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Erst die Arme, dann die Füße auf den Spitzen hinterher, 50 Meter in 15,51 Sekunden.

© Getty Images/Alexander Hassenstein

Mit Hand und Fuß zu Special-Olympics-Gold: Kirk Wint beeindruckt das Publikum in Berlin

Der Jamaikaner Kirk Wint wurde zum „Lieblingsathleten aller Zeiten“ gewählt. Die 50 Meter im Spring legt er auf Händen und Füßen zurück. Damit gewann er in Berlin Gold.

Eine amerikanische Sport-Sendung hat den Jamaikaner Kirk Wint am Freitag zum „Lieblingsathleten aller Zeiten“ gewählt. Grund dafür: Sein Rennen zur Goldmedaille über 50 Meter bei den Weltspielen von Special Olympics in Berlin.

Kirk Wint lief den Sprint im Hanns-Braun-Stadion aber nicht aufgerichtet auf seinen Beinen, so wie seine Mitläufer: Wint startete in gebückter Position, beide Arme mit den orangenen Handschuhen ausgestreckt vor sich, die Füße hinten auf der Spitze. Dann ging es vorwärts, quasi wie ein Hase, erst die Arme, dann die Füße auf den Spitzen hinterher, die Knie knapp über dem Boden, 50 Meter weit, in 15,51 Sekunden.

Der 21-Jährige lernte aufgrund seiner körperlichen Behinderung früh, sich mit seinem Oberkörper fortzubewegen, da sich seine Familie keinen Rollstuhl für ihn leisten konnte. Bei seiner dritten Teilnahme an Weltspielen von Special Olympics überquerte Wint in Berlin nun am Freitag als Dritter die Ziellinie. Weil die beiden Erstplatzierten jedoch nachträglich disqualifiziert wurden – sie übertrafen die Leistung aus der Klassifizierung um mehr als 15 Prozent –, rückte Wint auf Platz eins vor.

Es kam zu etlichen Disqualifikationen

Zu ähnlichen Disqualifizierungen kam es während der Wettbewerbe bei den Weltspielen zuhauf. Im Prinzip sollen faire Wettkämpfe gewährleistet werden, indem die Athlet*innen bei den Klassifizierungen im Vorfeld in Leistungsgruppen eingeteilt werden. So garantiere man, dass nur Athlet*innen mit ähnlichen Fähigkeiten und Stärken gegeneinander antreten.

Erst die Arme, dann die Füße auf den Spitzen hinterher, 50 Meter in 15,51 Sekunden.

© Getty Images/Alexander Hassenstein

In sechs Sportarten, unter anderem in der Leichtathletik, wurde das System aber nun erweitert. Jetzt teilen die Trainer*innen noch vor den Klassifizierungsrunden ihre Athlet*innen in Gruppen ein. Sie müssen also einschätzen, welche Leistung ihre Sportler*innen bei der Klassifizierung zeigen werden.

Letztlich bleibt natürlich das Risiko bestehen, die Medaillenchancen zu erhöhen, indem ein Trainer oder eine Trainerin die wirkliche Leistungsfähigkeit von seinen Athlet*innen geringer einschätzt als ihr wirkliches Potenzial am Wettkampftag. Kommt es zu einer Verbesserung von mehr als 15 Prozent im Vergleich zu dem vom Trainer oder von der Trainerin angegebenen Bestzeit des Sportlers oder der Sportlerin, folgt die Disqualifikation. So geschehen bei den zwei Athleten, die vor Wint ins Ziel kamen.

Auch der 15 Jahre alten deutschen Leichtathletin Leonie Spehr ist dies widerfahren. Sie wurde schon am Montag vor dem Finale ihres 800-Meter-Laufs disqualifiziert. Sie hatte ihre Bestzeit von 4:20 Minuten um fast eine Minute unterboten – und verbesserte sich dadurch um etwa 21 Prozent im Vergleich zu der angegebenen Leistung, schreibt die „Süddeutsche Zeitung“.

Die Bundestrainerin Franziska Weidner erklärte dem ZDF, dass ihre „enorme Steigerung“ einfach nicht vorhersehbar gewesen sei: „Sie wurde von der Stimmung mitgerissen und ist dadurch enorm schnell gelaufen“.

Im 50-Meter-Sprint der Männer profitierte Wint von der 15-Prozent-Regelung. Sein Kommentar nach dem Rennen: „Ja man, ich fühle mich gut“, schreibt der „Jamaican Observer“. Lori Scott-Moore, Leichtathletik-Assistenztrainerin von Jamaica, sagte der Zeitung, dass die Goldmedaille sehr besonders sei: „Zu sehen, wie er für diese Medaille gearbeitet und sie endlich bekommen hat, macht mich sehr emotional“.

Wint wird neben der Goldmedaille und einer neuen Brille (seine alte war im Vorlauf kaputtgegangen) auch mit einem neuen Rollstuhl zurück nach Jamaika reisen, seinen ersten eigenen. Die jamaikanische Delegation war im „Host Towns“-Programm vor Beginn der Spiele in Heidelberg untergebracht.

Dort schaffte es Tamina Kaiser, die in einer Organisation arbeitet, die Menschen mit Lernbeeinträchtigungen hilft, einen Restaurantbesitzer von ihrer Idee zu überzeugen. Er finanzierte den Rollstuhl und spendete zugleich über tausend Euro an Team Jamaika.

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