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Die Zahlen der Asylbewerber in Deutschland steigen wieder.

© dpa/Uli Deck

Steigende Flüchtlingszahlen: Wie kann den Kommunen geholfen werden?

Die große Zahl der in Deutschland neu ankommenden Flüchtlinge stellt Städte und Kommunen vor große Schwierigkeiten. Sie brauchen mehr Hilfe. Das meinen drei Expert:innen dazu.

Die Kommunen in Deutschland müssen weiterhin sehr viele Flüchtlinge unterbringen. Im ersten Quartal 2023 stellten nach Angaben des Bundesamtes für Migration und Flüchtlinge 8. 978 Menschen erstmalig in Deutschland einen Asylantrag, hinzu kommen Fliehende aus der Ukraine. Welche Hilfe benötigen die Städte und Kommunen, um diese Menschen unterzubringen? Alle Folgen von 3 auf 1 finden Sie hier.


Wegkommen von der Krisenerzählung

Es ist nachvollziehbar, dass viele Kommunen Unterstützung bei der Unterbringung von Geflüchteten benötigen. Jedoch müssen wir weg von Krisenerzählungen kommen, die seit 2015 virulent sind. Der Umgang mit Flucht bleibt eine Daueraufgabe. Der Fokus sollte darauf liegen, diese Realität anzuerkennen und dauerhafte, anpassungsfähige Aufnahmestrukturen zu schaffen.

Auch zur Haltung der Bevölkerung passt die Krisenerzählung nicht. Unsere Forschung zeigt, dass die Bereitschaft, Geflüchtete aufzunehmen, durchgehend groß ist. Deutschland täte gut daran, Unterstützungspotenziale in der Bevölkerung besser auszuschöpfen und staatliche und zivilgesellschaftliche Hilfsangebote aktiv miteinander zu verzahnen. Dazu gehören alternative, private und hybride Unterbringungsformen sowie Informations- und Vernetzungsformate für Geflüchtete, Engagierte und kommunale Entscheider*innen. Auch mehr Freizügigkeit, etwa durch die freie Wahl des Wohnortes, und Zugang zu privaten Netzwerken ist integrationsfördernd. Damit könnte man nicht nur die Engagierten und Geflüchteten, sondern auch die Kommunen entlasten.


Städten und Kommunen muss strukturell geholfen werden

Die Kommunen, also Städte, Gemeinden und Kreise, sind die eigentlichen Lasttiere des Staates: Sie nehmen alle Angelegenheiten der örtlichen Gemeinschaft wahr und erledigen einen Großteil der überörtlichen, staatlichen Aufgaben. Diesen Verwaltungskompetenzen folgt die Ausgabenlast nach. Doch die Einnahmenseite ist davon unabhängig geregelt und deshalb – gerade in besonderen Lagen – nicht zwingend auf- bzw. ausgabengerecht gefasst: Die Verteilung des Steueraufkommens vollzieht sich nämlich grundsätzlich (nur) zwischen Bund und Ländern. Es liegt dann in der Verantwortung der Länder für eine auskömmliche Finanzausstattung der Städte, Gemeinden und Kreise als Teil ihrer Landesstaatlichkeit zu sorgen.

Können oder wollen die Länder das nicht tun, helfen Finanzhilfen des Bundes an die Kommunen zwar tatsächlich, sind aber nicht der von Verfassung wegen vorgesehene Weg. Da steigende Zahlen von Flüchtlingen und Asylbewerbern seit Jahren zu einer Dauerherausforderung für die kommunalen Verwaltungsträger geworden sind, muss der daraus erwachsenden Unterfinanzierung von Städten, Gemeinden und Kreisen strukturell und nicht nur symptombezogen abgeholfen werden. Dafür bedarf es einer aufgabenadäquaten Neuordnung der Finanzbeziehungen von Bund, Ländern und Kommunen.


Die Kommunen dürfen nicht allein gelassen werden

Seit Monaten schlagen etliche Kommunen zurecht Alarm: Für die Unterbringung und Verpflegung der Flüchtlinge sind die meisten von ihnen auf frische Ressourcen aus Bund und Ländern angewiesen. Doch es geht nicht nur um eine angemessene Erstversorgung, sondern auch um längerfristige Integration – den Zugang zu Wohnraum, zu Gesundheit, zu Sprachkursen, Kita, Schule und Arbeitsmarkt.

Viele Kommunen bringen das dafür nötige Innovations- und Integrationspotential mit. Aber sie brauchen flexible, zuverlässige Finanzierungszusagen und eine ausreichend große Personalausstattung. Um ihr Potenzial weiter zu fördern, dürfen sie jetzt nicht allein gelassen werden. Bund, Länder, Städte und Gemeinden könnten sogar prüfen, inwieweit verlässliche Integrationsarbeit dadurch gewährleistet werden kann, dass man sie zu einer kommunalen Pflichtaufgabe macht. Das würde ihre Ressourcen nachhaltig absichern.

Denn das Engagement von Städten und Gemeinden kommt allen zugute: Lokale Integrationsarbeit schafft gesellschaftlichen Zusammenhalt und unterstützt den Aufbau einer krisenresistenten, vielfältigen Bevölkerung.

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