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Ulrike Ottinger hält Rückschau auf ihr künstlerisches Werk.

© dpa / Julian Stratenschulte

Retrospektive Ulrike Ottinger: Eine Berliner Filmemacherin gibt sich die Ehre in der Paris Bar

Vor ihrem großen Auftritt in der Kunsthalle Baden-Baden bittet Ulrike Ottinger anlässlich der Berlinale zum Empfang.

Schon 2021war Ulrike Ottingers Jahr: Sie hatte Ausstellungen in der Kunsthalle Kiel, im Berliner Institut Français, im Berkeley Art Museum and Pacific Film Archive in Kalifornien, und vom Land Baden-Württemberg erhielt sie den Hans-Thoma-Preis. Dies Auszeichnung hat wiederum eine Ausstellung in der Kunsthalle Baden-Baden nach sich gezogen: „Cosmos Ottinger“ (ab 19. Februar).

Eine Filmemacherin, ja Rundumkünstlerin im Glück – das war der knapp Achtzigjährigen anzusehen beim Empfang in der Paris Bar, den ihr die Galerie Contemporary Fine Arts bereitete, zusammen mit Çagla Ilk und Misal Adnan Yildiz, dem Direktorenduo der Baden-Badener Kunsthalle: dort, wo sich zur Berlinale sonst das Filmvolk drängt und einst zu Mauerzeiten die Bohème West-Berlins.

Im Film „Freak Orlando“ von 1981 bündeln sich bereits all ihre Themen

Zu Beginn der Pandemie, nachdem sich alle zurückgezogen hatten, da habe sie noch einmal Rückschau auf ihr Oeuvre gehalten, so Ottinger in ihrer kleinen Rede, um mit einer gewissen Koketterie hinzuzufügen: Das dürfe sie jetzt wohl in ihrem Alter. Das Ergebnis ist „Cosmos Ottinger“, die Zusammenschau aller für ihr Werk wichtigen Themen, die sich bereits im 1981 entstandenen Film „Freak Orlando“ bündelten.

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Und wie in „Freak Orlando“, das vom Barocktheater inspiriert ist, fügen sich auch in der Baden-Badener Ausstellung die verschiedenen Stationen ihres künstlerischen Lebens wie auf einer Bühne zusammen: die Sechziger in Paris, wo ihre vor einigen Jahren wiederentdeckten, seitdem gefeierten Pop-art-Gemälde entstanden, die Rückkehr nach Konstanz, wo sie einen Filmclub und eine Galerie gründete, und schließlich der Umzug nach Berlin, seit 1973 Ausgangspunkt ihres Filmschaffens in aller Welt.

Mit „Librairie Caligrammes“ kehrt sie an ihre Pariser Anfänge zurück

Zu ihrem eigenen Erstaunen stellt Ottinger heute fest, dass viele der von ihr damals aufgegriffenen Aspekte – Kolonialismus, fluide Geschlechtlichkeit – mehr denn je wieder zur Diskussion stehen. Auch mit ihrem vor zwei Jahren entstandenen Film „Paris Caligrammes“ kehrte die Künstlerin noch einmal zurück an den Ausgangspunkt ihrer Karriere, genauer: zur Pariser Buchhandlung „Librairie Caligrammes“ als zentraler Ort ihrer intellektuellen Prägung.

Was war wichtig an dieser Zeit?, fragte sich die Filmemacherin während der Vorbereitung auf ihre Baden-Badener Retrospektive und musste erkennen, wie aufgeladen, ja aggressiv die Diskussionen damals verliefen – „fast wie eine Inquisition“, so ihre Erinnerung. Aktuell erlebe sie erneut, „dass Dinge unglaublich ideologisiert werden“. Gefallen tut ihr das nicht, gibt sie zu verstehen. Ottinger argumentiert stattdessen mit fantastischen Geschichten, surrealen Bildern, erstaunlichen Konstellationen. Dann lächelt sie freundlich und wendet sich mit einem kleinen Nicken dem nächsten Gast in der Paris Bar zu, alten Freunden aus dem „Cosmos Berlin“.

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