zum Hauptinhalt
Jan Weyrauch ist Programmchef in Bremen.

© dpa/Fabian Sommer

Update

Intendantenwahl beim RBB: Auch Jan Weyrauch zieht seine Kandidatur zurück

Nach ARD-Digitalexpertin Juliane Leopold springt nun auch der Bremer Programmchef Jan Weyrauch ab. Damit stehen am Freitag nur noch zwei Kandidatinnen zur Wahl.

Am Freitagmittag um 14 Uhr kommt in Potsdam-Babelsberg der Rundfunkrat des Rundfunk Berlin-Brandenburg (RBB) zusammen, um einen Nachfolger für Patricia Schlesinger als regulär gewählte Leitung des 3500-Mitarbeiter-Senders zu finden. Tatsächlich wird die Wahl stattfinden, auch wenn sich die Kandidatin Juliane Leopold und der Kandidat Jan Weyrauch unterwegs verabschiedet haben.

Von den vier von der Findungskommission nominierten Bewerbern war am Dienstag zunächst Juliane Leopold abgesprungen. Die Chefredakteurin Digitales bei ARD Aktuell hatte dies damit begründet, dass andere Themen als die ihren mit größerer Priorität im Fokus stünden und sie „deswegen den Weg freimachen möchte für eine Kandidatin oder einen Kandidaten, deren oder dessen Angebot besser zu dieser aktuellen Situation passt“.

Am Donnerstagabend wurde nun bekannt, dass auch Jan Weyrauch, der Programmchef von Radio Bremen, nicht länger als Kandidat zur Verfügung steht. Eine entsprechende Information, die dem Tagesspiegel vorlag, wurde am Abend von Weyrauch bestätigt. Er habe sich entschieden, nicht zu kandidieren, teilte der 55-jährige Programmmacher mit. Hintergrund ist eine aufgekommene Debatte um die Höhe des künftigen Intendantengehalts in dem Sender.

In einer Erklärung verweist Weyrauch darauf, dass – nach einer möglichen Entscheidung für ihn durch den Rundfunkrat – die Gefahr bestanden habe, dass mit dem RBB-Verwaltungsrat kein Vertrag zustande kommt. Weyrauch schreibt: „Der Schaden für den rbb, für seine Gremien und nicht zuletzt für den Kandidaten wäre in der Öffentlichkeit riesig und kaum erklärbar.“

Entsetzen im Rundfunkrat

Im Rundfunkrat herrschte zunächst Entsetzen. Mitverantwortlich für den sehr späten Rückzug von Favorit Weyrauch wird der Verwaltungsratsvorsitzende Benjamin Ehlers gemacht, der die Idee einer Gehaltskorridors für die künftige RBB-Intendanz ventiliert hatte – und zwar zwischen 180.000 und 230.000 Euro. Darin durfte er sich von Brandenburgs Ministerpräsident Dietmar Woidke unterstützt sehen, der ebenfalls für einen Gehaltsdeckel in dieser Dimension plädiert hat.

Aber vielleicht ist das nicht der einzige Grund für Weyrauchs Demission. Er hatte dem Rundfunkrat auch mitgeteilt, dass er, falls gewählt, von Bremen nach Berlin pendeln werde und vielleicht nicht die volle Stelle ausfüllen werde. Trotzdem, seine Wahlchancen waren groß.

„Die Entscheidung Weyrauchs ist folgerichtig, wenn man sich beim Gehalt nicht einigen kann“, kommentierte Erik Stohn, der für die Brandenburger SPD im Rundfunkrat sitzt. Auch die Rechnungshöfe hätten schon klargemacht, dass beim RBB neue Zeiten anbrechen müssen. „Der RBB muss hier stellvertretend für die ARD den ersten Schritt gehen“, sagte Erik Stohn. Der Brandenburger will gleichwohl an der Wahl am Freitag festhalten. „Wir hatten vier hochqualifizierte Bewerber. Ulrike Demmer und Heide Baumann können nichts dafür, dass zwei ihre Kandidatur zurückgezogen haben.“ 

Antje Kapek, die die Grünen im Rundfunkrat vertritt, sagte: „Ich finde es sehr problematisch, dass Jan Weyrauch mit seinem Rückzug vielleicht für sich die beste Entscheidung getroffen hat, damit aber das ganze Verfahren kompromittiert hat.“ Das schade allen verbliebenen Bewerberinnen, aber auch dem RBB selbst. „Denn selbst wenn wir jetzt neu ausschreiben würden, stellt sich nach dieser Entwicklung ja die Frage, wer sich dann noch bewerben würde“, sagte Kapek dem Tagesspiegel.

Am Freitag ist jedenfalls Wahltag. Der Vorsitzende des Rundfunkrats, Oliver Bürgel, sagte dazu: „Die Entscheidung von Jan Weyrauch bedauern wir sehr. Wir stehen vor grundlegenden Neuorientierungen im öffentlich-rechtlichen Rundfunk und im rbb, das musste allen klar sein, die für das Intendantenamt antreten.“ Der Rundfunkrat freue sich auf die Kandidatinnen, die sich dieser Herausforderung stellen werden. „Wir sind sicher, für den rbb eine gute Wahl treffen zu können“, sagte Bürgel.

Weyrauch war erst im zweiten Anlauf von der gemeinsamen Findungskommission von Rundfunk- und Verwaltungsrat und Vertretern der Belegschaft nominiert worden. Er hatte seine Bewerbung kurz vor der offiziellen Bekanntgabe der Kandidatur wegen der ungeklärten Gehaltsfrage zurückgezogen. Nach Protesten von Personalrat und Freienvertretung hatte er seinen Hut dann aber doch in den Ring geworfen.

Die amtierende Intendantin Katrin Vernau, die ein Rückkehrrecht zu ihrem Verwaltungsdirektorinnen-Posten beim WDR hat, ließ vor Monaten durchblicken, dass sie nach der Interims-Zeit weiter RBB-Intendantin sein wolle – wenn man sie denn frage. Kurioserweise führte eine Formalie dazu, dass sie nun nicht auf der Kandidatenliste zur Wahl steht: Sie hatte die Bewerbungsfrist der öffentlichen Ausschreibung bewusst verstreichen lassen. Ein Versuch, sie nachträglich doch noch ins Rennen zu bringen, scheiterte.

Nur noch zwei Kandidatinnen im Rennen

Neben der ehemaligen Regierungssprecherin Ulrike Demmer tritt am Freitag nun noch Ex-Vodafone-Vorständin Heide Baumann an. „Die Auswahl ist geringer geworden, aber der Rundfunkrat hat weiterhin eine Wahl“, sagte der CDU-Politiker Christian Goiny, der vom Abgeordnetenhaus Berlin in das Gremium entsandt wurde, dem Tagesspiegel. Um als Intendant gewählt zu werden, benötigen die Kandidaten eine Zweidrittel-Mehrheit im Wahlgremium.

Ulrike Demmer

Ulrike Demmer, 50, stammt aus Solingen in Nordrhein-Westfalen, sie hat in Bonn und Berlin Jura studiert und mit dem ersten Staatsexamen beendet. Danach folgten unter anderem eine Ausbildung an der Berliner Journalisten-Schule und ein Volontariat beim ZDF in Mainz.

Das Wirtschaftsforum der SPD führt Ulrike Demmer als Mitglied des Leitungsgremiums der eigenen Plattform „Women in Lead“, dem auch die Berliner Wirtschaftssenatorin Franziska Giffey und Bundesentwicklungsministerin Svenja Schulze angehören. Sie habe nie einen festen Karriereplan gehabt, hat sie einmal in einem Interview gesagt. Neue Herausforderungen habe sie jedoch immer angenommen nach dem Motto: „Man bereut immer eher das, was man nicht getan hat als das, was man getan hat.

Heide Baumann

Die Managerin und studierte Medienberaterin Heide Baumann, 50 und aus Säckingen stammend, war zuletzt Geschäftsführerin bei Vodafone Deutschland und hat davor auch für andere Telekommunikationsunternehmen gearbeitet. In ihrem Lebenslauf bei Linkedin nennt die 50-Jährige unter anderem Stationen bei British Telecom und Liberty Global in London. Bei Microsoft Deutschland war sie als „Chief Transformation Officer“ tätig. In den 90er Jahren hat sie unter anderem für Bertelsmann und die Unternehmensberatung Arthur D. Little gearbeitet.

An der TU Berlin hatte sie bis September 2022 rund ein Jahr lang eine Gastdozentur im Bereich Technologie- und Innovationsmanagement inne. Auch mit Geschlechterfragen und der Rolle von Frauen in Führungspositionen hat sie sich auf ihrem Karriereweg immer wieder befasst.

Ihr Ziel sei unter anderem, mit Entscheidungsfreude komplexe Herausforderungen zu bewältigen, schreibt sie über sich selbst. Für gute Wirtschaftserfolge und auch die eigene Persönlichkeit müssten Herausforderungen zugleich mit Unterstützung, Empathie und Selbstfürsorge verbunden sein.“ (mit epd)

Zur Startseite

showPaywall:
false
isSubscriber:
false
isPaid:
showPaywallPiano:
false