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Auf Instagram fordert „Monitor“ einen neuen Umgang mit der Klima-Sprache.

© WDR/Promo

Nazi-Tweet, Penny-Panne, Klima-Lexikon: Die Öffentlich-Rechtlichen füllen das Sommerloch mit Grabenkämpfen

ARD und ZDF bieten derzeit genügend Anlässe für Kritik. Der Graben zwischen den Befürwortern und Gegnern des öffentlich-rechtlichen Rundfunks wird so noch breiter.

Ein Kommentar von Kurt Sagatz

Die Sommermonate stehen im Pauschalverdacht, dass im Journalismus aus Mücken Elefanten gemacht werden. Vor einem Jahr wurden im Rundfunk Berlin-Brandenburg über Wochen immer neue Missstände aufgedeckt. Die unternehmerischen Fehlentscheidungen unter anderem bei den Planungen eines Digitalen Medienhauses waren dabei noch das kleinere Übel, obwohl sie dem Sender teuer zu stehen kommen.

Für das Ansehen des gesamten öffentlich-rechtlichen Rundfunks viel schädlicher war die Abgehobenheit, mit der sich eine ARD-Intendantin offenbar über alle Compliance-Regeln hinwegsetzte. Was bei den Recherchen zum RBB zutage trat, war alles andere als Füllmaterial für ein Sommerloch.

Auch in diesem Sommer gelingt es dem öffentlich-rechtlichen Rundfunk wieder, die Gemüter zu erhitzen. Ende Juli überspitzte Jan Böhmermann eine Äußerung von Friedrich Merz, der die Union als „Alternative für Deutschland mit Substanz“ genannt hat. Bei Böhmermann wurden daraus „Nazis mit Substanz“. Der Sender distanzierte sich deutlich von seinem „ZDF Magazin Royale“-Moderator. Der Tweet sei eine rein private Äußerung gewesen.

In der vergangenen Woche dann das Missgeschick beim ARD-aktuell-Bericht über die „Wahren Kosten“ beim Discounter Penny. Selbst wenn das Interview mit einer WDR-Mitarbeiterin – wie vom Sender beteuert – eine Panne war, brachte der immerhin zwei Minuten lange Bericht viele Zuschauer gegen sich auf.

In einer Zeit, in der sich jeder fünfte Bundesbürger keinen Urlaub mehr leisten kann (siehe „Tagesschau“) und in jedem zehnten Haushalt nicht einmal an jedem zweiten Tag Fleisch, Fisch oder vergleichbare vegetarische Alternativen auf den Tisch kommen (laut „ZDF“), ist es mehr als instinktlos, ausnahmslos solche Stimmen zu zitieren, die höhere Preise begrüßen, weil diese auch die Umweltkosten widerspiegeln.

Am Wochenende fühlte sich die Redaktion des WDR-Magazins „Monitor“ berufen, ein kleines „Lexikon“ mit Vorschlägen für eine nicht verharmlosende Klima-Sprache auf Instagram zu posten. Weil die Veränderung des Klimas „heftig, gefährlich und menschengemacht“ sei, sollte besser von Klimakrise statt Klimawandel gesprochen werden. Klimaskeptiker werden in diesem Lexikon zu Klimaleugnern, die Erderwärmung zur Erderhitzung und die Kernenergie zur Atomenergie.

Magazine wie „Monitor“ haben bei der Aufdeckung von Politskandale großartige Arbeit geleistet. Journalisten sollten zudem die Dinge grundsätzlich beim Namen nennen und sich kein X für ein U vormachen lassen. Die Auseinandersetzung mit Kampfbegriffen wie „Genderwahn“, „Sozialtourismus“ oder „Schuldkult“ ist aller Ehren wert.

Doch wenn es schon ein Lexikon sein muss, dann bitte mit mehr als vier Begriffen. Am besten mit den anderen ARD-Politmagazinen und den Kollegen von ARD aktuell abgestimmt. Die „Monitor“-Aktion hinterlässt jedoch eher den Eindruck, hier sollte ein Social-Media-Kanal befeuert werden. Schlimmer noch als die Verwendung falscher Klima-Vokabeln ist dabei, dass damit der Graben zwischen den Befürwortern und Gegnern des öffentlich-rechtlichen Rundfunks noch breiter geworden ist.

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