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Die Rückgabe der "Berliner Straßenszene" (1913) von Ernst Ludwig Kirchner aus dem Bestand des Brücke-Museums wirkte 2006 wie ein Weckruf.

© Justin Lane /dpa

Kolonialismus: Rückt die Raubkunst raus!

Experten diskutieren über die bisherige Rückgabepraxis jüdischer Raubkunst und der aus der Kolonialzeit. Das wurde auch höchste Zeit. Ein Kommentar.

Ein Kommentar von Nicola Kuhn

Mag sein, dass die französische Kunsthistorikerin Bénédicte Savoy der Konferenz „20 Jahre Washingtoner Prinzipien“ die Schau gestohlen hat. 1000 internationale Experten treffen sich ab Montag in Berlin, um über die bisherige Rückgabepraxis jüdischer Raubkunst Bilanz zu ziehen.

Savoy grätscht dazwischen mit dem von ihr und dem senegalesischen Ökonom Felwine Sarr für den französischen Staatpräsidenten verfassten Bericht, wie mit Raubkunst der Kolonialmächte umzugehen sei. Ein Erdrutsch für die Museumswelt. Die Wissenschaftler fordern, dass unverzüglich und ohne weitere Recherche alles zurückgegeben werden müsse, was die Kolonialmacht Frankreich bis 1960 in Afrika mitgehen ließ. Das betrifft 90 000 Objekte in französischen Museen.

Auch für Deutschland ist das ein Donnerschlag: Zigtausende Exponate aus kolonialem Kontext befinden sich in den Sammlungen. Doch hierzulande wird noch jedes Dokument zweimal umgedreht, bevor Kunst zurückgegeben wird. Das haben auch die Nachfahren beraubter jüdischer Sammler schmerzhaft erfahren müssen. Die Beweislast liegt bei den einstigen Besitzern. Damit macht Savoy für die Kolonialkunst Schluss und bläst Frischluft in die Museen. Höchste Zeit, denn in den letzten 20 Jahren ist nicht genug passiert.

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