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Rettungskräfte suchen nach Verschütteten in einem durch einen russischen Raketenangriff zerstörten Haus.

© IMAGO/UKRINFORM/IMAGO/Mykola Miakshykov

Russlands Krieg Tag 358: Der Wiederaufbau der Ukraine als lukratives Geschäft

Russische Cyberangriffe in Nato-Ländern vervierfacht, Russland kann sich offenbar kaum auf seine Luftwaffe verlassen. Der Überblick am Abend.

In der Nacht zu Donnerstag hat Russland wieder einmal Raketen und Marschflugkörper auf die Ukraine abgefeuert – und dabei Wohnhäuser getroffen. Nach Angaben der ukrainischen Behörden kam in Pawlohrad im Gebiet Dnipropetrowsk eine 79 Jahre alte Frau infolge eines Raketeneinschlags ums Leben.

Acht Personen wurden verletzt, 50 Wohnhäuser und ein Industriebetrieb beschädigt. Auch in anderen Gebieten, wie etwa in der Westukraine in Lwiw, griffen die Russen mit Raketen die Infrastruktur der Ukraine an.

Fast ein Jahr nach Beginn der russischen Invasion ist der Krieg also noch lange nicht beendet. Und doch wird schon über das Danach nachgedacht. Nicht nur politisch. Es sind nicht wenige, die hoffen, aus der Not in der Ukraine Profit schlagen zu können. Klingt makaber, doch für viele Unternehmen ist der Wiederaufbau der Ukraine ein lukratives Geschäft.

Die „New York Times“ nennt die Ukraine „die größte Baustelle der Welt“. Unternehmer würden sich für einen „Multimilliarden-Dollar-Goldrausch“ positionieren. Schulen, Krankenhäuser, Straßen, Schienen, Fabriken – es gibt unfassbar viel Infrastruktur, die neu errichtet werden muss. Von lettischen Dachdeckunternehmen, südkoreanischen Handelsspezialisten und Betonwerksbetreibern aus Deutschland schreibt die Zeitung.

Mehr als 300 Unternehmen aus 22 Ländern sollen sich bei der Konferenz „Rebuild Ukraine“ angemeldet haben. Allein in Frankreich sollen im Dezember 700 Unternehmen zu einer Konferenz zum Wiederaufbau, organisiert vom französischen Präsidenten, gekommen sein.

Sergiy Tsivkach von „UkraineInvest“, einem Regierungsbüro zur Anwerbung von Investitionen, sagte gegenüber der „NYT“: „Alle sagen: Wir wollen beim Wiederaufbau der Ukraine helfen. Aber wollen sie ihr eigenes Geld investieren oder Dienstleistungen oder Waren verkaufen? Das sind zwei verschiedene Dinge.“

Wie viel Mittel letztlich wirklich zur Verfügung stehen werden, wird vom Westen abhängen; davon, wie viel die USA und die EU bereit sein werden zu zahlen, welche Banken mitziehen. Bleibt zu hoffen, dass die Ukrainer von dem Geld profitieren und nicht bloß die Konten der Unternehmer gefüllt werden.

Die Nachrichten des Tages im Überblick:

  • Über Kiew sind zuletzt mehrere Ballons abgeschossen worden, teilten die Behörden mit. Ein Sprecher der ukrainischen Luftstreitkräfte sagt, Russland wolle so die „Luftverteidigung identifizieren“ und von Drohnen ablenken. Mehr dazu lesen Sie hier.
  • Russische Cyberangriffe in Nato-Ländern haben sich nach Angaben der Suchmaschine Google im vergangenen Jahr im Vergleich zu 2020 vervierfacht. In der Ukraine verdreifachte sich die Zahl im gleichen Zeitraum, teilte das US-Unternehmen mit. Mehr dazu erfahren Sie hier.
  • Ein Reservist der russischen Armee taucht seit Monaten unter, um nicht kämpfen zu müssen. Lieber gehe er in den Knast, als an die Front, sagt er. Hier lesen Sie den Bericht des Wehrdienstverweigerers.
  • Russland kann sich nach Einschätzung britischer Geheimdienste weiterhin kaum auf seine Luftwaffe verlassen. Zwar hätten russische Kampfflugzeuge zuletzt wieder mehr Angriffe geflogen, teilte das Verteidigungsministerium mit. Allerdings könnten sie ihre eigentliche Schlüsselrolle nicht ausüben. Mehr hier.
  • Seit dem russischen Überfall auf die Ukraine sind im vergangenen Jahr rund 1,1 Millionen Menschen von dort nach Deutschland gekommen. Das teilte das Statistische Bundesamt auf Grundlage einer vorläufigen Datenauswertung mit. Mehr dazu lesen Sie hier.
  • Russische Quellen deuten an, dass die ukrainische Armee in der Region Cherson Gebiete östlich des Flusses Dnipro eingenommen hat. Das schreibt das Institute for the Study of War (ISW) in dessen täglichen Bericht. Dies und mehr in unserem Newsblog.
  • Der israelische Außenminister Eli Cohen hat als erster ranghoher Politiker Israels seit Kriegsbeginn die Ukraine besucht. Nach einem Treffen mit Außenminister Dmytro Kuleba kündigte er an, Israel werde mit bis zu 200 Millionen Dollar Projekte im Gesundheitswesen und in der zivilen Infrastruktur mitfinanzieren.
  • Russland hat als Antwort auf die Ausweisung russischer Diplomaten in Wien vier Mitarbeiter der österreichischen Botschaft in Moskau des Landes verwiesen. „Sie müssen das Territorium des Landes bis Ablauf des 23. Februar verlassen“, heißt es in einer Mitteilung des russischen Außenministeriums.
  • Nach Angaben der britischen Regierung haben inzwischen 10.000 Ukrainer in Großbritannien ein Militärtraining absolviert. Das meldete die britische Nachrichtenagentur PA am Donnerstag unter Berufung auf Regierungsangaben.
  • Das Europaparlament hat die EU-Länder aufgefordert, die Lieferung von Kampfflugzeugen an die Ukraine ernsthaft zu prüfen. Das geht aus einer verabschiedeten Entschließung hervor. Zudem seien ernsthafte Überlegungen zur Lieferung von Hubschraubern, Raketensystemen und mehr Munition nötig. 
  • Der Generalinspekteur der Bundeswehr, Eberhard Zorn, erwartet, dass die von Deutschland zugesagten Schützen- und Kampfpanzer bereits im kommenden Monat in der Ukraine sein werden. Das schrieb Zorn auf Twitter.
  • Der Chef der Söldnertruppe Wagner, Jewgeni Prigoschin, geht nach eigenen Worten von einer Eroberung der seit Monaten heftig umkämpften ostukrainischen Stadt Bachmut erst im „März oder April“ aus. Er macht die „monströse Militärbürokratie“ für das langsame Vorankommen verantwortlich.
  • Belarus würde sich der russischen Offensive in der Ukraine nach Angaben von Machthaber Alexander Lukaschenko nur dann anschließen, wenn es selbst zuvor von der Ukraine angegriffen würde. Das sagte Lukaschenko bei einer Pressekonferenz für ausländische Journalisten in Minsk. 
  • Weil die Ukraine so schnell Munition im Krieg verbrauchen würde, muss das Pentagon jetzt seine Waffenbestände überprüfen und eventuell seine Militärausgaben erhöhen. Ds sagte der ranghöchste US-Offizier der „Financial Times“. 
  • In einer nächtlichen Angriffswelle hat das russische Militär 36 Raketen und Marschflugkörper auf die Ukraine abgefeuert. „Leider gibt es Treffer im Norden, Westen und in den Gebieten Dnipropetrowsk und Kirowohrad“, teilte der Leiter des Präsidentenbüros, Andrij Jermak, im Nachrichtenkanal Telegram mit. 

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