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Schnell wird der Jäger zum Gejagten: Eine Szene aus „Die rote Nacht“.

© Illustration: Erik van Schoor

Mystery-Thriller meets Whodunit: „Die rote Nacht“ huldigt den B-Movies

Der Berliner Comiczeichner Erik van Schoor zeigt mit seinem selbstverlegten Debüt keine Angst vor großen Ambitionen.

Ein Vermisstenfall führt Robert Hanfeld, einen Agenten der „Schattendivision“, in eine abgelegene Villa. Hier hat sich eine mysteriöse Abendgesellschaft zusammengefunden, deren Mitglieder ihre Gesichter hinter Vogelmasken verbergen. Schnell wird dem bärtigen Ermittler im Trenchcoat klar: Zwischen Bankettsaal und Burggemäuern gibt es mehr aufzuklären als das Verschwinden einer jungen Frau. Unversehens wird der Jäger zum Gejagten.

Edgar Wallace war eine Inspiration

Erik van Schoor erzählt in seinem Comic „Die rote Nacht“ (Selbstverlag, zu beziehen über erikvanschoor.com, 300 S., 35 €) eine Mischung aus klassischem Whodunit und viktorianisch anmutendem Fantasy-Thriller. Der in Berlin lebende Autor nennt im Nachwort zu seinem fast 300 Seiten starken Debüt, an dem er fünf Jahre gearbeitet hat, die alten Edgar-Wallace-Verfilmungen der 50er und 60er Jahre als Inspirationsquelle. Was Setting und Personal angeht, ist das sicher richtig. Eine gehörige Portion „Geisterjäger John Sinclair“ ist aber auch dabei.

Puzzleteil für Puzzleteil wird der Plot freigelegt

Was nicht heißen soll, dass der Plot einfach gestrickt ist. Van Schoors Geschichte verlangt einiges an Aufmerksamkeit. Wie der Ermittler tappt die Leserschaft lange rätselnd durch den Comic, weil sich die wohldurchdachte, detailreiche Handlungswelt und die stark mit deren Historie verwobene Backstory nur Puzzlestück für Puzzlestück erschließt.

So führt van Schoor oft Namen und Titel ein, die erst später Bedeutung erhalten oder zeichnet Eigenheiten von Figuren, deren Ursprünge erst Dutzende Seiten später offenbart werden. So zum Beispiel die roten Nasen der unterdrückten Landbevölkerung oder Ränge und Aufgaben von Institutionen, deren Verstrickungen am Ende sogar als Cliffhanger zu möglichen Fortsetzungen funktionieren.

Fünf Jahre arbeitete van Schoor an seinem 300 Seiten starken Debüt, hier das Titelbild
Fünf Jahre arbeitete van Schoor an seinem 300 Seiten starken Debüt, hier das Titelbild

© Erik van Schoor

Der unheimlichen Stimmung dient auch die Kolorierung, derer sich der hauptsächlich als Storyboard-Artist arbeitende Autor bedient: Blaugrau ist der dominierende Farbton, von dem sich in den mit klarem Strich gezeichneten Bildern nur das dunkle Rot des Himmels und des Blutes abhebt. Eine gelungene Hommage an die B-Movies, die keine Angst vor großen Ambitionen hat.

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