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K-52-Hubschrauber fliegen in Formation bei der Parade zu Ehren des Sieges 2020.

© IMAGO/Pond5/Uncredited

Putins Leopard-Jäger: Der russische „Alligator“-Helikopter zwingt die Ukrainer in die Deckung

Sie sind einer der Gründe für den verlangsamten Vormarsch der Ukrainer. Doch was macht die russischen Angriffshelikopter vom Typ „Alligator“ so besonders? Und wo liegen die Schwächen?

Seit Beginn der ukrainischen Gegenoffensive im Süden des Landes hat Russland seine Kampfhubschrauber-Kräfte in der Region verstärkt.

„Bildmaterial zeigt, dass mehr als 20 zusätzliche russische Hubschrauber auf dem Flughafen Berdjansk, etwa 100 km hinter der Frontlinie, stationiert sind“, heiß es im Lagebericht des britischen Verteidigungsministeriums vom Wochenende.

Insgesamt soll die russische Armee dort nun auf 27 Hubschrauber zurückgreifen können, schreibt die US-Denkfabrik „Institute for the Study of War“ (ISW) in ihrem Lagebericht. Darunter fünf Ka-52-Hubschrauber – den sogenannten „Alligator“ –, neun Mi-8- oder Mi-24- und 13 Ka-29-Hubschrauber.

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„Alligator“-Helikopter beschädigen ukrainische Panzer

Der „Alligator“ soll unter anderem für den aufsehenerregenden Angriff auf eine Panzerkolonne der ukrainischen 47. Brigade verantwortlich gewesen sein, schreibt die „Financial Times“. Dabei wurden Anfang Juni drei US-amerikanische Bradley-M2-Schützenpanzer beschädigt.

Ein weiterer und ein aus deutscher Produktion stammender Leopard-Panzer vom Typ 2A6 wurden beim Rückzug der Ukrainer zurückgelassen, wie der Oryx-Blog berichtet. Oryx zählt seit Beginn des Angriffskrieges die Materialverluste auf beiden Seiten.

Unterdessen gibt der ukrainische Präsident Wolodymyr Selenskyj zu, dass die ukrainische Gegenoffensive „langsamer als gewünscht“ verläuft.

Die britische BBC zitiert aus einem Interview: „Einige Leute denken, das ist ein Hollywood-Film und erwarten jetzt Ergebnisse, das ist es nicht.“ Unter anderem verantwortlich dafür, dass die ukrainischen Kräfte langsamer vorstoßen als erwartet, sind die russischen Luftangriffe auf die Befreier, vor allem mit den Helikoptern.


Was macht den „Alligator“-Helikopter so besonders?

Sofort ins Auge fällt der Koaxialrotor des Kamov Ka-52 „Alligator“ Helikopters. Die zwei übereinander liegenden Hauptrotoren machen damit einen Heckrotor unnötig.

„Dies erhöht die Überlebensfähigkeit auf dem Schlachtfeld“, heißt es auf der Militärfachseite „Militaryfactory“ über den ab 1994 entwickelten Angriffshubschrauber. Für seinen Jungfernflug sei der Ka-52 am 25. Juni 1997 abgehoben.

Ein K-52-Hubschrauber vor einem Übungsflug auf einem Militärflugplatz in der Stadt Kubinka, Region Moskau (Archivbild)

© imago/ITAR-TASS/Valery Sharifulin

Der „Alligator“ könne zudem mit einer Höchstgeschwindigkeit von 300 km/h fliegen und habe eine Reichweite von 1.100 Kilometer um seinen Stützpunkt, schreibt die Fachseite weiter.

Im Kampf könne er etwa 460 Kilometer zurücklegen und bis zu einer Höhe von 5.500 Metern steigen.

Die zwei Besatzungsmitglieder – das Vorgängermodell hatte nur einen Sitz – können auf eine breite Palette an Systemen zurückgreifen. Der Ka-52 verfüge über eine Radaranlage und könne bei jedem Wetter – und auch in der Nacht operieren, schreibt „Militaryfactory“. Viele Systeme seien zudem automatisiert.

Bordseitige Gegenmaßnahmen wie Signaturreduzierung, Leuchtspurgeschosse sowie die Panzerung der Besatzung und kritischer Systeme „verbessern die Überlebensfähigkeit“. Zur Not sitzen die Besatzungsmitglieder auf stoßabsorbierenden Schleudersitzen. Für seine Zielerfassung nutze der „Alligator“ ein lasergestütztes System.


Wie ist der „Alligator“-Hubschrauber bewaffnet?

Die Standardwaffe des „Alligators“ sei eine 30-mm-Maschinenkanone vom Typ 2A42-1, schreibt „Militaryfactory“. Die Reichweite der Kanone sei zwar begrenzt und die Piloten müssten den Helikopter auf das Ziel ausrichten. „Aber die Gesamtgenauigkeit soll besser sein als (bei) anderen modernen Kampfhubschraubern“.

Neben der Standardwaffe könne der Kamov Ka-52 „Alligator“ Helikopter zudem mit Panzerabwehrraketen (ATGM), Raketen und weiteren Waffen ausgestattet werden.

10
Kilometer Reichweite haben die Raketen des „Alligators“ etwa.

Die Hauptmunition des „Alligators“ gegenüber feindlichen Panzern seien lasergelenkte Raketen vom Typ 9M120-1 Ataka-1 sowie vom Typ 9A4172K Vikhr-1, schreibt das Onlinemagazin „The War Zone“.

Die Ataka-1 habe eine maximale Reichweite von sechs Kilometern. Die Vikhr-1 könne Ziele in fast zehn Kilometern treffen. Zudem soll der „Alligator“ Panzerabwehrraketen mit einer Reichweite von mehr als 14 Kilometern erhalten.

Der russische Präsident Wladimir Putin besucht das Luftfahrtwerk Ulan-Ude – einen der führenden Hubschrauberhersteller in Russland (Archivbild).

© Imago/Itar-Tass/Mikhail Metzel/Pool

„Der Ka-52 ist der einzige russische Kampfhubschrauber, der in großen Stückzahlen eingesetzt wird und in der Lage ist, die Vikhr-1 einzusetzen“, zitiert das Magazin den Verteidigungsanalysten Guy Plopsky. Die Raketen hätten einen „erheblichen Reichweitenvorteil gegenüber älteren russischen ATGMs“. Videos würden den Einsatz belegen.

Die Ka-52-Kampfhubschrauber „können schweben, Ziele anpeilen und Panzerabwehrlenkraketen aus einer Entfernung abfeuern, die jenseits der Reichweite von schultergestützten Manpads (schultergestützte Raketen mit sehr kurzer Reichweite) oder Flugabwehrraketen (der Ukraine) liegen“, sagte Justin Bronk, Senior Research Fellow am Royal United Services Institute (Rusi), der „Financial Times“. Und da liegt wohl auch die große Schwachstelle des „Alligators“.


Wo liegen die Schwachstellen des Kamov Ka-52 „Alligators“?

Wenn der „Alligator“ die Vikhr-1-Raketen abfeuert, muss der Helikopter etwa eine halbe Minute relativ ruhig in der Luft schweben, um die lasergestützte Rakete zu ihrem Ziel zu leiten, sagt Plopsky gegenüber „The War Zone“.

„Dies macht den Ka-52 potenziell anfällig für Luftabwehrsysteme mit größerer Reichweite.“ Um das Problem zu entschärfen, hätten es die Russen verstärkt auf die Luftverteidigung abgesehen.

Überreste des Rotors eines russischen Hubschraubers K-52, der von ukrainischen Truppen auf einem Feld in Buda Babynetska in der Nähe von Kiew abgeschossen worden sein soll (Archivbild).

© IMAGO/NurPhoto/Celestino Arce

Dass die „Alligatoren“ keinesfalls gegen ukrainische Attacken gefeit sind, zeigen auch die Abschusszahlen des Oryx-Blogs. Demnach wurden bisher insgesamt 32 Helikopter des Typs zerstört, drei weitere wurden demnach beschädigt – insgesamt 35 Fluggeräte.

Vor Beginn des Angriffskrieges soll Russland über 130 „Alligatoren“ verfügt haben. Das wäre ein Verlust von mehr als einem Viertel der Flotte.

Alleine vier der Helikopter sollen in der vergangenen Woche abgeschossen worden sein, behauptet Jurij Ignat, Sprecher der ukrainischen Luftwaffe, gegenüber der „Financial Times“.


Die Zwickmühle der Ukrainer in der Verteidigung gegen „Alligator“-Helikopter

Dass ihre Helikopter nicht vor ukrainischen Raketen sicher sind, wissen auch die Russen und haben ihre Taktik dementsprechend entwickelt.

Das Fehlen von mobilen Kurzstrecken-Luftabwehrsysteme an der Front habe eine „Dead Zone“ geschaffen, in der die „Alligatoren“ mit großer Sicherheit operieren können, schreibt „The War Zone“.

Aus dieser Todeszone könnten die Angriffshelikopter problemlos Ziele im offenen Gelände anvisieren, wie Panzerkolonnen. Die Ukraine ist in der Zwickmühle: Verlegen sie mehr Luftabwehrsysteme an die Front oder schützen sie damit die Bevölkerung in ihren Städten?

Aber auch ukrainische Luftabwehrsysteme im Kampfgebiet seien meist hinter der Frontlinie platziert. Schließlich befindet sich die Ukraine in der Gegenoffensive – und die wird mit Kampf- und weniger mit Verteidigungsequipment geführt.

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