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Dieses vom Fulton County Sheriff’s Office zur Verfügung gestellte Foto zeigt Donald Trump.

© dpa/Uncredited

Trumps perfides Spiel: Der ehemalige Präsident schlägt aus dem Fahndungsfoto Kapital

Donald Trump ist ein Meister des Marketings und schafft es, sich mit dem Strafverfahren in Georgia zu inszenieren. Seine Anhänger sind begeistert.

Ein Kommentar von Anja Wehler-Schöck

Was bislang die Spezialität von Gangster-Rappern war, macht jetzt ein ehemaliger Präsident – und sogar einer, der es nochmal werden möchte. Donald Trump lässt sich von seinen Fans für sein Fahndungsfoto feiern, das er am Donnerstag in Atlanta machen musste. In dem Strafverfahren muss er sich unter anderem wegen Wahlbetrugs verantworten.

Wenn Trump eines kann, dann ist es Marketing. Er weiß, wie man Dinge verkauft. Es war klar, dass er den „Fototermin“ im Bundesstaat Georgia gnadenlos für sich ausschlachten würde. Sie möchten das Konterfei des Angeklagten gerne auf einem T-Shirt tragen? Ab 47 Dollar sind Sie dabei.

Die Trump-Maschinerie läuft. In den nächsten Tagen wird das Bild auf allen erdenklichen Devotionalien zu erhalten sein und ordentlich Geld in Trumps Wahlkampfkassen spülen. Man kann sich lebhaft vorstellen, wie der Narzisst zu Hause vor dem Spiegel den Gesichtsausdruck für das Foto geübt hat.

Seine Rückkehr zu Twitter hat Trump perfekt getimed, um den „mug shot“ – wie das Fahndungsfoto in den USA heißt – zu verbreiten. „Never Surrender!“, schrieb er dazu. Der Rückgriff auf Churchill – was eine Anmaßung.

Das Fahndungsfoto hat in den USA einen hohen Symbolwert. Es zeigt für alle erkennbar: Hier hat jemand das Recht gebrochen. Mit der Veröffentlichung des Bilds werden die Beschuldigten gewissermaßen an den Pranger gestellt. Es ist klar – man hat etwas getan, für das man sich schämen sollte. Trump betreibt eine gnadenlose Umwidmung. Am Pranger steht bei ihm der Staat. Er nutzt den Strafprozess als weitere Bühne, sich zu inszenieren.

Auch schon vor Trump haben manche Berühmtheiten mit ihren Fahndungsfotos kokettiert. Al Capones ist längst Legende. Justin Biebers Lächelbild ging viral.

Doch es ist ein historischer Einschnitt für die USA, wenn ein ehemaliger Präsident – eine Person, die an der Spitze der staatlichen Institutionen stand – auf diese Weise zelebriert, sie mit Füßen getreten zu haben. Hier geht es auch nicht um „Kavaliersdelikte“, als die manche Stars vielleicht ihre Fehltritte abtun, oder um politischen Widerstand aus Gesinnungsgründen. Trump werden schwere Verbrechen vorgeworfen, die einzig und allein das Ziel hatten, seinen Machterhalt zu sichern.

Schon ab 47 Dollar gibt es ein T-Shirt mit Trumps Fahndungsfoto.

© winred.com

Ähnlich wie die Fotos vom Sturm aufs Kapitol verbildlicht der „mug shot“ den tiefgreifenden Respektverlust gegenüber den Institutionen, für den Trump steht. Während seiner Amtszeit machte er vor kaum einem Mittel halt, um rechtsstaatliche Mechanismen zu diskreditieren und zu schwächen.

Wie sehr er damit seine Partei geprägt – und ihr damit geschadet – hat, hätte die Fernsehdebatte am Mittwochabend – der Trump ferngeblieben war – nicht besser zeigen können. Es diskutierten acht Republikaner, die sich Hoffnungen auf die Präsidentschaftskandidatur machen. Oder sich allem Anschein nach vielleicht auch nur um das Amt des Vizepräsidenten bewerben wollen.

Es war kaum mit anzusehen, als sechs von acht Republikanern die Hand hoben, um die Frage zu bejahen, ob sie Trump auch als verurteilten Verbrecher weiter als Präsidenten unterstützen würden. Nur die ehemaligen Gouverneure von New Jersey und Arkansas, Chris Christie und Asa Hutchinson, zeigten Rückgrat und verneinten.

Wenn die zentralen Akteure einer der beiden großen US-Parteien das Strafrechtssystem mehrheitlich derart infrage stellen, ist das dramatisch. Noch dazu, wenn es sich um Vertreter einer Partei handelt, die einst für eine starke Strafjustiz stand. Es wirft die Frage auf, ob der Grundkonsens, auf dem die USA gebaut sind, ins Wanken geraten könnte.

Strafjustiz zielt immer auch auf Abschreckung. Das scheint zumindest für einen Teil der amerikanischen Bevölkerung gründlich misslungen. 2016 prophezeite Trump bei einer Wahlkampfveranstaltung in Iowa, dass er auf der Fifth Avenue in New York jemanden erschießen könne und trotzdem keine Wähler verlieren würde.

Zwar wird Trump kein Mord vorgeworfen, aber im Grundsatz hat er recht. Seine Anhänger bleiben unbeirrt. Sie feiern ihren Helden. Den Mann, der dem Staat den Kampf ansagt.

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