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Die sechs Neuen. Volker Wiebrecht im Gespräch mit Till Fellrath, Dagmar Hirschfelder, Klaus Biesenbach, Rebecca Wolf, Tina Brüderlin und Achim Bonte (von lks.).

© Nicola Kuhn

Jahresempfang bei der Preußenstiftung: Die Neuen wollen raus aus der Spitzweg-Ecke

Jünger, weiblicher, energetischer: Die Stiftung Preußischer Kulturbesitz präsentiert ihren Nachwuchs in den Chefetagen der Museen und Sammlungen.

So viel Aufbruch war selten bei der Stiftung Preußischer Kulturbesitz. Beim Jahresempfang – der letzte fand wegen Corona 2019 statt – wurden in der James-Simon-Galerie die „Neuen“ der Führungsebenen nach vorne aufs Sofa gebeten, um locker über ihre Pläne und Wünsche zu plaudern. Man erinnert sich noch vage an die strengen Pressekonferenzen in der Villa von der Heydt, dem Amtssitz des Präsidenten, auf denen Zahlen und Fakten nur so runtergerattert wurden. Dann kamen smarte Talks im Pergamon-Panorama, die eher wie Werbeveranstaltungen für Touristiker wirkten. Womöglich ist die Preußenstiftung nun mit dem neuesten Format bei sich angelangt.

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Die Begegnung mit den sechs Leiter:innen, die in den letzten Monaten hinzugestoßen sind, wirkt jedenfalls vielversprechend: jünger, weiblicher, energetischer. Vielleicht gelingt es ja ihnen, den ins Stocken geratenen Reformprozess voranzubringen – und damit die Finanzsperre durch den Bund als Sanktionsmaßnahme wieder aufzuheben. Kulturstaatsministerin Claudia Roth saß jedenfalls angetan im Publikum und ließ sich anschließend freudestrahlend mit allen fotografieren.

Welches Instrument spielt die neue Direktorin?

Aber zunächst schritt ein Museumsdirektor beziehungsweise eine Sammlungsleiterin nach der anderen beherzt zu Moderator Volker Wiebrecht nach vorn und ließ sich lustig ausfragen: Welches Instrument denn wohl Rebecca Wolf spielt, die neue Chefin des Staatlichen Instituts für Musikforschung? Und wie viele Kilometer Dagmar Hirschfelder täglich an den Alten Meistern vorbeiläuft? Die antworteten charmant und schlagfertig und erzählten vor allem, wie sie ihre Institution voranbringen. Hirschfelder etwa will in der Gemäldegalerie „neue Seherlebnisse“ nicht zuletzt mit einem Beleuchtungssystem bescheren, das gerade installiert wird, den Künstlerinnen mehr Aufmerksamkeit schenken und sich stärker für social media einsetzen.

Digitalisierung und Verbesserung der digitalen Services hat sich auch Achim Bonte vorgenommen. Der neue Generaldirektor der Staatsbibliothek hatte auf dem Podium als erstes sein Mobiltelefon aus der Tasche gezogen und erklärt, seine Bibliothek habe er immer bei sich, und wir alle müssten raus aus der Spitzweg- Ecke. Deshalb wird ab Mitte Mai Unter den Linden das „Kulturwerk“ eröffnet mit Ausstellungs- und Workshopbereich, Cafeteria und Laden. Fortan soll auch sonntags von 10 bis 18 Uhr geöffnet sein. Außerdem will er für seine 800 Mitarbeiter:innen eine „Kultur des Vertrauens und Zutrauens“ zu schaffen. „Wir dürfen nicht kleiner werden durch zu viel Bürokratie“, warnte er und nannte damit ein Grundproblem der Preußenstiftung.

Der Mies van der Rohe-Bau bekommt eine Halfpipe

Bei Klaus Biesenbach braucht man sich da erst einmal keine Sorgen zu machen. Den Konflikt mit den Skatern auf dem Granitpodest der Neuen Nationalgalerie schafft er geradezu ideal aus der Welt, indem er eine koreanische Künstlerin mit dem Bau einer Halfpipe als Skulptur beauftragt. Schließlich würden rund um den Mies van der Rohe-Bau schon genügend Werke von Männern herumstehen, fügte er als Erklärung hinzu. Wer früher bei solchen Ankündigungen zusammengezuckt wäre, darf sich heute freuen, dass auf diese Weise nebenher Botschafter eines lebendigen Ortes generiert werden, sich verschiedene Kulturen verbinden.

Auch Till Fellrath lehrt eine andere Perspektive: Sammlung Flick weg, Rieckhallen leer? So what? Das schafft Platz für Neues. Die Berlin Biennale kann dafür jetzt rein. Überhaupt soll der Hamburger Bahnhof zugänglicher, diverser, offener für Berlins Szene werden. Und was seine und Sam Bardaouils Außentätigkeiten als Kuratoren betrifft? Ist doch prima, sie teilen sich eine Stelle und bringen von ihren Gastspielen hinterher die Künstler mit.

Die Zukunft der Benin-Bronzen? Leider keine Antwort

Frisch kam auch Tina Brüderlin rüber, die neue Leiterin des Ethnologischen Museums. Worauf sie sich auf meisten freut? Erwartungsgemäß die Eröffnung der „Ostspange“ vom Humboldt Forum mit dem zweiten Teil der Sammlungspräsentation zu Afrika, der Ausstellung zu Nord-, Mittel- und Südamerika sowie den Asien-Sälen des Ethnologischen Museums. Nur auf die Frage, wie es denn mit den Benin-Bronzen sei, was bliebe, was ginge, reagierte die Vollblutethnologin ausweichend. Keine Ausstellung sei für die Ewigkeit gemacht, lautete die ausweichende Antwort. Schade, da hätte man gerne mehr gehört. Hinterher hieß es dann, ja, die großen Linien, die werden immer noch eine Etage höher gezogen. Klar, ein Kerl, kurz vor der Pensionierung, die alte Stiftung eben.

Barbara Göbel, die langjährige Chefin des Ibero-Amerikanischen Instituts, ein Ausbund an Umtriebigkeit, gab den Neuen noch auf den Weg: „Geduldig sein und nachhaltig nerven.“

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