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George Santos lehnte vor Journalisten einen Rücktritt ab.

© dpa/Seth Wenig

Update

US-Republikaner vor Gericht: Santos will trotz Anklage für Wiederwahl kandidieren

Betrug, Geldwäsche, Diebstahl und Falschangaben: Die Liste der Vorwürfe gegen den Kongress-Abgeordneten ist lang. Vor Gericht beteuert er seine Unschuld.

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Der wegen zahlreicher Lügen zu seinem Lebenslauf und zu seinen Finanzen bekannt gewordene republikanische US-Abgeordnete George Santos ist in 13 Punkten angeklagt und festgenommen worden.

Dem 34-jährigen Republikaner werden Betrug, Geldwäsche, ein Diebstahl öffentlicher Gelder und falsche Angaben gegenüber dem Repräsentantenhaus zur Last gelegt, wie die Bundesstaatsanwaltschaft in New York am Mittwoch mitteilte. Demnach soll Santos einer Bundesrichterin in Central Islip auf Long Island vorgeführt werden.

Santos plädierte bei einem ersten Gerichtstermin in Central Islip auf Long Island auf nicht schuldig. Der Kongress-Neuling wurde in der Folge gegen eine Kaution von 500.000 Dollar (465.000 Euro) auf freien Fuß gelassen. „Ich werde kämpfen, um meine Unschuld zu beweisen“, sagte Santos vor dem Gerichtsgebäude vor zahlreichen Journalisten.

Er lehnte einen Rücktritt ab und bekräftigte seine Absicht, 2024 für eine Wiederwahl zu kandidieren. Die laufenden Justizermittlungen bezeichnete Santos als „Hexenjagd“ – ein Begriff, den auch Ex-Präsident Donald Trump regelmäßig verwendet. Der nächste Gerichtstermin wurde auf den 30. Juni festgelegt. 

Wahlkampfspenden zweckentfremdet

Laut Staatsanwaltschaft soll der New Yorker Kongress-Neuling unter anderem Wahlkampfspenden für private Ausgaben zweckentfremdet haben, darunter für den Kauf von Designer-Kleidung und für die Begleichung von Schulden.

Er soll außerdem vor seiner Zeit als Abgeordneter während der Corona-Pandemie rechtswidrig mehr als 24.000 Dollar (rund 22.000 Euro) Arbeitslosenhilfe beantragt und erhalten haben. Santos wird außerdem zur Last gelegt, gegenüber dem Repräsentantenhaus falsche Angaben zu seinem Einkommen gemacht zu haben.

Er hat politische Spenden genutzt, um sich die Taschen zu füllen.

Bundesstaatsanwalt Breon Peace

„Er hat politische Spenden genutzt, um sich die Taschen zu füllen, rechtswidrig Arbeitslosenhilfe beantragt, die an New Yorker hätte gehen sollen, die wegen der Pandemie ihren Job verloren haben, und das Repräsentantenhaus belogen“, erklärte Bundesstaatsanwalt Breon Peace. Mit der Anklage solle der Jung-Politiker „zur Verantwortung“ gezogen werden.

Bei einer Verurteilung drohen Santos nach Angaben der Staatsanwaltschaft für die Hauptanklagepunkte bis zu 20 Jahre Haft. US-Medien hatten bereits am Dienstag über die Anklage berichtet. Die Anklagepunkte waren aber zunächst unbekannt. Die versiegelte Anklageschrift wurde dann am Mittwoch freigegeben.

Zahlreicher Falschangaben überführt

Santos war bei den als Midterms bekannten Zwischenwahlen im November erstmals in das Repräsentantenhaus in Washington gewählt worden.

In der Folge gab es immer neue Enthüllungen über teils haarsträubende Falschangaben des Politikers unter anderem über seine Hochschulbildung, seinen Berufsweg, seine Familie und seine Religion. So dichtete Santos sich einen Abschluss von einer Elite-Universität an und behauptete fälschlicherweise, für die Investmentbank Goldman Sachs und den Bankenkonzern Citigroup gearbeitet zu haben.

Er behauptete auch fälschlicherweise, seine Mutter habe die Terroranschläge vom 11. September 2001 im World Trade Center überlebt, und bezeichnete sich ebenfalls fälschlicherweise als jüdisch. Bekannt wurde auch, dass vor einigen Jahren gegen Santos ermittelt wurde, weil er mit ungedeckten Schecks für tausende Dollar Hundewelpen gekauft haben soll.

In einem anderen Fall warf ihm ein US-Veteran vor, Tausende Dollar entwendet zu haben, die bei einer Online-Spendenaktion für eine Operation seines Hundes gesammelt worden waren. Als Abgeordneter soll er einen Job-Bewerber sexuell belästigt haben.

Für Aufsehen sorgte Santos auch, weil er eine Karriere als erfolgreicher Hochschulvolleyballer erfand. Der Abgeordnete mit brasilianischen Wurzeln hat viele der Lügen zugegeben und davon gesprochen, er habe seinen Lebenslauf „geschönt“. Grundsätzlich ist es nicht verboten, die Öffentlichkeit zu belügen.

Fall bringt auch Republikaner in Schweirigkeiten

Santos geriet zwar auch in den eigenen Reihen unter Beschuss, lehnte einen Rücktritt jedoch ab. Ende Januar ließ er aber seine Arbeit in zwei Kongressausschüssen ruhen. Anfang März leitete dann der Ethikausschuss des Repräsentantenhauses eine Untersuchung gegen Santos ein. Mitte April kündigte Santos dennoch an, 2024 für eine Wiederwahl kandidieren zu wollen.#

Abgeordnete werden in den USA alle zwei Jahre gewählt. Der Vorsitzende der Kongresskammer, der Republikaner Kevin McCarthy, hat Strafen gegen Santos bislang abgelehnt.

Das dürfte auch mit der äußerst knappen Mehrheit der Konservativen im Repräsentantenhaus zusammenhängen: Die Republikaner stellen 222 der 435 Abgeordneten, die Demokraten von Präsident Joe Biden verfügen über 213 Sitze. Die Republikaner können es sich deswegen nicht leisten, Abgeordnete zu verlieren.

McCarthy sagte am Dienstagabend, als Medien über die Anklage gegen Santos berichten, er wolle sich zunächst die Anklagepunkte „anschauen“. (AFP)

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