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Patricia Schlesinger wurde im August 2022 fristlos als RBB-Intendantin entlassen.

© picture alliance/dpa/dpa-Zentralbild/Britta Pedersen

Badesalz für die Filmproduzentin, Kaminabende für die Gremien: Pflege der Senderlandschaft

Recherche rbb24 zeigt, wie die entlassene Intendantin mit Geschenken und Einladungen agierte - auf Kosten des Senders.

Ältere Leserinnen und Leser werden sich noch an die Flick-Affäre in den 80er Jahren der Bundesrepublik erinnern. Im Kern ging es um verdeckte Parteispenden des Flick-Konzerns. Dessen Manager Eberhard von Brauchitsch sagte damals, die Praktiken hätten der „Pflege der politischen Landschaft“ gedient.

Wurde jemand übersehen?

Auch die entlassene Intendantin des Rundfunks Berlin-Brandenburg (RBB), Patricia Schlesinger, hat während ihrer Amtszeit zahlreiche Menschen mit Geschenken und Einladungen beglückt: Kollegen, Führungskräfte, Politiker, Weggefährten oder andere ARD-Intendanten. Auch Essenseinladungen auf Kosten des Senders gab es offenbar reichlich, wie eine umfangreiche Recherche von Gabi Probst von rbb24 Recherche zeigt. Es sieht so aus, als wollte Schlesinger sich allgemeiner Sympathie versichern. Erhalten (kleine) Geschenke nicht die Freundschaft?

Eine kleine Auswahl aus der Vergabepraxis: Rechtsanwalt Peter Raue bekam von Schlesinger zu seinem 80. Geburtstag ein rotes Einstecktuch aus Seide, „made in France“, für 145 Euro geschenkt, das beim RBB als „Präsent“ abgerechnet wurde.. Auf Anfrage von Probst schrieb Raue, er habe das Geburtstagsgeschenk „als kleine Anerkennung“ für sein „Engagement im Kulturbereich des rbb“ angenommen. Am 12. Mai 2018 beauftragte Schlesingers Assistentin ein Weindepot in Düsseldorf, dem ARD-Sportkoordinator Axel Balkausky eine Flasche Wein für rund 40 Euro zu schicken. Als RBB-Präsent habe er das nicht erkannt, antwortete er auf Anfrage. „Ich dachte, es wäre ein privates Geschenk von Patricia Schlesinger.“ Man kenne sich seit 2007 aus alten NDR-Zeiten. Andere Personen erhielten „Präsente“ zum Geburtstag: Badesalz für eine Filmproduzentin, Blumen und/oder Wein für Botschafterinnen und Botschafter, bedacht wurden auch ein Operndirektor nebst Ehefrau, ein Sparkassenchef, Journalisten, Führungskräfte der Charité und die Intendantin der Berliner Philharmoniker. Letztere, Andrea Zietzschmann, bestätigte dies und auch zwei Abendessen im Haushalt Schlesinger: „Diese Abendessen hatten aber privaten Charakter“, sagte sie RBB-Rechercheurin Gabi Probst.

Auch Andrea Zietzschmann, Intendantin der Berliner Philharmoniker, wurde im Hause Schlesinger bewirtet.

© Thilo Rückeis TSP

Insgesamt sechs ARD-Intendanten wurden von der RBB-Chefin beschenkt: Manfred Krupp, Hessischer Rundfunk, bekam beispielsweise Wein für 95 Euro. Außerdem habe Frau Schlesinger ihm und seiner Partnerin im Sommer 2022 eine Hotelübernachtung nebst Karten für die Berliner Philharmoniker spendiert, bestätigte Krupp. Er selbst habe das als privates Geschenk zum Abschied als Intendant gesehen.

Auch im Sender durften sich der Verwaltungsdirektor Hagen Brandstäter, der Chef des Verwaltungsrates Wolf-Dieter Wolf wie auch die übrigen Mitglieder der RBB-Gremien über „Wohltaten“ der Intendantin freuen. Gerade bei den Kontrolleuren wollte Schlesinger ein Klima des Wohlfühlens herstellen. Es gab Kaminabende für die Gremien und sogar Weihnachtsfeiern - mit einem Buffet für 4.000 bis 5.300 Euro plus Weihnachtsgeschenke. Zuschüsse für Weihnachtsfeiern der RBB-Mitarbeiter werden laut Probst seit Jahren von der Geschäftsleitung abgelehnt..

Was folgt aus dieser Praxis? Waren die Präsente und Einladungen dienstlich veranlasst oder nicht? Laut Probst gehen die Strafrechtsexperten Martin Heger, Prodekan der Juristischen Fakultät der Humboldt-Universität, und Uwe Hellmann von der Potsdamer Universität davon aus, dass die „Präsente“ mutmaßlich gegen die RBB-Dienstanweisung verstoßen haben. „Die Abrechnung privater Aufwendungen für Präsente, Bewirtungen usw. unter Vortäuschung einer betrieblichen Veranlassung erfüllt die Voraussetzung des Betruges“, wird Hellmann zitiert. Wie „Präsente“ zu bewerten sind, muss letztlich die Generalstaatsanwaltschaft klären. Sie ermittelt, Resultate sollen Ende des Jahres vorliegen.

Für Schlesingers Anwalt, Ralf Höcker, ist das frühere Verhalten der Intendantin ohne Fehl und Tadel: „Jedes Mal, wenn Vorwürfe gegen Frau Schlesinger in sich zusammenfallen, werden flugs neue aus dem Hut gezaubert. Sollten auch diese vor Gericht landen, wird es nicht anders laufen. Frau Schlesinger hat keine Ausgaben veranlasst, die nicht dienstlich waren.“

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