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Die Gehörnten jagen Sklaven für die Minen des Greifs.

© Amazon Prime Video/Amazon Prime Video

„Es hat mich wahnsinnig geflasht“: Interview mit dem Showrunner der Hohlbein-Serie „Der Greif“

Fantastische Stoffe hatten es bislang schwer in Deutschland. Mit der Serie „Der Greif“ soll sich das ändern. Ein Interview mit Showrunner Sebastian Marka.

Herr Marka, Sie haben den Fantasy-Roman „Greif“ von Heike und Wolfgang Hohlbein im Alter von zwölf Jahren das erste Mal gelesen – direkt im Jahr der Erstveröffentlichung 1989.
Ein Freund hatte mir das Buch geliehen. Zunächst hatte ich mich gewundert, dass da gar keine Bilder drin sind. Dann habe ich angefangen zu lesen – und es hat mich wahnsinnig geflasht. Durch das Buch bin auch zum Film gekommen. Ich habe diese Bilder plastisch vor mir gesehen, mich dann für Zeichentrick interessiert und mit 16 meinen ersten Film gemacht.

Was fasziniert Sie als Regisseur und Showrunner an Fantasy?
Fantasy ist das Genre, das dem Medium Film den meisten Raum bietet. Die klassischen Tragödien bis zur Bibel sind sehr fantastisch angehaucht. Es geht um Götter und Dämonen, um Gut und Böse.

Diese Themen spiegeln die Grundzüge des menschlichen Seins sehr gut wider. In diesem Genre ist alles möglich, kann alles real sein. Das gibt mir die Möglichkeit, große Konflikte im Kleinen zu erzählen und andersherum. Für mich ist Fantasy Film pur.

Und der Reiz vom „Greif“?
Der „Greif“ hat ganz am Ende des Buches eine Aussage, die auch schon in der ersten Staffel angedeutet wird. Sie lautet: Man kann Hass nicht mit Hass bekämpfen. Der Kreislauf kann nur durch Liebe durchbrochen werden. Diese Wahrheit hat mich bereits als Kind begeistert.

Außerdem ist die Hauptfigur Mark im Buch etwa so alt, wie ich damals gewesen bin, sodass ich mich gut mit ihm identifizieren konnte. Mark muss sich in einer fantastischen Welt behaupten, die in unserer echten Welt stattfindet. Für mich war der „Greif“ darum schon immer ein Ausblick darauf, was man mit Geschichten alles machen kann.

In der ersten Staffel von „Der Greif“ muss Mark (Jeremias Meyer) seine Rolle als Weltenretter annehmen. Becky (Lea Drinda) hilft ihm dabei.
In der ersten Staffel von „Der Greif“ muss Mark (Jeremias Meyer) seine Rolle als Weltenretter annehmen. Becky (Lea Drinda) hilft ihm dabei.

© Amazon Prime Video

Die Botschaft, dass Hass nicht mit Hass bekämpft werden kann, klingt sehr aktuell.
Es hat nie Konflikten gemangelt, auf die diese Botschaft passen könnte. Es gab kein spezielles politisches Thema, aber in die Zeit fällt die Trump-Ära und die zunehmende Polarisierung nicht nur in den USA. Immer mehr Menschen halten andere Menschen für schlecht und böse und meinen, sie bekämpfen zu müssen, und schüren Hass. Das hat uns sehr beeinflusst.

Sie sprechen von einer ersten Staffel. Wird es eine Fortsetzung geben?
Als wir 2015 mit dem Konzept begonnen und die Rechte von Wolfgang Hohlbein erworben hatten, war das Projekt auf mehrere Staffeln ausgelegt. Der Roman ist in vier Elemente unterteilt. Wir haben die Serie ebenfalls für mehrere Staffeln ausgelegt. Alles Weitere hängt davon ab, wie gut die erste Staffel vom „Greif“ funktioniert.

Ohne Streamer wie Amazon wäre „Der Greif“ nicht möglich gewesen.

Sebastian Marka, Regisseur und Showrunner

Sie haben bei einer ganzen Reihe von „Tatort“-Krimis Regie geführt. Wie weit ist der Weg vom Sonntagabend-Krimi zur Fantasy-Serie?
Normalerweise wohl sehr weit. Vor dem „Greif“ haben wir mit „Exit“ schon einen recht erfolgreichen Science-Fiction-Film gemacht. Außerdem darf man nicht vergessen, dass der „Tatort“ die erfolgreichste deutsche Serie ist. Jeden Sonntag bis zu zehn Millionen Zuschauer sind selbst für amerikanische TV-Verhältnisse viel.

Das war schon eine gute Visitenkarte, zumal all unsere „Tatorte“ in einem bestimmten Genre gespielt haben. Dennoch wäre ohne Streamer wie Amazon der „Greif“ nicht möglich gewesen. Sonst wird jemanden, der so etwas zuvor noch nicht gemacht, ein solches Budget nicht anvertraut.

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Deutschland ist nicht gerade das Mutterland von Fantasy.
Es gibt gar nicht so wenig Fantastisches aus Deutschland. Auch „Das Parfum“ hat fantastische Elemente.

Da gibt es aber weder Dämonen noch Monster.
Okay, da wären wir eher bei Michael Endes Bestseller „Die unendliche Geschichte“. Dass Deutschland bei Fantasy sehr kritisch ist, hängt vielleicht damit zusammen, dass die Kunst wegen der Vergangenheit des Landes sehr lange Zeit verstehen, darstellen und verarbeiten wollte, was früher passiert ist. Zudem steht die Fantastik in Deutschland immer in dem Ruf des Kindlichen, des Märchens. Erst jetzt wird Fantasy langsam ernster genommen. In anderen Ländern wie in Spanien ist das anders. Dort gibt es eine starke Horror- und Fantasy-Tradition.

Die Branche wartet darauf, wie „Der Greif“ ankommt

Trotzdem war es nur eine Frage der Zeit, bis die Streamer Wolfgang Hohlbein entdeckten. Schließlich ist die Branche weiterhin auf der Suche nach einem Nachfolger von „Game of Thrones“.
Wenn ein Sender wie HBO eine so tolle Serie gemacht hat, weiß man, dass man so etwas wieder hinbekommen kann. Schlimmer ist es, wenn man sich die ganze Zeit abstrampelt, und damit nicht erfolgreich ist. Von vielen Kollegen weiß ich, dass einige Fantasy-Stoffe in der Pipeline sind und nun alle abwarten, wie „Der Greif“ ankommt.

Wie schwierig war es, die fantastischen Bilder aus dem „Greif“ mit aktueller Film-Technik umzusetzen?
Die Bilder, die ich im Kopf hatte, hatten nichts mit den technisch aufwendigen Sets zu tun. Da ging es häufig auch um die damit verbundenen Gefühle. Wir haben für den „Greif“ schon viel CGI genutzt. Aber die Gehörnten wollten wir nicht im Computer generieren, weil wir das Feeling aus unserer Jugend mit „E.T.“ und „Herr der Ringe“ wiederherstellen wollten.

Dafür brauchten wir aber sehr gute Schauspieler und belastbare Creatures-Performer – sie haben den Masken der Gehörnten dann Ausdruck und Emotion verliehen. Dass die Serie so geworden ist, wie sie jetzt ist, liegt am Herzblut von Hunderten von Leuten. Sie alle wollen beweisen, dass man in Deutschland durchaus Lust darauf hat, hochwertige Fantasy zu machen.

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