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Annette Bening als Diana (l.) und Jodie Foster als Bonnie.

© KIMBERLEY FRENCH/NETFLIX

Das Sport-Biopic „Nyad“ im Kino: Zweieinhalb Tage lang schwimmen, ohne Pause

Die Ausnahme-Athletin Diana Nyad will von Kuba bis nach Florida schwimmen: In „Nyad“ wird sie von Annette Bening verkörpert, mit Jodie Foster als Coacherin.

160 Kilometer können sich ganz unterschiedlich weit anfühlen. Die Strecke von Berlin nach Leipzig? Okay. Aber von Kuba zu den Florida Keys, dem südlichsten Punkt der kontinentalen USA? Mit den Wassermassen des Golfs von Mexiko dazwischen, reißenden Strömungen, Haien, Quallen – und dann auch noch schwimmen?

Diana Nyad ist das alles egal. Sie will die 160 Kilometer unbedingt meistern, als erster Mensch überhaupt. Zweieinhalb Tage lang schwimmen, ohne Pause. Und das mit Anfang Sechzig. 

Mehr als drei Jahrzehnte, nachdem die Ausnahmeathletin es das erste Mal vergeblich versucht hat, lässt ihr Lebenstraum sie nicht los. Das Schwimmen hatte sie eigentlich längst aufgegeben und stattdessen Karriere als Sportkommentatorin gemacht. Die Netflix-Produktion „Nyad“ dürfte Diana Nyad nun auch über die USA hinaus bekannt machen. 

Das Regie-Duo Jimmy Chin und Elizabeth Chai Vasarhelyi zeichnet kein rein positives Bild der Hauptfigur. Die beiden zeigen auch, wie Nyad mit ihrem ausgeprägten Ego die Menschen in ihrem Umfeld vor den Kopf stößt. Aber auch, wie sie sie in den Bann schlägt. Annette Bening wirft sich mit Furor in die Rolle: Mehr als ein Jahr bereitete sie sich auf den Dreh vor, traf die echte Nyad, machte sich deren Schwimmstil und Intensität zu eigen. Wie sie zwischen Scharfsinn und Ich-Bezogenheit balanciert, gehört zu den Stärken dieser Filmbiografie. 

Chin und Vasarhelyi spiegeln die Egozentrik ihrer Hauptfigur, indem sie den Film voll auf Nyad ausrichten. Kein Wunder, denn das Drehbuch von Julia Cox basiert auf der Autobiografie der Extremsportlerin. Es frustriert aber auch, etwa im Hinblick auf die zentrale Nebenfigur Bonnie Stoll (Jodie Foster), Nyads beste Freundin und Coacherin. Über sie erfährt man nur, dass sie mal Champion im Racquetball war.

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Dank Fosters Performance wird Stoll dennoch als Figur greifbar, Die für die Schauspielerin so charakteristische Verkniffenheit durchsetzt sie mit feinem Witz und Charme. Auch die Chemie zwischen den Protagonistinnen ist wunderbar stimmig. Von den ersten Szenen an wird man hineingezogen in ihren Schlagabtausch. Die beiden hätten vor einer Ewigkeit mal eine Sekunde lang gedatet, heißt es im Film. Die Homosexualität der Frauen steht nie im Vordergrund, sie wird angenehm selbstverständlich miterzählt. 

Sobald die Tour de Force beginnt, verliert „Nyad“ jedoch an Schwung. Das liegt zum einen daran, dass sich die Schwimmerin wieder und wieder gezwungen sieht abzubrechen. Zum anderen ist Schwimmen nicht gerade die filmfreundlichste Sportart: Nyad krault isoliert neben dem Begleitboot vor sich hin. Jimmy Chin und Elizabeth Chai Vasarhelyi versuchen, dieses Dilemma zu lösen, indem sie in Nyads traumatische Jugend zurückblenden. Doch so sehr sie die Szenenschnipsel auch in das goldene Licht der Erinnerungs-Patina tauchen, sie fügen sich nicht zu einem erhellenden Ganzen. 

Organischer ordnet sich da das Bildmaterial der tatsächlichen Athletin ein, das zwischen die Spielszenen montiert ist. Damit schlägt das Regie-Paar (das auch privat liiert ist) eine Brücke zu seinen bisherigen Dokumentarfilmen. In Arbeiten wie der Kletter-Biografie „Free Solo“ (2018) oder dem Rettungstaucher-Drama „The Rescue“ (2021) ging es immer wieder um Menschen, deren Leidenschaft sie bis an die Grenze des Machbaren führt. 

Auch in „Nyad“ machen sie die Besessenheit und Entkräftung der Hauptfigur spürbar. Gleichzeitig wird man das Gefühl nicht los, dass sie bei ihrem ersten Spielfilm auf Nummer sicher gehen. Allzu bereitwillig halten sie sich an den Bauplan für ein Sport-Biopic mit Feelgood-Charakter. So verlässlich die Formel einen in die Bugwelle dieser Marathonschwimmerin zieht: „Nyad“ bleibt ein recht gewöhnlicher Film über eine außergewöhnliche Frau. 

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