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Viele israelische Familien mussten sich vor Raketenbeschuss in Sicherheit bringen.

© dpa/Tsafrir Abayov

Wer hat Schuld am Krieg?: Nicht Israel – es kämpft um Demokratie und Freiheit

Die Juden waren auf dem Weg der Annäherung zu ihren arabischen Nachbarn. Die Hamas aber hat sich im Terror eingerichtet. Der aktuelle Konflikt geht allein auf ihre Taten zurück.

Eine Kolumne von Stephan-Andreas Casdorff

Es gibt so viele entsetzliche Nachrichten vom Krieg in Nahost. Und so viele erschreckende Kommentare, besonders zu Israel. Soll man die hinnehmen, übergehen, schweigen?

Nun, ich nicht. Die Lage ist in Israel so, wie sie noch nie war. Juden fühlen sich an die Shoah erinnert, fürchten einen großen Krieg in Nahost. Einen, den Israel dann auch noch gewinnen muss; denn sonst gibt es dieses Land nicht mehr. Es gibt das Kernland, kein Hinterland. Das ist existenziell, und die ganze Situation wirkt inzwischen apokalyptisch.

Da verstehe ich jeden, auch unter den Experten, der oder die eine mittelnde Position einnimmt, einnehmen will. Aber es weht mich trotzdem ein ungutes Gefühl an. Ich will es mal so sagen: Aus einer bestimmten Haltung heraus entwickelt sich die Position. Die des „Ja, aber“ teile ich nicht.

In diesem Fall verbietet sich – für mich – jeder Versuch der Relativierung. Was in Nahost mit Israel geschieht, ist nicht auf eine rechtsextreme Regierung Netanjahu zurückzuführen; alles, was in diese Richtung weist, muss sich des Verdachts erwehren, gemeint sei: Ein bisschen, mindestens, sind die Juden doch selbst schuld. Nein.

Wie war das noch? In Beirut haben sich Hisbollah, Hamas, Islamischer Dschihad und Volksfront getroffen, um gemeinsame Terroraktionen gegen Israel zu verabreden. Öffentlich kundgetan. Der Libanon hat nichts unternommen.

Israel droht nicht nur ein langer Konflikt, sondern sogar ein Fünf-Fronten-Krieg. Der Beschuss aus Syrien durch iranische Milizen hat einen Hinweis darauf gegeben. Und dass der greise PLO-Chef Mahmud Abbas palästinensische Terrorgruppen im Westjordanland im Griff hat, ist zu bezweifeln.

Alles schaut jetzt auf die Hisbollah. Hinter der steht auch wieder der Iran, hinter dem Iran stehen die Mullahs. Und immer noch wollen sie alle den Staat der Juden auslöschen. Seit Jahrzehnten. Ob Netanjahu oder Herzog oder Peres oder Livni oder … regiert, links oder rechts. Und jede:r von ihnen, demokratisch gewählt, steht immer noch für mehr Demokratie als alle anderen in Nahost.

Sogar die Kundgebungen in Israel gegen die Regierung – seit Monaten (!) – zeugen davon. Das stelle man sich in Deutschland vor, in dieser Massivität, und dann vor Bellevue und Kanzleramt. Würde unsere Gesellschaft, unsere Politik das aushalten, hinnehmen?

Nein, die Juden sind nicht schuld. Nein, die Juden rechtfertigen durch ihr Verhalten nicht, sie von der Landkarte tilgen zu wollen. Nein, die Juden bieten vielmehr umgekehrt Freundschaft und, ja, Prosperität an. Die Abraham-Abkommen mit etlichen arabischen Staaten sind ein Ausweis davon. Und auch die Saudis hatten das verstanden. Noch ist die Hoffnung da nicht verloren.

In Nahost wird gegenwärtig ein Krieg auch um Demokratie und Freiheit geführt. Zu der zählt, dass die Israelis sich eine Regierung wählen können, die uns, mir, nicht gefällt. Die Dimension des Geschehens bestimmt die Hierarchie der Argumente. Und es gibt da eine. Meine unterscheidet sich wesentlich von der, die relativiert.

Netanjahu warb auch schon mal um Entgegenkommen

Langzeitpremier Benjamin Netanjahu erklärte bei einer vormaligen Amtsübernahme demonstrativ ein Siedlungsmoratorium, ein mehrmonatiges, als Zeichen des guten Willen. Er warb um Entgegenkommen, um Anerkennung Israels. Dann könne es „morgen“, sofort, Verhandlungen geben und eine Lösung.

Den guten Willen haben die palästinensischen Autoritäten nicht gezeigt.

Es sind die Hamas und ihre Waffenbrüder, die keine Zweistaatenlösung wollen. Es ist auch die Fatah, die die Juden ins Meer treiben will. Es sind sie alle zusammen, die Israel vernichten wollen. Unverändert. Seit Jahrzehnten.

Man kann sich auch im Terror einrichten

Es ist Israel, das jahrelang Tag für Tag Konvoi um Konvoi in den Gazastreifen geschickt hat. Das die Strom- und Wasserversorgung aufrechterhalten hat. Das in der Not medizinische Hilfe bereithielt, ja brachte.

Die Hamas braucht genau dieses „Ja, aber“ für ihr Narrativ: um ihre Kämpfer – Terroristen – zu „beseelen“ für den Endkampf, die Endlösung. Was wäre, wenn die Palästinenser das Existenzrecht Israels anerkennen würden? Wenn sie erklärten, Israel nicht mehr vernichten zu wollen?

Das wäre eine Grundlage, wäre Fundament für Freiheit und – Demokratie. Und würde Israel, jede Regierung dort, unter so nie dagewesenen Druck setzen.

Aber das will keiner in der Hamas. Und warum nicht? Darum: Warum Politik, wenn es um Hass geht. Man kann sich auch im Terror einrichten.

Und sei es, dass mit dem Geld von vielen Seiten, das in Gaza ankommt, Tunnel statt Häusern gebaut werden, nicht wahr?

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