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Das „Paris Bar“-Bild von Martin Kippenberger, Version 1.

© Nachlass Martin Kippenberger

Gerechtes Urteil zum „Paris Bar“-Bild: Kopf und Hand finden endlich wieder zusammen

Unser Autor beobachtet Justitias Wirken in der Kunst. Ceci n'est pas un Kippenberger, muss es künftig faierweise heißen.

Ein Kommentar von Bernhard Schulz

„Ceci n'est pas une pipe“, hat René Magritte ein Gemälde betitelt, das genau das zeigt: eine Pfeife. Und das ist nicht die „Paris-Bar“, möchte man hinzusetzen, wenn man vor dem zwei mal vier Meter großen Gemälde steht, das das Innere eben dieses Charlottenburger Restaurants zeigt. Aber eben nicht die „Paris-Bar“ ist, auch wenn es geradezu einlädt, an einem der sauber eingedeckten Tische Platz zu nehmen.

Doch o je, es ist nicht nur nicht die „Paris-Bar“, es ist auch kein Gemälde von Martin Kippenberger. Der geniale Ideen-Produzent hatte doch, so glaubte man, eine von ihm auf der Rückwand des Lokals arrangierte Ausstellung mit Werken seiner Freunde abgemalt und für die Nachwelt festgehalten. Und dann hing das Bild jahrelang tatsächlich an der Wand, die es darstellt, bis es vor einigen Jahren in fremde Sammler-Hände überging.

Millionensumme bei Auktion

Mit einiger Verspätung ging es nun um die Urheberschaft an dem Gemälde – von dem es mittlerweile drei Versionen gibt. Derjenige, der bei allen den Pinsel schwang, zog vor Gericht, um seine Beteiligung an dem Opus einzuklagen. Es handelt sich um den Plakatmaler Götz Valien, der nach Fotos das Ur-Gemälde angefertigt hat, nicht ahnend, dass es fortan als echter Kippenberger präsentiert wurde und später bei einer Auktion eine Millionensumme einspielte.

Nicht ums Geld ginge es ihm, beteuerten Valien und sein Rechtsbeistand, der Berliner Urheberrechts-Papst Peter Raue. Sondern um die Mit-Nennung seines Namens. Die hat ihm das Landgericht München nunmehr per Urteilsspruch eingeräumt. Es habe, so die Begründung, in der Ausführung des ihm erteilten Auftrags zur Abmalung der erwähnten Fotografien „ein hinreichend großer Spielraum für eine eigenschöpferische Leistung“ bestanden, sodass ihm eine Miturheberschaft zuzusprechen sei.

Das Urteil des Landgerichts ist keine Petitesse. Es setzt die Tätigkeit jener ins Recht, die man bislang als bloße Zuarbeiter eines genialen Gedankens übergangen hat. Das ist nicht länger statthaft, jedenfalls nicht mit der Nonchalance, mit der Konzeptkünstler Kippenberger das Auftragswerk als seines durchgehen ließ. Wo immer man einer Version des Paris-Bar-Bildes künftig begegnen mag, wird man sagen: Ceci n'est pas un Kippenberger. Sondern eine Koproduktion. Kopf und Hand, im Münchner Gerichtsurteil finden sie endlich wieder zusammen.

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