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Mehr Betroffene als viele denken: Armut in Deutschland.

© imago/IPON / IMAGO/Stefan Boness/Ipon

Millionen in Deutschland sind betroffen: Wer will jetzt schon über Armut reden?

Soziale Politik ist - gute Sozialpolitik. Und nach der Krise ist vor der Krise. In der muss prekären Haushalten besser geholfen werden, damit die Gesellschaft als Ganzes krisenfester wird.

Eine Kolumne von Stephan-Andreas Casdorff

Armut gibt es bei uns nicht? Gibt es doch! Und zwar von jung bis alt.

Armut zeigt sich zum Beispiel daran, dass für viele das Geld nicht ausreicht, nach Standards der Deutschen Gesellschaft für Ernährung gesund zu essen. Das Bürgergeld und die Erhöhung der Regelsätze zum 1. Januar 2023 hat das nicht geändert.

50 Euro zusätzlich gleichen höhere Preise durch Inflation für die Ärmsten nur zum Teil aus, 100 Euro müssten es sein. Und das ist nur ein Ausschnitt dessen, was sich ändern muss.

In der „Nationalen Armutskonferenz“ arbeiten viele Institutionen zusammen. Schuldnerberater, Wohnungslosenhilfe, Seniorenberater, die Bahnhofsmission, die Tafeln … Und noch viele mehr, denn insgesamt sind - nach Zahlen von 2021 - rund 13 Millionen Menschen von Armut bedroht, das sind fast 16 Prozent der Bevölkerung.

Wie man den Begriff der Armut in einer Wohlstandsgesellschaft definiert, wird immer wieder diskutiert, vor allem auch angesichts Millionen hungernder Menschen auf der Welt. Laut Europäischer Kommission ist die Armutsgrenze nicht auf das „absolute Minimum zum physischen Überleben reduziert“. Danach geht es vielmehr um den Abstand zum mittleren Lebensstandard und darum, dass man von der materiellen, kulturellen und sozialen Lebensweise ausgeschlossen ist, die im jeweiligen Land als Minimum annehmbar ist.

Als arm gilt eine alleinstehende Person laut „statista“ bei einem Nettoeinkommen von 781 Euro. Und 2021 hatten 4,9 Millionen Rentner:innen ein monatliches Netto unter 1000 Euro.

Die Pandemie und der Umgang der Politik damit hätten die Armut noch vergrößert, schreibt der Paritätische Wohlfahrtsverband in seinem Armutsbericht. Die Hilfspakete der Regierung waren vor allem auf Beschäftigte und Selbstständige ausgerichtet. Für die, die bereits in Armut lebten oder Hartz IV bezögen, habe es wenig Hilfe gegeben.

Für die Zukunft heißt das: Wohngeld, Altersgrundsicherung, aber auch das Bafög - alles muss im Blick sein. Eine gleichsam konzertierte Aktion der Sozialpolitik, um „dauerhaft die ökonomische Situation der prekären Haushalte zu stärken“. Damit die Gesellschaft als Ganzes krisenfester wird.

Denn Armut - die gibt es doch.

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