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Duell unter Cousins. Caleb Followill (r.) und Matthew Followill von Kings of Leon in Aktion.

© IMAGO/ZUMA Wire/Imagespace via www.imago-images.de

Kings of Leon in der Waldbühne: Die Hillbillys haben’s drauf

Satte zwanzig Jahre ist das erste Album der Rockband aus Tennessee mittlerweile her. Beim Konzert in der Waldbühne überzeugt die Familie Followill durch Hingabe ans Spiel.

Zwölf Jahre ist es her, da verabschiedete sich Caleb Followill auf halber Strecke von der Bühne. „Um zu kotzen und sich ein neues Bier zu holen“, wie der Frontmann der Kings of Leon den konsternierten Fans in Dallas erklärte. Dann ward er nicht mehr gesehen. Es folgten Stunk in der Band, Konzertabsagen, eine künstlerische Pause. Eine Ewigkeit ist seither vergangen, klar. Dennoch lohnt es, sich diese Episode aus der Geschichte der Band in Erinnerung zu rufen, während man ihr Konzert am Mittwochabend in der Waldbühne verfolgt.

Mittlerweile sind alle Mitglieder der Gruppe um die vierzig, Väter geworden und ruhiger. Auch Caleb Followill managt seinen Alkoholkonsum besser. Die Folge: Die Kombo aus Tennessee klingt kompakt, voll aufeinander eingespielt. Der Sänger – einer von drei Brüdern in der Band, der vierte ist ihr Cousin – pflegt nach wie vor einen hillbilly-esken Look: fetter Schnauzer, die kurzen Haare im Nacken etwas länger, dazu weißes Unterhemd unter der Jeansjacke, ein Kreuz auf der moderat behaarten Brust.

Das ist also ein Mittwochabend in Berlin, nicht schlecht.“

Frontmann Caleb Followill beim Blick ins Rund der Waldbühne

Er singt konzentriert, die Augen auf einen Punkt in der Ferne gerichtet. Dann wieder zusammengekniffen, wenn er seine Stimme in quengelige bis schneidende Gefilde drückt. Live klingt sie wunderbar, auch in den spitzen Ausläufern noch voluminös. Das muss sie auch, will sie sich gegen den massiven Bandsound behaupten.

Vom ersten Song an, „Crawl“, massiert einem der Bass von Jared Followill das Trommelfell. Bruder Nathan bearbeitet derweil die Felle seines Schlagzeugs: konzentriert, ohne großen Ausbruch. Die Gitarre von Cousin Matthew legt sich hoch und flächig über das Rhythmus-Gebollere. Live darf er seine Soli leicht verwildern lassen, bis sogar ein Hauch Lynyrd Skynyrd durchschimmert.

Southern-Rock war von Anfang an zentraler Bestandteil des Bandsounds. Drum herum hat sich einiges getan: Klang die Musik der Kings of Leon zu Beginn nach Garagen-Party, haben es sich die Musiker später im Stadion-Rock gemütlich gemacht. Aber was auf den Alben mittlerweile gern mal einen Hang zum Allzu-Gediegenen hat, bekommt live angenehm aufgeraute Ränder.

Konzentrierte Hingabe ans Spiel

Viel Show ist nicht: dezente Grafikspielereien auf den Leinwänden, Scheinwerfer, Rauch, ein paar Spiegel auf der Bühne. Die Musiker wiederum wiegen sich auf der Stelle, laufen ein bisschen auf und ab – das war’s. Aus ihrem Spiel aber spricht eine konzentrierte Hingabe. Selbst den Überhit „Sex On Fire” intonieren sie mit Verve, natürlich ganz am Ende des gut hundertminütigen Konzerts.

Das Publikum muss seinerseits nicht groß zur Teilnahme aufgefordert werden. Jedes „Huhuuhuuu“ und „Ohwohoo“ – und davon gibt es einige im Werk der Gruppe – wird mitgesungen. Man merkt: Die Leute sind selig, die alten Songs zu hören. Die Band spielt nur ein Stück („The Bandit“) vom aktuellen, achten Album „When You See Yourself“. Die 2008er Erfolgsplatte „Only By The Night“ kommt hingegen nahezu komplett zur Aufführung.

So richtig junge Menschen sind in der Waldbühne eh nicht auszumachen. Dafür Shirts von Sting und Neil Young. 20 Jahre nach ihrem Debüt „Youth And Young Manhood“ kommen die Kings of Leon endgültig in der Nostalgie-Abteilung des Musikgeschäfts an. Aber mal ehrlich: Welche Rockband hat sich dort nicht längst eingerichtet? Die Musiker jedenfalls wissen, was sie ihren Fans schuldig sind und liefern genau das, wofür die Leute gekommen sind. Das passt ins Bild einer Gruppe, die bei ihrem Berlin-Konzert das Unprätentiöse zelebriert und ehrlich angetan zu sein scheint von all der Begeisterung, die sie entfacht.

„Noch zwei Shows“, erklärt der sparsam moderierende Frontmann, „dann fahren wir nach Hause – und vollenden eine Platte.“ Wie viele von den neuen Songs es wohl auf die Tracklisten künftiger Konzerte schaffen werden? Den Fans ist’s egal. Sie reagieren mit Jubel auf die Ankündigung, auch wenn im Anschluss mit „Back Down South“ wieder ein bekanntes Stück folgt. Doch solange die Kings of Leon das Wohlvertraute derart überzeugend darbieten wie in der Waldbühne, wird sich kaum jemand im Publikum daran stören.

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