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Katastrophenschutzübung in einer Berliner Notaufnahme.

© Kai-Uwe Heinrich TSP

„Notruf-Nummern müssen auch erreichbar sein“: Wie die Ärzte auf Lauterbachs Rettungsstellen-Plan reagieren

Zu viele Patienten kommen in der Notaufnahme, warten im Krankenhaus dann oft stundenlang. Gesundheitsminister Karl Lauterbach stellte nun einen Reformplan vor.

Volle Notaufnahmen, nach stundenlangem Warten frustrierte Patienten sowie gestresstes Rettungsstellenpersonal – nun sollen die Kliniken entlastet werden. Dazu würden die Patienten künftig besser verteilt, kündigte Bundesgesundheitsminister Karl Lauterbach (SPD) am Dienstag an. Im Gesundheitswesen wurden die Pläne mit vorsichtigem Wohlwollen aufgenommen.

Ziel ist es, die für die jeweiligen Fälle geeignete Versorgung zu finden: Damit etwa Patienten mit milden Beschwerden nicht wie bislang massenhaft die Notaufnahmen aufsuchen.

E-Rezepte und Krankschreibungen am Telefon

Dazu sollen die Notrufnummern 112, also der Rettungsdienst der Feuerwehr, und die 116117 der Kassenärztlichen Vereinigungen (KV), die für die Praxen zuständig ist, zusammengelegt werden. Zudem sollen Patienten öfter schon am Telefon in eine Praxis dirigiert werden. Außerdem soll Telemedizin helfen: Wenn ein Arzt telefonisch oder per Video einen Praxis- oder Klinikbesuch als unnötig einstuft, solle er auch so E-Rezept oder elektronische Krankschreibung ausstellen dürfen.

Es muss sichergestellt sein, dass diese Nummern stets erreichbar sind

Martin Pin, Präsident der Deutschen Gesellschaft interdisziplinäre Notfall- und Akutmedizin

Patienten würden künftig, so vorläufige Einschätzungen aus Krankenhäusern und Praxen, leichter durch das komplexe Gesundheitssystem geführt. Der Verband der Notfallmediziner sieht zumindest einen Fortschritt: „Wir begrüßen, dass die Patienten bereits über die Notrufnummern in die richtige Versorgung geleitet werden sollen, bevor sie in eine Klinik kommen. Allerdings muss sichergestellt sein, dass diese Nummern stets erreichbar sind“, sagte Martin Pin, der Präsident der Deutschen Gesellschaft interdisziplinäre Notfall- und Akutmedizin, dem Tagesspiegel. Peter Bobbert vom Vorstand der Bundesärztekammer sagte, eine effiziente Patientensteuerung sei nötig, der Lauterbach-Plan sinnvoll.

Pro 400.000 Einwohner ein „integriertes Notfallzentrum“

Immer wieder war die Hotline der KV-Bereitschaftsdienste in diversen Städten höchstens nach langem Warten erreichbar. Die Reform habe viel Potenzial, um Geld zu sparen und die Versorgung zu verbessern, sagte Lauterbach.

Die kostenintensiven Krankenhäuser sind gerade am Abend und an den Wochenenden mit Patienten überlaufen, die von niedergelassenen Medizinern versorgt werden könnten: Bis zu 30 Prozent der Fälle aus den Rettungsstellen könnten Lauterbach zufolge in Praxen behandelt werden.

Der Minister setzt auch darauf, niedergelassene Kassenärzte mit den Rettungsstellen zu verzahnen: „Integrierte Notfallzentren“ sollen die Einrichtungen heißen, in denen die Patienten nach einer Ersteinschätzung je nach Schweregrad verteilt würden. Pro 400.000 Einwohner solle es ein Zentrum geben, in dem sich an einem gemeinsamen Tresen klinisch-stationäre und ambulant tätiger Ärzte befinden. In einigen Städten war dieses Konzept der sogenannten Portalpraxen schon erprobt worden.

Die Reform soll bis zum Sommer durch alle Gremien gebracht werden und ab Anfang 2025 gelten. Die Kassenärzte betonten am Dienstag, dass sie wohl mehr Behandlungen durchführen werden müssen: „Für mehr Leistungen sind mehr Ressourcen erforderlich“, sagte der Berliner KV-Chef Burkhard Ruppert.

Jedes Jahr werden fast 18 Millionen Notfallpatienten bundesweit registriert, mehr als zehn Millionen versorgen die Kliniken, 7,5 Millionen die KV-Bereitschaftsdienste.

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