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Noch am Freitag hat Christine Lambrecht berichtet, dass sie und die Truppe auch in der Zukunft am Pannen-Panzer Puma festhalten wollen – nun findet diese politisch ohne sie statt.

© AFP/Kenzo Tribouillard

Lambrecht vor Rücktritt: Sie verteidigt sich nicht mehr

Vom unglücklichen Start ins Amt hat sie sich nie erholt, als es besser lief, kam das Silvestervideo. Dass Christine Lambrecht nun als Verteidigungsministerin gehen will, verdient Respekt.

Ein Kommentar von Christopher Ziedler

Von sich aus hätte Kanzler Olaf Scholz seine SPD-Parteifreundin Christine Lambrecht nicht fallen lassen. Dass sie eine „erstklassige Verteidigungsministerin“ abgibt, dürfte er zwar selbst kaum geglaubt haben.

Anfangs zumindest war Scholz aber fest davon überzeugt, Lambrecht bekäme mit der Erfahrung einer Justizministerin das Verteidigungsressort auch ohne fachliche Vorkenntnisse in den Griff. Geschätzt hat er ihre Loyalität und ihr Stehvermögen bei Gegenwind.

Inzwischen aber ist ein Sturm daraus geworden, der sie politisch nun doch in die Knie gezwungen hat. Für viele Pannen und Unzulänglichkeiten bei der Bundeswehr kann sie nichts, sie arbeitete auch an ihrer Behebung – wenn auch ohne den nötigen Feuereifer.

In Kombination mit einer Reihe unglücklicher Auftritte, deren negativer Höhepunkt ein skurriles Silvestervideo war, verfestigte sich jedoch mehr und mehr das Bild einer inkompetenten Ministerin. Deutliche Umfragemehrheiten forderten ihren Rückzug.

Nie einen Draht zur Truppe gefunden

Dieser Eigendynamik der Ereignisse konnte sich Christine Lambrecht nun ganz offensichtlich nicht mehr entziehen. Sie hat aber auch wenig dafür getan, ihren fest gefügten öffentlichen Ruf zu verändern.

Die Ministerin galt als unnahbar, bot auch Journalisten wenig Gelegenheit zum Gespräch und somit auch zu wenig Stoff, um eine neue Lambrecht-Geschichte zu erzählen.

Ohne einen gewissen Rückhalt in der Bundeswehr oder gar gegen sie lässt sich aber nicht regieren. Das hat Lambrecht nun eingesehen.

Christopher Ziedler

Wohl wiesen Parteifreunde immer wieder darauf hin, dass in ihrer Amtszeit mehr für die Bundeswehr erreicht wurde als in den Vorjahren. Dies aber war weniger der Ministerin als den kriegerischen Umständen in Europa und Kanzleramts-Entscheidungen wie dem Sondervermögen zu verdanken.

Einen Draht zur Truppe hat Lambrecht nie wirklich gefunden. Aus den Stäben wurde hinter vorgehaltener Hand das Bild einer beratungsresistenten Ressortchefin gezeichnet, die am liebsten enge Mitarbeiter aus der eigenen Partei um sich scharte. Ohne einen gewissen Rückhalt in der Bundeswehr oder gar gegen sie lässt sich aber nicht regieren. Das hat Lambrecht nun eingesehen. Dafür gebührt ihr Respekt.

Christine Lambrecht bei der Bundeswehr in Niger

© dpa/Kay Nietfeld

Es ist riskant, in einer solch dramatischen Sicherheitslage die Inhaberin der Befehls- und Kommandogewalt auszutauschen. Der oder die Neue wird keinerlei Schonfrist bekommen.

Während die Nato-Ostflanke gesichert und Material an die Ukraine abgegeben werden muss, gilt es parallel, die richtigen Reformen für die Bundeswehr zu identifizieren. „Wenigstens war sie jetzt in die Themen eingearbeitet“, hielten Lambrecht Generäle und Offiziere zuletzt noch zugute.

Scholz muss also auf Erfahrung setzen. Wenn er sich nun über die Nachfolge Gedanken macht, werden darin sicher auch die Wehrbeauftragte Eva Högl, die Verteidigungsstaatssekretärin Siemtje Möller oder Parteichef Lars Klingbeil vorkommen, in dessen Wahlkreis der große Truppenübungsplatz Munster liegt. Eine erneute personalpolitische Fehlentscheidung darf sich Scholz nicht leisten.

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