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Die Wahl in Russland dauert bis Sonntag.

© AFP/Natalia Kolesnikova

Update

Präsidentschaftswahl in Russland: Frau will Wahlurne mit Molotow-Cocktail anzünden – weitere Vorfälle

Seit Freitagmorgen und bis Sonntag lässt sich Russlands Präsidentin Putin im Amt bestätigen. Es kam bereits zu mehreren Zwischenfällen – und Unregelmäßigkeiten bei der Online-Stimmabgabe.

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Am ersten Tag der Präsidentschaftswahl in Russland sind laut Behördenangaben am Freitag mehrere Menschen wegen Vandalismus in Wahllokalen festgenommen worden. Vorfälle wurden unter anderem aus der Hauptstadt Moskau sowie den Regionen Woronesch, Rostow und Karatschai-Tscherkessien gemeldet. Unklar blieb, ob es sich dabei um Protestaktionen gegen die Wiederwahl von Präsident Wladimir Putin handelte.

Ein von der unabhängige Nachrichtenagentur Sota veröffentlichtes Video zeigte eine ältere Frau, die in Moskau eine Wahlkabine in Brand setzt, bevor sie festgenommen wird. Ein weiteres, ebenfalls in Moskau aufgenommenes Video zeigte eine Wählerin, die Farbe in eine Urne schüttet. Sie wurde nach Angaben der Ermittler wegen „Behinderung der Ausübung des Wahlrechts“ festgenommen.

In den Regionen Woronesch, Rostow und Karatschai-Tscherkessien wurden den Behörden zufolge Wähler wegen ähnlicher Vorfälle in Gewahrsam genommen. Im Autonomen Kreis der Chanten und Mansen in Sibirien versuchte eine Frau einem Wahlhelfer zufolge mit einem Molotowcocktail eine Wahlurne anzuzünden. In der südrussischen Region Tscheljabinsk nahm die Polizei laut einem Bericht der Nachrichtenagentur Tass einen Mann fest, der versuchte, in einem Wahllokal einen Feuerwerkskörper zu zünden.

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Lokalen Medien zufolge wurden ähnliche Fälle von Vandalismus auch aus St. Petersburg und von der von Russland annektierten Halbinsel Krim gemeldet.

Die vereinzelten Zwischenfälle sollen nach Angaben der Zentralen Wahlkommission in Moskau keinen Einfluss auf das Ergebnis haben. Bei den Angriffen auf einzelne Wahlurnen seien nur zwischen 100 und 150 Stimmzettel zerstört worden, sagte der Vizechef der Wahlleitung, Nikolai Bulajew, der staatlichen russischen Nachrichtenagentur Tass zufolge am Freitag. 

Zum Auftakt war es nach Behördenangaben teils zu Unregelmäßigkeiten bei der Online-Stimmabgabe gekommen.

Wegen einer Vielzahl von Wählern, die im Internet ihre Stimme abgeben wollten, sei es zeitweilig zu Aussetzern des Systems gekommen, teilte die zentrale Wahlkommission der staatlichen russischen Nachrichtenagentur Ria Nowosti zufolge am Freitag mit. Allein in der Hauptstadt Moskau hätten am Morgen 500.000 Menschen online ihre Stimme abgegeben, hieß es.

Putin kann mit 80 Prozent rechnen

Die auf drei Tage angesetzte Präsidentenwahl endet an diesem Sonntag. Zwar gilt als sicher, dass Kremlchef Wladimir Putin zum fünften Mal als Sieger aus der Abstimmung hervorgeht. Moskaus Machtapparat will aber eine möglichst hohe Wahlbeteiligung erzielen, um die Abstimmung als legitim zu bezeichnen.

Teils wurde die Abstimmung wie ein Volksfest mit Folkloredarbietungen und Auftritten von Sängern organisiert. Viele prominente Politiker, darunter Außenminister Sergej Lawrow und Verteidigungsminister Sergej Schoigu, gaben früh ihre Stimme ab – „für Russlands Zukunft“, wie es offiziell heißt. Der Chef der Partei Gerechtes Russlands, Sergej Mironow, der Putin offen unterstützt, warf seinen ausgefüllten Stimmzettel ohne Briefumschlag in die transparente Urne ein.

Putin kann laut staatlichen russischen Wahlforschern mit einem Rekordergebnis von mehr als 80 Prozent der Stimmen rechnen. Damit will sich der 71-Jährige Unterstützung für seinen zerstörerischen Angriffskrieg gegen die Ukraine sichern und sechs weitere Jahre regieren.

Internationale Wahlbeobachter der Organisation für Sicherheit und Zusammenarbeit in Europa (OSZE), deren Kontrolle sonst als Standard gilt, sind nicht eingeladen. Nach Angaben der Wahlleiterin Ella Pamfilowa, einer engen Vertrauten Putins, beobachten mehr als 333.000 Menschen die Wahl. Dagegen teilte die in Russland politisch verfolgte unabhängige Organisation Golos mit, dass keine echten Wahlbeobachter im Einsatz seien. Es gebe nur Putins Beobachter. Pamfilowa sagte, dass alles „normal“ ablaufe.

Die Abstimmung in dem Riesenreich mit seinen elf Zeitzonen dauert bis Sonntagabend, wenn in Kaliningrad (früher Königsberg) an der Ostsee um 19.00 Uhr MEZ die letzten Wahllokale schließen. Unmittelbar danach werden erste Prognosen erwartet. Erst in der Nacht zum Montag wird es aussagekräftige Ergebnisse geben. Laut Wahlkommission sind rund 114 Millionen Menschen zur Stimmabgabe aufgerufen.

Das „Wahllokal“ in Mariupol
Das „Wahllokal“ in Mariupol

© AFP/stringer

Die Wahl umfasst auch die von Russland besetzten Gebiete in der Ukraine. In der südukrainischen Stadt Mariupol eröffneten Wahlhelfer improvisierte Wahllokale auf kleinen Tischen auf der Straße oder auf den Motorhauben von Autos.

Es wurden Banner mit einem rot-weiß-blauen „V“-Logo ausgerollt – einem der Symbole der russischen Armee, das als Zeichen der Unterstützung für die Offensive verwendet wird. Ähnliche Szenen spielten sich auch in der östlichen Region Donezk ab.

Erneuter Beschuss in russischer Grenzregion

Am ersten Tag der Wahl geriet die Grenzregion Belgorod offiziellen Angaben zufolge erneut unter Beschuss. Ersten Erkenntnissen zufolge seien zwei Menschen verletzt worden, teilte Gouverneur Wjatscheslaw Gladkow am Freitagmorgen auf Telegram mit.

Laut russischem Verteidigungsministerium wurden über Belgorod sieben ukrainische Raketen abgeschossen. Das konnte zunächst nicht unabhängig überprüft werden. Die staatliche russische Nachrichtenagentur Ria Nowosti meldete, Menschen hätten zwischenzeitlich die Wahllokale verlassen und in Schutzräumen Zuflucht suchen müssen.

Moskau macht für den Beschuss das Nachbarland Ukraine verantwortlich, gegen das Putin seit mehr als zwei Jahren einen brutalen Angriffskrieg führt. Tatsächlich aber scheinen hinter den Attacken oft paramilitärische Organisationen zu stecken, die zwar aufseiten der Ukrainer kämpfen, allerdings vor allem aus russischen Nationalisten bestehen.

Putin gegen drei unbedeutende Kandidaten

Die Vereinigungen, die Namen wie „Russischer Freiwilligenkorps“ tragen, haben sich eigenen Angaben zufolge bereits in den vergangenen Tagen im Grenzgebiet Kämpfe mit der russischen Armee geliefert und auch jetzt in sozialen Medien weitere Angriffe angekündigt.

Nawalnys Witwe, Julia Nawalnaja, rief die russische Bevölkerung zum Protest und zu einer Stimmabgabe für alle Kandidaten außer Putin auf. Zudem forderte sie die Unterstützer der Opposition auf, zur gleichen Zeit am Sonntag um 12.00 Uhr in die Wahllokale zu gehen, um ihre Geschlossenheit und Präsenz zu demonstrieren. Die Moskauer Staatsanwaltschaft reagierte auf den Aufruf mit der Ankündigung, dass jede Form des Protests „nach geltendem Recht strafbar“ sei.

Eine weitere Amtszeit würde es Putin ermöglichen, bis 2030 zu regieren – länger als jeder russische Staatenlenker seit Katharina der Großen im 18. Jahrhundert. Nach einer Verfassungsreform könnte er sogar erneut kandidieren und bis 2036 an der Macht bleiben. (Reuters, AFP, dpa)

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