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Wanderwege eines Fliesenmusters. Aus der Serie "Mental Map".

© Katrin von Maltzahn, VG Bildkunst Bonn 2022

Ausstellung Katrin von Maltzahn: Erinnerungen an ein fremdes Land

Vor drei Jahre besuchte die Berliner Künstlerin zum ersten Mal Japan. Die damaligen Eindrücke verselbständigen sich längst in ihrem Werk.

„Wandern und wundern“ könnte das Motto von Katrin von Maltzahns Japan-Aufenthalt im Frühjahr 2019 gewesen sein. Ein Sabbatical ermöglichte es der Professorin für Malerei und Zeichnung an der Bremer Kunsthochschule, zwei Monate lang das Land zu bereisen, ja, es sich zu erlaufen. Das Gesehene hat sich erst später in Zeichnungen und Aquarellen niedergeschlagen, in denen die gewonnenen Eindrücke noch einmal auf Wanderschaft geschickt wurden, sich abermals wandelten.

Wer bei Art Space, der Galerie von Claudia Delank, die Zeichnung mit ineinander greifenden Kreisen sieht, wird zunächst kaum auf die Idee kommen, dass sie von jenen Ringen inspiriert sind, die von den Ecken der Tempeldächer herabhängen und Regenwasser ableiten sollen.

Bei den „Shioya Findings“ macht jeder seine eigenen Entdeckungen

Bei den wie ein Puzzle zusammengefügten Ellipsoiden beginnt man schon zu ahnen, dass es sich um die Draufsicht eines Steingartens handeln könnte. Hat man sich erst einmal eingesehen, sind in den wellenartigen Formen die in Restaurants bereitstehenden Stäbchenbänke zu vermuten. Doch wissen muss man das nicht. Jeder kann seine eigenen Entdeckungen bei den „Shioya Findings“ machen (je 2500 €).

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Katrin von Maltzahn benutzte die Reiseimpressionen, um sich abzustoßen, ihrer Fantasie freien Lauf zu lassen. Die in der Töpferstadt Seto gewonnene Erkenntnis, dass die Muster auf Porzellanfliesen aus Europa stammen, gab ihr die Freiheit, sie weiter mäandern zu lassen. Ihrem Lieblingsstück, eine Fliese mit kobaltblauem floralem Dekor auf weißem Grund, der bereits eine Ecke fehlte, hat die in Berlin lebende Künstlerin eine sechsteilige Aquarellserie gewidmet (zusammen 12 000 €). Mal taucht das an einen Kompass erinnernde Muster multipliziert auf, mal verzerrt es sich, dann schwimmt es wieder weiter in Blau, Grün und Rot. Ähnlich hat sich von Maltzahn von den Eindrücken treiben lassen. Der Titel lautet „Mental Map“.

Diese Technik des Flottierens, der freien Assoziation und des doch sehr präzisen Blicks, wendet die Künstlerin auch bei ihrem im April bei Textem erscheinenden Japanbuch an, in das ebenfalls ihre Papierarbeiten eingehen. Insgesamt 229 Begriffe sind in dem Glossar aufgeführt, die sich kreuz und quer vernetzen: Erinnerungen an Orte, Gegenstände und Geschichten.

Das Buch ist eine Hommage an Land, das ungeheuer inspiriert

Darin kommt ebenso ein 400-jähriger Bonsai vor, der sich heute im National Aboretum in Washington befindet, wie die Namensfindung für einen Asteroiden, der seit einem öffentlichen Wettbewerb nach dem Unterwasserpalast des Meeresgottes Ryujin benannt ist. Das Buch ist eine Hommage an ein Land, das der Künstlerin fremd blieb und sie doch ungeheuer inspirierte.

Mit Hinweisen hatte sie zuvor Alexa Daerr versorgt, die immer wieder über längere Zeit in Japan gelebt hat und sich bestens auskennt. Von ihr sind parallel bei Delank Künstlerbücher zu sehen: Seite für Seite kleine abstrakte Kompositionen aus Fundstücken, Fetzen von Japanpapier, Bändern.

[Art Space, Bleibtreustr. 15-16; bis 12. März mit Zeitfenster: www.delank.com]

„Japan Connection“ ist ihre Gemeinschaftsausstellung überschrieben. Für Katrin von Maltzahn bleibt die Verbindung bestehen. Ein zweiter Besuch musste vor zwei Jahren wegen Corona abgesagt werden, einen Tag vor dem Shutdown. Seitdem schickt sie ihre Erinnerungen auf Reisen. 

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