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Die entlassene RBB-Intendantin Patricia Schlesinger will vor Gericht ihr Ruhegeld einklagen.

© dpa/Britta Pedersen

Patricia Schlesinger will monatlich 18.300 Euro: Das öffentlich-rechtliche Ruhegeld wird zur Charakterfrage

Die frühere RBB-Intendantin klagt auf Zahlung des Ruhegelds. Was das öffentlich-rechtliche System braucht: ein Ende des Selbstbedienungssystems.

Ein Kommentar von Joachim Huber

Das Thema wird das Empörungsstadium vielleicht nie wieder verlassen. Die gekündigte Intendantin des Rundfunk Berlin-Brandenburg (RBB), Patricia Schlesinger, klagt vor dem Landgericht Berlin auf Zahlung eines monatlichen Ruhegeldes von 18.384 Euro. Schon wurde ausgerechnet, dass dieses Ruhegeld die Rente von Bundeskanzlerin Angela Merkel weit übersteigen wird. Schlesinger wird so zum Synonym des öffentlich-rechtlichen Rundfunks als Selbstbedienungssystem.

Keine Erfindung von Schlesinger

Patricia Schlesinger hat das „Ruhegeld“ nicht erfunden. Es ist gängige Praxis beim MDR, beim NDR, beim ZDF. Es setzt sich in seiner jeweiligen Höhe aus mehreren Faktoren zusammen, es reflektiert das Verständnis öffentlich-rechtlicher Beschäftigter: in der aktiven Zeit bezahlt werden wie in der freien Wirtschaft und im Alter versorgt werden wie Beamte.

Und alles passiert wie bei allen 25 Empfängern aus der RBB-Kasse auf vertraglicher Basis. Niemand bekommt etwas, was ihm zuvorderst nicht von den Verwaltungsräten zugestanden wurde. Nur so erklären sich die „Bettelbriefe“, die die amtierende RBB-Chefin Katrin Vernau an den exklusiven Personenkreis geschrieben hat. Sie kann die Betroffenen nur um Solidarbeiträge bitten, mehr ist nicht drin. Es wird interessant zu sehen sein, ob die RBB-Anwälte Patricia Schlesinger solches Fehlverhalten nachweisen können, auf dass ihren finanziellen Ansprüchen die Luft rausgelassen wird.

Das öffentlich-rechtliche Ruhegeld wird zur Charakterfrage, zum Test von Anstand und Charakter. Da schwingen neben berechtigter Empörung über das Ausmaß immer auch Neid und Populismus mit, beim Geld anderer Leute wird immer kritischer hingeschaut. Muss alles nicht passieren, wenn Pragmatismus die Oberhand behält. Das Ruhegeld wurde eingeführt, also kann es auch wieder abgeschafft werden. Fällt es weg, muss der Armutsbericht nicht neu geschrieben werden.

Sollte Katrin Vernau über die Interimszeit hinaus RBB-Intendantin bleiben, wird die von ihr vorgeschlagene Martina Zöllner zur Programmdirektorin gewählt, müssen mit beiden Verträge geschlossen werden. Mit Regelungen zum Ruhegeld oder ohne? Das haben die Führungskräfte wie auch der Verwaltungsrat des Rundfunk Berlin-Brandenburg in der Hand.

Nun muss keiner Patricia Schlesinger um den Hals fallen, weil die Intendantin jedes Maß und jede Mitte verloren hat. Aber ausgerechnet sie kann es sein, die ein Vorher und ein Nachher im öffentlich-rechtlichen System markiert.

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