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Selten war Action gekonnter, selten war sie dubioser als in „Citadel“.

© Amazon Prime Video

Action-Serie „Citadel“: Kämpfer gegen das Böse

In der virtuosen Amazon-Prime-Serie werden aus zwei Unterwäschemodels Super-Spione wie in „Mission Impossible“.

Zugegeben, es ist verkopft und bieder, Actionformte realistisch zu bewerten, aber gut: In der Amazon-Prime-Serie „Citadel“ (ab Freitag) kassiert Richard Madden („Game of Thrones“) als Superspion Mason Kane bei einer Bordkloprügelei gut 250 Volltreffer, um seiner Kollegin Nadia Sinh (Priyanka Chopra Jonas) beim folgenden Feuergefecht mit 25 Gegnern zu helfen, worauf beide im brennenden Zug 2500 Meter die Alpen abwärts stürzen und synchron Gedächtnisverlust erleiden.

Amnesie geht eben – wie Zeitreise, Zwilling, Albtraum – immer, falls Geschichten auf geradem Wege nicht vorwärtskommen. Fortan führen die schlagkräftigen Unterwäschemodels also acht Jahre lang spießige Zweitexistenzen, als ihr Ex-Boss (Stanley Tucci) sie im Kampf gegen das schießwütige Ganovenheer einer 007-artigen Geheimorganisation reanimiert. Solchen Unfug denkt sich halt aus, wer wie Showrunner Josh Applebaum Testosteronduschen à la „Mission Impossible“ installiert, also keine Scheu vor Logiklücken hat.

Sechs Folgen lang zeigt Autor David Weil folglich eine Fantasiewelt physischer Konfliktlösungsstrategien, die Newton Thomas Sigel mit Special Effects und Bildern aus dem Computer, tollen Stunts und züchtigem Sex virtuos in Szene setzt. Alles sehr professionell. Verstörend an der keimfreien Oberfläche ist nur, wie sie Donald Trumps Verschwörungsgefasel vom Deep State reproduziert, der mithilfe großer Konzerne Allmacht anstrebt und dafür über Leichen geht.

Wer diese Art Eskapismus mag, lenkt sich womöglich auch mit Enthauptungsvideos von der Realität ab, findet Waffengesetze verweichlicht und die Demokratie sowieso. Selten war Action gekonnter, selten war sie dubioser.

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