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Gaza-Stadt: Raketen werden von militanten Palästinensern aus dem Gazastreifen auf Israel abgefeuert.

© dpa/Hatem Moussa

Terrorangriffe der Hamas auf Israel: Wie konnte das passieren?

Nach Angriffen der Hamas auf Israel zu Luft und an Land mehren sich Stimmen, die fragen: Warum war das Land nicht darauf vorbereitet?

Von Jannik Grimmbacher

| Update:

Während der Terror der Raketenangriffe und Attentate in Israel zum üblen Alltag geworden ist, wurden viele Israelis von den Geschehnissen am Samstagmorgen überrascht. Die Hamas hatte einen beispiellosen Angriff auf Israel mit Tausenden Raketen und Kämpfern am Boden gestartet.

Die israelische Polizei gab bekannt, dass an 21 Orten innerhalb Israels gekämpft werde. Israelische Medien berichteten von Hamas-Kämpfern, die in israelischen Grenzorten patrouillierten, dort in Häuser eindrangen und Geiseln nahmen.

Dass die Al-Qassam-Brigaden der Hamas fähig sind, die streng bewachte Grenze des Gazastreifens zu durchbrechen und ganze israelische Dörfer und Städte einzunehmen, schien schlicht nicht vorstellbar.

Nun stellt sich die Frage: Wie konnte es sein, dass Israel, ein Staat mit einem der mächtigsten Geheimdienstapparate der Welt, so von einer Terrormiliz überrascht werden konnte?

Laut einem Bericht der „The Times of Israel” gingen die israelischen Verteidigungsstreitkräfte (IDF) in den letzten Jahren davon aus, dass die Hamas von größeren Anschlägen in Israel absehen würde, weil sie die israelische Antwort fürchtete.

Erst vergangene Woche, so berichtet das israelische Blatt „Haaretz”, schätzten hochrangige Sicherheitsbeamte die Lage so ein, dass die Hamas einen Krieg mit Israel vermeiden wollte, um das Leben im Gazastreifen für seine Bewohner nicht unangenehmer zu machen, als es ohnehin sei.

Offenbar war die Hamas organisierter und allen voran entschlossener, als es sich die israelischen Geheimdienste und Generäle vorstellen konnten. Laut „Guardian“ konnte die Hamas trotz der strengen israelischen Kontrolle unabhängige militärische Kommunikationssysteme in Gaza einrichten. Israelischen Medienberichten zufolge bereitete sich die Regierung am Samstag auch auf Cyberangriffe vor.

Die BBC sprach von einem „kolossalen Versagen der israelischen Geheimdienste”. Israel habe Informanten in allen militanten Gruppen, doch es scheint „am Steuer zu schlafen”, schrieb das britische Medium. Der „Guardian“ beschuldigte den israelischen Ministerpräsidenten Benjamin Netanjahu, durch seinen „sinnlosen und eigennützigen Konflikt“ um seine Justizreform und Korruptionsvorwürfe die öffentliche Debatte überlagert zu haben. Zahlreiche Reservisten der Armee hätten daraufhin gedroht, ihren Dienst zu verweigern, so das Blatt.

Auch in der israelischen Öffentlichkeit wird der Unmut über die Verteidigung des Landes lauter. Im Fernsehsenders Channel 12 monierte Eli Maron, der ehemalige Chef der israelischen Marine: „Ganz Israel fragt sich: Wo ist die IDF, wo ist die Polizei, wo ist die Sicherheit?“ Auch er sprach von einem „kolossalen Versagen“.

Auch der ehemalige Geheimdienstchef der IDF meldete sich dort zu Wort. Er verglich den Angriff mit dem Jom-Kippur-Krieg vor 50 Jahren, der ebenfalls durch ein Versagen der Geheimdienste gekennzeichnet war.

Warum die Geheimdienste vom Angriff der Hamas überrascht werden konnten, wird nach dem Ende der Kämpfe untersucht werden, vermutete der ehemalige israelische Justizminister Yossi Beilin. „Ich glaube, dass es nach dem Ende der Anschläge Untersuchungen geben wird und den Leuten harte Fragen gestellt werden, und schließlich wird es Entscheidungen geben“, sagte Beilin gegenüber dem Nachrichtensender Al Dschasira.

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