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Der Pianist Igor Levit spielt sein täglich per Twitter live gestreamtes Hauskonzert während der Corona-Krise einmalig im großen Saal von Schloss Bellevue.

© Jesco Denzel/Bundespresseamt/dpa

Zeit zu hören: Wie wär's mit dem Beethoven-Podcast von Igor Levit?

Jede Woche erklärt der Pianist Igor Levit mit dem Sony-Producer Anselm Cybinski auf BR-Klassik eine Beethoven-Sonate. Diese Woche: die Mondscheinsonate.

Gebundene Triolen, schleppende Punktierte, langsam, schreitend: Der erste Satz der Mondscheinsonate kommt einem Trauermarsch gleich. Der in den Abgrund steigende Lamento-Bass findet sich dann in allen drei Sätzen von Beethovens cismoll-Klaviersonate op. 27 Nr. 2. Igor Levit stellt sich dazu die Szene aus dem ersten Akt von Mozarts „Don Giovanni“ vor, in der Giovanni, Leporello und der sterbende Kontur jeder für sich ihrer Bangigkeit Ausdruck verleihen.

Da finden sich nämlich die gleichen Triolen, in den zweiten Geigen. Beethoven, dessen 250. Geburtstag dieses Jahr gefeiert wird, hat sich Notizen davon gemacht.

Hören lernen: Der BR-Klassik-Podcast zu den 32 Beethoven-Sonaten ist eine großartige Musikschule. Levit, der mit seinen täglichen Twitter-Hauskonzerten gerade ins Schloss Bellevue eingeladen wurde, nimmt Themen und Sätze auseinander, gemeinsam mit seinem Freund, dem Musiker und Sony-Produzenten Anselm Cybinski. Im Radio werden die 30-minütigen Folgen jeden Dienstag gesendet (19.05 Uhr, anschließend die komplette Sonate).

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Diese Woche ist Folge Nr. 14 dran: Levit erläutert, wie die Triolen der Mondscheinsonate keine Melodie bilden, sondern einen Raum öffnen, der sich immer mehr weitet, wenn sie in die rechte Hand und in die Höhe wandern. Und wie, sehr einsam, der Mensch den Raum betritt.

Die beiden verplaudern sich auch mal, über Werktreue, über andere Klassikschlager. Umso besser kann man sich anschließend wieder aufs Detail konzentrieren. Ausführlich wird die Pedalfrage erörtert: Wie viele Schlieren verträgt das Adagio sostenuto? Was bedeutet es, dass Beethoven die Triolen erst ab dem zweiten Takt mit einem Legato-Bogen verbindet und im Takt 3 sogar vier Triolen überspannt?

Wie realisiert man diese „Gebundenheiten“ auf einem modernen Klavier – die Klaviere zu Beethovens Zeit produzierten weniger Nachhall? Es lohnt sich übrigens, dabei auch die Noten zu lesen, sie finden sich problemlos im Internet.

Man kann Levit und Cybinski für den Podcast auch Fragen mailen

Im rasanten dritten Satz mutieren die Triolen schließlich zu Sechzehnteln, auch das führt Levit aus: Wie Beethoven zum Klavierzertrümmerer wird, während er sich streng an die Sonatenhauptsatzform hält – ein irres Paradox.

Man kann den beiden auch Fragen stellen (Mail an 32xbeethoven@br.de). In Folge Nummer 13 über op 27. Nr. 1, die „Sonata quasi una fantasia“, gehen sie auf die Frage einer Hörerin nach der Verbindung zwischen langsamen und schnellen Sätzen einer Sonate ein. Levit nimmt dafür das Anfangsthema auseinander, zeigt, wie sich aus einer in der Oktave eingebetteten Terz das gesamte Werk aufbaut. Sie taucht in allen vier Sätzen wieder auf, liegt im Kopfsatz sogar der Attacca-Ohrfeige der C-Dur-Improvisation zugrunde. Ein Schock, der sich bereits in einer leisen Zweifel-Passage angedeutet hatte.

Am Schluss von "Quasi una Fantasia" werden die Terzen von den Ketten gelassen

Igor Levit spielt vor, wie Beethoven das Klavier durch synkopische Verschiebungen zum Vibrieren bringt, er stellt Vergleiche mit Bach oder Schumann an, skizziert Alternativen – so könnte es auch weitergehen. Und er freut sich über den Buffo-Schluss der „Fantasia“-Sonate, wenn Beethoven die Terzen endgültig von den Ketten lässt. Um sich im nächsten Werk in die Finsternis der Mondscheinsonate zu begeben.

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