderem Bundeskanzler Olaf Scholz, Frankreichs Präsident Emmanuel Macron, Italiens Regierungschefin Giorgia Meloni sowie EU-Kommissionspräsidentin Ursula von der Leyen und Ratspräsident Charles Michel.

Druck auf Orban

Was in dieser Runde genau besprochen wurde, blieb zunächst unklar. Auf Orban war allerdings bereits vor dem Gipfel erheblicher Druck ausgeübt worden. So hatten EU-Beamte vor dem Gipfel eine Analyse erstellt, in der darauf hingewiesen wurde, dass im Fall eines Scheiterns des Gipfels wegen Orban andere Staats- und Regierungschefs einen Stopp sämtlicher EU-Zahlungen an Ungarn ins Gespräch bringen könnten. Dies könne dann wiederum zu sinkenden ausländischen Investitionen und zu einem weiteren Anstieg der Finanzierungskosten des Staatsdefizits und einem Währungsverfall führen, warnten sie.

Treffen in kleinem Kreis vor dem Gipfel.
Treffen in kleinem Kreis vor dem Gipfel.

© AFP/Ludovic Marin

Zudem wurde Orban mehr oder weniger offen mit dem Entzug von Ungarns Stimmrecht bei EU-Entscheidungen gedroht. Das dafür notwendige Verfahren wegen mutmaßlicher Rechtsstaatsdefizite läuft bereits seit Jahren. Es war allerdings bislang nicht engagiert vorangetrieben worden - unter anderem in der Hoffnung auf ein Einlenken Orbans in Streitfragen.

„Es hat sich wieder gezeigt, dass man Orban mit Härte und Entschlossenheit entgegentreten muss“, sagte der Vorsitzende des Europaausschusses im Bundestag, Anton Hofreiter (Grüne), dem Tagesspiegel. Die EU-Staats- und Regierungschefs hätten sich nicht erpressen lassen und bewiesen, dass sie handlungsfähig seien. „Es ist gut, dass die Ukraine jetzt endlich die Hilfen bekommt, die sie braucht, um durchzuhalten“, sagte er weiter.

Nach den Worten des Grünen-Politikers sei es „auch in unserem Interesse, dass die Ukraine sich gegen den russischen Angriff wehren und das Funktionieren ihres Staates aufrechterhalten kann“.

Vor dem Gipfel hatte Orban in einem Interview des französischen Magazins „Le Point“ gesagt, Ungarn sei bereit, Teil einer Lösung zu sein. Voraussetzung sei allerdings, dass man jedes Jahr neu darüber entscheide, ob man weiter Geld schicken wolle oder nicht. Andere Mitgliedstaaten wie Deutschland lehnten dies jedoch ab.

Ein Grund ist, dass sie der Ukraine langfristig Unterstützung zusichern wollen. Zudem geht es auch darum, Ungarn Erpressungsmöglichkeiten zu nehmen. So werfen EU-Diplomaten Orban vor, er versuche, mithilfe einer Veto-Politik die wegen Rechtsstaatsbedenken eingefrorenen EU-Gelder freizupressen. Orban weist dies zurück. (mit dpa)

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