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Das Denkmal für die in der NS-Zeit verfolgten Homosexuellen im Berliner Tiergarten. Die Verfolgung ging in der Bundesrepublik weiter.

© Kai-Uwe Heinrich TSP

Gedenken an queere NS-Opfer: Nie wieder darf Menschen abgesprochen werden, nach der eigenen Identität zu leben

Schwul, lesbisch, bi, trans – Menschen sind divers. Die Nazis wollten das nicht. Die Gesellschaft heute muss täglich dafür eintreten. Der Gedenktag erinnert auch daran.

Ein Kommentar von Stephan-Andreas Casdorff

Was für ein Tag – was für ein Einschnitt. Wenn er recht verstanden wird. Denn das hat die Gesellschaft so noch nicht gehört, und es wurde Zeit, das bei einem Holocaust-Gedenken auszusprechen: Dass das „Gift des NS-Menschen- und Familienbildes“ viel zu lange fortgewirkt hat.

Für schwule Männer, lesbische Frauen, bisexuelle, trans und inter Personen war das „Dritte Reich“ nach seinem Ende beileibe nicht zu Ende. Ein Skandal, eigentlich, auch schon damals.

Heute wissen wir es besser. Handeln wir danach! Das Tun zeigt das Wollen.

Man(n) stelle sich vor: Im Jahr 1964 noch wurde ein 17-Jähriger nach Paragraf 175 des Strafgesetzbuches wegen der Liebe zu einem anderen Mann schuldig gesprochen. Und galt bis vor fünf Jahren als vorbestraft! Wegen eines Paragrafen, der 1935 von Nazis verschärft worden war. So erging es Klaus Schirdewahn, der darüber im Bundestag sprach. Es endlich vor den Volksvertretern aussprechen konnte.

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Gerade auch vor diesem düsteren Hintergrund ist es wichtig, ein, zwei, viele Schlaglichter auf die Geschichte, die Geschichten aller Verfolgten zu werfen. Um zu versöhnen und allen Betroffenen so viel wie möglich von der Würde zurückzugeben, die ihnen genommen worden ist. Und zwar über Jahre und Jahre hinweg..

Von nun an sollte darum auch an alle, wohlgemerkt, Opfergruppen aus der Zeit des Nationalsozialismus erinnert werden. „Wertvoll“ – um die furchtbare Kategorie dieser Jahre der Entmenschlichung aufzunehmen –, sind sie doch alle. Das hervorzuheben, nur das ist von dauerhaftem Wert.

Gefühle, Lebensweise, Identität, Wesen – auch dafür gilt ein „nie wieder“. Nie wieder darf es irgendeiner, irgendeinem abgesprochen werden, danach zu leben.

Diversität ist ja nicht allein das Gebot der Stunde oder von Denkstunden. Sie zu leben, ihr durch tägliches Tun den Weg quer durch die Gesellschaft zu bahnen, wird vielmehr stärker und stärker zum Ausweis einer aufgeklärten Bürgergesellschaft.

Und ein Akt praktischer Vernunft obendrein. Weil es sich doch rasant in diese Richtung entwickelt, je mehr die Menschen überall voneinander wissen. Übersetzt heißt das: Globalisierung ist erfolgreich ohne Diversität nicht zu denken.

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