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Polnische Ermittler konnten die geplanten Anschläge auf Züge offenbar verhindern.

© Imago/piemags

Ukraine-Invasion Tag 541: Russland soll Anschläge auf Waffenzüge in Polen in Auftrag gegeben haben

Das russische Ziel war offenbar, die Lieferungen in die Ukraine zu sabotieren. Dafür konnten sie demnach auch ukrainische Flüchtlinge gewinnen. Der Nachrichtenüberblick am Abend.

Der Westen unterstützt die Ukraine mit massiven Waffenlieferungen in ihrem Abwehrkampf gegen Russland – naturgemäß zum Missfallen Moskaus. Die „Washington Post“ berichtet nun, wie russische Kräfte versucht haben sollen, solche Lieferungen zu verhindern (Quelle hier). Dazu hat die Zeitung mit Dutzenden Sicherheitsbeamten in Polen, der Ukraine und den USA gesprochen sowie Dokumente und Social Media durchforstet.

Demnach soll Russland über Soziale Netzwerke versucht haben, ein Netz aus Amateuren für Sabotage- und Brandstiftungsaktionen, aber auch Mord zu gewinnen. Die polnischen Behörden hätten die Pläne aber vereiteln können. Das soll laut dem Bericht folgendermaßen abgelaufen sein: Anfang des Jahres sollen Anzeigen in Telegram-Kanälen aufgetaucht sein, die von Flüchtlingsgruppen in Polen genutzt werden – verstreut zwischen Jobangeboten, Wohnungstipps und anderem.

Angeboten worden seien Tätigkeiten wie das Verteilen von Flugblättern oder das Aufhängen von Schildern an öffentlichen Plätzen mit Inhalten wie „Nato go home“ oder „Polen ist nicht die Ukraine“ für ein geringes Entgelt. Also schlicht das Verbreiten von pro-russischer Propaganda. Das soll laut polnischen Beamten aber nur einem Zweck gedient haben: Die Bereitschaft der Angeworbenen für weitere Tätigkeiten zu testen.

Wer via Fotos nachweisen konnte, was er getan hatte, soll für weitere Aufträge angeworben worden sein: etwa, mit Handys und Kameras, die sie über tote Briefkästen erhielten, aus ganz Polen Berichte und Fotos von Bahnhöfen, Flugplätzen und Seehäfen zu liefern. Laut den polnischen Ermittlern habe es dann im März die Anweisung gegeben, Züge mit Waffen in die Ukraine entgleisen zu lassen.

Russlands Geheimdienst könnte dahinter stecken

Die polnischen Beamten gehen laut dem Bericht davon aus, dass der russische Geheimdienst GRU hinter den Aktionen steckt. Russlands Ziel soll es demnach gewesen sein, die zum größten Teil durch Polen laufenden Waffenlieferungen für die Ukraine zu unterbrechen.

Der Fall sei auch politisch heikel für Warschau, schreibt die „Washington Post“, weil sich unter den Festgenommenen neben Russen und Belarussen zwölf ukrainische Flüchtlinge befanden. Die Beamten hätten betont, dass diese zwar meist aus der Ostukraine stammen, aber offenbar mehr durch das angebotene Geld als durch eine pro-russische Haltung motiviert gewesen seien.

Die wichtigsten Nachrichten des Tages:

  • In seinem neuesten Front-Update stellt der US-Thinktank ISW die taktische Bedeutung der ukrainischen Erfolge bei Robotyne dar. Doch der US-Geheimdienst ist laut einem Bericht wenig optimistisch. Kann die Ukraine Russlands dreifache Verteidigungslinie durchbrechen?  Mehr dazu hier.
  • Die USA genehmigen nach eigenen Angaben die Entsendung von F-16-Kampfjets aus Dänemark und den Niederlanden in die Ukraine zur Verteidigung gegen Russland, sobald die Pilotenausbildung abgeschlossen ist. Das teilt ein US-Regierungsvertreter mit. Mehr dazu lesen Sie hier.
  • Die Regierung in Kiew rechnet damit, dass die Ukraine bis Oktober alle Voraussetzungen für den Beginn der geplanten Verhandlungen über einen EU-Beitritt erfüllen kann. Man arbeite weiter daran, die Bedingungen umzusetzen, sagte Vizeministerpräsidentin Olha Stefanischyna. Mehr hier.
  • Der Fund einer nicht explodierten russischen Rakete in der nordukrainischen Region Sumy könnte auf eine Munitionsknappheit der russischen Truppen hinweisen, berichtet „Bloomberg“. Demnach mache das Produktionsdatum des Projektils stutzig. Mehr dazu erfahren Sie hier.
  • Die Ukraine hat eine neue Werbekampagne zur Rekrutierung von Soldaten gestartet. Darüber berichtet „Reuters“. Die Kampagne bestehe aus „hochwertig produzierten Videos und Fotoreportagen“. „Tapferkeit besiegt die Angst“, laute demnach einer der Slogans. Mehr im Newsblog.
  • Angesichts der von Russland angedrohten Angriffe auf zivile Schiffe an der ukrainischen Schwarzmeerküste bietet sich Rumänien als Drehkreuz für ukrainische Getreideexporte an. „Wir hoffen, dass mehr als 60 Prozent der gesamten ukrainischen Getreideexporte Rumänien durchqueren werden“, sagte Ministerpräsident Marcel Ciolacu.
  • Ukrainischen Kräften ist es nach russischen Angaben gelungen, zwischenzeitlich auf das russisch kontrollierte Ostufer des Flusses Dnipro vorzudringen. Ukrainische „Sabotagegruppen“ hätten sich in den Außenbezirken der Ortschaft Kosatschi Laheri verstecken können, hieß es. 
  • Der ukrainische Botschafter in Deutschland, Oleksii Makeiev, hofft auf eine rasche und positive Entscheidung zur Lieferung deutscher Taurus-Marschflugkörper für sein Land. „Ich hätte es gern, wenn die Diskussion nicht so lange dauert wie die ganze Leoparden-Diskussion“, sagte er.
  • Die ukrainischen Streitkräfte sollen Angaben des „Militry Media Centers“ zufolge am Donnerstag sieben russische Stellungen angegriffen haben. Die Angriffe seien gegen „Konzentrationsgebiete von Personal, Waffen und militärischer Ausrüstung“ gerichtet gewesen.
  • Ein im ukrainischen Odesa gestartetes deutsches Containerschiff hat Istanbul erreicht. Die „Joseph Schulte“ durchfuhr am Freitag den Bosporus, wie ein Reuters-Augenzeuge berichtete. Die Meerenge verbindet das Schwarze Meer mit dem Mittelmeer.
  • Die FDP-Verteidigungsexpertin Marie-Agnes Strack-Zimmermann hat sich für eine schnelle Entscheidung zur Lieferung von Taurus-Marschflugkörpern ausgesprochen. Sie sagte im ARD-„Morgenmagazin“: „Wir entscheiden, und wir müssen schnell entscheiden.“ 
  • Moskau hat offiziellen Angaben zufolge erneut einen Drohnenangriff unweit des zentralen Wolkenkratzerviertels Moskwa City abgewehrt. Der unbemannte Flugkörper sei gegen 4 Uhr am Freitagmorgen (3 MESZ) von der Luftabwehr abgeschossen worden.
  • Präsident Wolodymyr Selenskyj hat für den Herbst ein „Forum der Rüstungsindustrie“ in der Ukraine angekündigt. „Zum ersten Mal wird auf der Staatsebene eine Veranstaltung von solchem Ausmaß stattfinden“, sagte Selenskyj bei seiner täglichen Abendansprache.
  • Ein US-Bürger ist in Russland auf Anordnung eines Gerichts wegen des Verdachts der Spionage in Untersuchungshaft genommen worden. Der in Russland geborene Gene Spector habe sich schuldig bekannt, berichtete die russische Nachrichtenagentur Interfax. 

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