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Wie viel Schlange braucht ein Museum? Das Pergamonmuseum, Publikumsmagnet der Preußenstiftung, wird grundsaniert und bleibt bis 2037 geschlossen.

© dpa/Sebastian Gollnow

Reform der Stiftung Preußischer Kulturbesitz: Flotter in die Zukunft?

Alles neu und trotzdem Sparkurs. Wie die Preußenstiftung sich fürs Erste selbst reformiert. Eine Podiumdiskussion in der Berliner Staatsbibliothek.

Schade, dass Kulturstaatsministerin Claudia Roth nicht mit auf dem Podium saß. Dann wäre es bei der Diskussion zur Reform der Stiftung Preußischer Kulturbesitz (SPK) wohl noch munterer zugegangen. Draußen herrscht Blitzeis, drinnen im Fontanesaal der Staatsbibliothek Unter den Linden schaut Ulrike Lorenz, Präsidentin der Stiftung Weimarer Klassik, „mit angehaltenem Atem“ auf die Kollegen in Berlin, die sich einer zügigeren Gangart bei der Reform verschrieben haben und sich erst mal „am eigenen Schopf“ aus der Misere ziehen.

Lorenz weiß, wie komplex so eine Transformation ist, auch wenn ihre Einrichtung „nur“ 430 Mitarbeiter hat, bei der SPK sind es rund 1900. Es dürfe nicht sein, dass Steuergelder durch allzu zähe Abstimmungsprozesse verbrannt werden. Auch Gabriele Schulz vom Deutschen Kulturrat betont die schier unüberschaubare Vielschichtigkeit der SPK.

„Wir sind mittendrin“ bei der Umwandlung vom Tanker zur Flotte mit wendigeren Booten, bestätigt Stiftungspräsident Hermann Parzinger. Seit Jahresbeginn verfügen die 15 Staatlichen Museen eigenverantwortlich über ihre Budgets, die Generaldirektion ist durch einen Interimsvorstand abgelöst. Arbeitsplätze werden verlagert, mit entsprechenden Verunsicherungen, zumal für die Eigenbudgetierung erst mal Kriterien entwickelt werden mussten, wie Patricia Rahemipour als Direktorin des Instituts für Museumsforschung und Interimsvorstands-Mitglied erklärt.

Das Problem ist der mit jährlich 400 Millionen Euro Gesamtbudget beengte Handlungsspielraum der SPK, sprich, die mangelnde finanzielle Ausstattung des 2020 vom Wissenschaftsrat angestoßenen Reformvorhabens bei Deutschlands größtem Kulturverbund, zu dem unter anderem auch die Staatsbibliothek gehört. „FAZ“-Redakteur Andreas Kilb zieht zum Vergleich das Washingtoner Smithsonian Institute heran, das mit 19 Häusern zwar noch etwas größer ist, aber für seine ähnliche Mischung aus Museen, Bildungs- und Forschungseinrichtungen über den dreifachen Jahresetat verfügt. Und über das dreifache Personal.

Das Ziel, die „Vision SPK 2030“, ist klar: publikumsattraktive Museen, modernes Marketing, mehr Strahlkraft für die Sammlungen, mehr Sichtbarkeit für die Forschungsaktivitäten. Damit diese Erwartungen erfüllt werden können, müssen etwa die am komplizierten Finanzierungs-Mix beteiligten Bundesländer aufstocken. Die von RBB-Redakteur Harald Asel moderierte Runde ist sich einig, dass die Deckelung von deren Beitrag seit 1996 endlich vom Tisch muss.

Die Länder sind willig, wollen keineswegs aussteigen, sondern jeweils drei Millionen Euro mehr zahlen. Aber was ist mit dem Bund, auch angesichts einer Haushaltslücke von 28 Millionen Euro im laufenden Jahr, des überall zu beobachtenden Rückzugs von Kultursponsoren, des bis 2037 geschlossenen Publikumsmagneten Pergamonmuseum und der angespannten Haushaltslage? Hierzu hätte man gerne Claudia Roth gehört, ein Bekenntnis zur Preußenstiftung als bedeutendster gesamtstaatlicher Kulturschatz und Wissenschafts-Konglomerat, mit großem demokratiefördernden Potenzial. Und ein Bekenntnis dazu, dass ihre Behörde für eine bessere finanzielle Ausstattung kämpft.

In dem vom Kulturrat vorgelegten Dossier zur SPK informiert Roth immerhin über ihr Ziel, das Gesetz zur Neuregelung der Stiftungsfinanzierung durch den Bund, das Sitzland Berlin und die übrigen Länder im Frühjahr 2025 einbringen zu wollen. Ist es vielleicht nur so still, weil hinter den Kulissen darum gerungen wird?

Erfreulich ist jedenfalls, dass die Stiftung nicht mehr in erster Linie nach mehr Geld schreit, sondern schaut, was trotzdem schon geht. Dass sie mehr Flexibilität bei der Entscheidung über den Einsatz der Mittel anstrebt und das Risiko dabei nicht scheut. Parzinger verweist auf das Wissenschaftsfreiheitsgesetz für außeruniversitäre Einrichtungen. Warum eine ähnliche Freiheit nicht auch für die SPK?

So könnte der viel beschworene Tanker zum Pionier werden, denn die gesamte Kulturszene wird künftig wohl kreativ mit knappen Kassen umgehen müssen. „Was lassen wir weg?“ Ulrike Lorenz spricht gar von eigenverantwortlicher Selbstschrumpfung.

Fatalismus, Pragmatismus oder Chance? Auf dem Podium herrscht jedenfalls leidenschaftlicher Dissens bei der Frage, ob die Museen mehr Blockbuster brauchen oder vor lauter Starren auf die Besucherzahlen ihr Kerngeschäft versäumen, die ihnen anvertrauten Schätze zu bewahren und die Vielfalt wie das Besondere zu pflegen. Darüber kann gar nicht genug gestritten werden. Und der Disput um den künftigen Namen, ob mit oder ohne Preußenadler im Logo, darf getrost erst mal warten.   

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