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Rund 2000 Mitarbeiter zählt die Stiftung Preußischer Kulturbesitz. Zum Jahresempfang standen Direktoren und Kuratoren auf der Bühne.

© Birgit Rieger

Vom „Tanker“ zum „Schnellboot“: Die Pläne der Stiftung Preußischer Kulturbesitz für 2024

Keine Generalintendanz mehr, ein neues Organisationsmodell, mehr Autonomie für die einzelnen Häuser: Beim traditionellen Jahresempfang gibt die SPK Einblicke in ihren Reformprozess.

Es ist nicht ganz klar, warum es zur Verspätung kommt, aber schon zu Beginn hinkt die Veranstaltung im straffen Zeitplan hinterher. 19 Themen und 23 Gesprächspartner sind angekündigt. Außerdem ein kurzer Gruß von Kulturstaatsministerin Claudia Roth. Die Stiftung Preußischer Kulturbesitz (SPK) hat am Dienstagabend zu ihrem traditionellen Jahresempfang geladen. Im Auditorium der James-Simon-Galerie will die Stiftung 90 Minuten lang einen Ausblick auf ihre Aktivitäten 2024 geben.

Referiert werden nicht – wie früher – Ergebnisse und Besucherzahlen, eher geht es um Erlebnisse in den rund zwei Dutzend Museen und Archiven der SPK. Vom Ibero-Amerikanischen Institut über die Nationalgalerie bis zum Ethnologischen Museum steigen Direktorinnen und Kuratoren auf die Bühne. Künstler sind eingeladen.

Die in Berlin lebende Britin Marianna Simnett, die anlässlich der in Deutschland stattfindenden Fußball-Europameisterschaft im Mai eine zum Thema passende Filminstallation im Hamburger Bahnhof zeigt, der Modedesigner Dawid Tomaszewski, der dem Kunstgewerbemuseum einen Teil seiner Produktion schenkt. Von ihm sind drei farbenfrohe Couture-Kleider drapiert, die dem Abend etwas Glanz verleihen.

Die Reform nimmt Fahrt auf

Zur Begrüßung spricht Stiftungspräsident Hermann Parzinger so schnell, man kann kaum folgen. Die Stiftung befindet sich mitten im Reformprozess. Seit Anfang des Jahres ist die Generalintendanz weg: die erste, auch nach außen sichtbare Maßnahme einer Verschlankung. Der Interims-Stiftungsvorstand hat ein neues Organisationsmodell beschlossen, das bis Ende 2024 umgesetzt sein soll. Von „Museumsteams“ und „Serviceeinheiten“ ist die Rede. Das Ziel ist mehr Autonomie für die einzelnen Häuser, eigene Budgets, die es bisher nicht gab, Hoheit über die Personalentscheidungen, soweit es eben geht.

Der Jahresempfang der SPK fand in der James-Simon-Galerie statt.

© imago/Stefan Ziese

Vom schwerfälligen „Tanker“ will man zum „Schnellboot“ werden. „Die Umsetzung der neuen Zielorganisation erfolgt schrittweise. Vielfalt & Komplexität des Prozesses erfordern zeitliche Risikopuffer“, steht auf einem der Charts, die Parzinger an die Wand beamt. Im Publikum sitzen neben Bundestagsabgeordneten auch viele Mitarbeitende der Stiftung, die vermutlich längst sehr gut wissen, wie schwierig Veränderungen bei ihrem Arbeitgeber umzusetzen sind.

Vom Tanker zum Schnellboot

30 Millionen Euro zusätzlich braucht die SPK für ihren Umbau, darauf hat man sich geeinigt, ursprünglich war der Bedarf auf 66 Millionen kalkuliert. Claudia Roth, die auch unter Termindruck steht und gleich wieder fortmuss, bestätigt in ihrer Ansprache, dass ihre Behörde, trotz angespannter Haushaltslage, zusätzliche Mittel frei macht. In Zeiten toxischer Auseinandersetzungen sei die Stiftung als eine der größten Kultureinrichtungen der Welt von unschätzbarem Wert.

Müssen nur noch die 16 Bundesländer ins Boot geholt werden. Deren Beiträge zum Finanzhaushalt der SPK sind seit 1996 gedeckelt. Zusammen tragen alle Länder rund 15 Prozent des Budgets, etwa acht Prozent davon Berlin als Sitzland. Der Bund zahlt rund 85 Prozent. Künftig sollen die Anteile der Länder steigen. Um zehn Prozent, vielleicht 30 Prozent muss aufgestockt werden. Dafür macht sich Rainer Robra, CDU-Kulturminister Sachsen-Anhalts und Mitglied der Reformkommission, stark, der mit dem Berliner Kultursenator Joe Chialo auf der Bühne sitzt. Nicht alle Länder sind gleichermaßen begeistert.

„Uns ist es wichtig, dass diese Weltgeltung für uns in Deutschland, für den Gesamtstaat sichtbarer wird“, sagt Robra. Lange überfällig: Das Stiftungsgesetz samt Satzung, das den rechtlichen Rahmen regelt, muss erneuert werden. Vielleicht der härteste Brocken, der bis Juni zur Stiftungsratssitzung, gestemmt werden muss.

In Deutschland sichtbarer werden

So richtig ausreden darf an dem Abend niemand mehr, die Moderatorin peitscht durchs Programm. Frans Hals in der Gemäldegalerie, Caspar David Friedrich in der Alten Nationalgalerie, eine Überraschung im Kunstgewerbemuseum, das in Vortragsreihe zeigen wird, dass die Haute-Couture-Produktion der frühen 20er Jahre im Tiergartenviertel angesiedelt war, nicht am Hausvogteiplatz, wie viele annehmen.

Jedes einzelne Haus der Preußenstiftung muss weltweit konkurrenzfähig sein. Es ist viel von internationalen Kooperationen die Rede, mit Odessa, mit Mumbai, mit São Paulo, die Sammlungen, das Geheime Staatsarchiv oder die Staatsbibliothek haben Weltbedeutung und keine Probleme, spannende Kooperationen einzugehen. Nur sind die Ausstellungsbudgets lächerlich knapp.

Aber derart ins Detail geht es an diesem Abend nicht. Nach etwas mehr als 90 Minuten darf, wer möchte, noch kurz zur Nofretete hochgehen, die ihr 100. Ausstellungsjahr feiert. Das entschleunigt. Abschließend bei Hefegebäck und Wein ist dann auch niemand mehr gehetzt.

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