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Gabriel Attal

© AFP

Nach Rücktritt von Elisabeth Borne: Gabriel Attal ist Favorit für das Amt des französischen Premierministers

Der Streit um das Einwanderungsgesetz war eine Krise zu viel für Elisabeth Borne. Nach ihrem Rücktritt gilt Erziehungsminister Gabriel Attal als möglicher Nachfolger.

| Update:

Eigentlich hätte die französische Premierministerin Élisabeth Borne am Dienstag einen Besuch bei den Flutopfern im Norden des Landes abstatten sollen. Doch dazu wird es nicht mehr kommen – denn Borne reichte am Montag ihren Rücktritt bei Präsident Emmanuel Macron ein.

Nicht ganz freiwillig, doch der Chef hatte entschieden, den Schlüsselposten neu zu besetzen. Mit wem, blieb bis zum Abend unklar. Als eindeutiger Favorit wurde der bisherige Erziehungsminister Gabriel Attal gehandelt.

Mit seinen 34 Jahren wäre Attal der jüngste Regierungschef, den Frankreich je hatte. Ähnlich wie Macron selbst hat er bereits jetzt eine kometenhafte politische Karriere hingelegt. Ursprünglich Mitglied der Sozialistischen Partei und Mitarbeiter der ehemaligen Gesundheitsministerin Marisol Touraine, schloss er sich Macron vor dessen Wahl im Jahr 2017 an, wurde im Anschluss Parteisprecher und mit nur 29 Jahren Staatssekretär im Bildungsministerium. Schon damals stellte er einen neuen Rekord des jüngsten Kabinettsmitglieds in der Fünften Republik, also seit 1958, auf.

Nach Macrons Wiederwahl 2022 machte er Attal zum beigeordneten Budgetminister und im vergangenen Sommer zum Erziehungsminister. Dort machte er Furore mit mehreren Ankündigungen, unter anderem mit dem Verbot des islamischen Übergewandes Abaya für Schülerinnen. Er wolle, so erklärte er, wieder mehr Autorität in den Schulen einziehen lassen – und es schien, als habe er in seinem Ministerium noch viel vor.

Mehrfach gab es Spekulationen über Bornes Rücktritt

Dort stieg der junge Politiker, der stets in perfekt sitzenden Anzügen auftritt, laut einer Umfrage des Meinungsforschungsinstituts Ipsos von Dezember zum beliebtesten französischen Politiker auf und verdrängte Macrons ehemaligen Premierminister Édouard Philippe, vom Spitzenplatz. Attals Lebenspartner ist der 38 Jahre alte Europaabgeordnete und Chef der Präsidentenpartei Renaissance, Stéphane Séjourné.

Elisabeth Borne.

© AFP/LUDOVIC MARIN

Von Borne, die als hartnäckige Kämpferin gilt, ist bekannt, dass sie im Amt bleiben wollte, auch wenn sie keine herzliche Beziehung zu Macron pflegte. Aufgrund ihrer technokratischen Aura genoss sie auch in der Bevölkerung nur mäßige Beliebtheit. Die 62-Jährige war erst die zweite Frau in diesem Amt und im Mai 2022 unter anderem ernannt worden, weil die Erwartung an Macron groß war, den Posten endlich wieder weiblich zu besetzen.

Ein Ruf, der diesmal nicht mehr hörbar war. Neben Attal galten als wahrscheinlichste Besetzungen der 43-jährige Landwirtschaftsminister Julien Denormandie und der 37-jährige Verteidigungsminister Sébastien Lecornu.

Mehrmals war über Bornes Rücktritt spekuliert worden, etwa in Folge der umstrittenen Durchsetzung einer unpopulären Rentenreform im vergangenen Frühjahr. Mangels einer eigenen Mehrheit im Parlament umging die Regierung dieses und verordnete das Gesetz.

Fiasko um Einwanderungsgesetz war eines zu viel

Das Fiasko um ein Einwanderungsgesetz im Dezember war dann die Krise zu viel. Nachdem die konservativen Republikaner die ursprüngliche Fassung der Regierung erheblich verschärft hatten, wurde der Text mithilfe der bürgerlichen und extremen Rechten beschlossen, während gut ein Viertel der Abgeordneten von Renaissance und der verbündeten Parteien ihre Zustimmung verweigerten.

Gesundheitsminister Aurélien Rousseau trat zurück und wurde übergangsweise ersetzt von der ehemaligen Apothekerin Agnès Firmin-Le Bodo. Doch gegen sie laufen Ermittlungen, weil sie jahrelang Geschenke des Pharma-Unternehmens Urgo im Wert von insgesamt rund 20.000 Euro angenommen haben soll. Spätestens nun drängte sich eine Umbildung der bisherigen Regierung auf.

Vor allem aber sucht der Präsident nach einem neuen Elan für die dreieinhalb Jahre, die ihm noch im Amt verbleiben. Das Fehlen einer Mehrheit in der Nationalversammlung und die Unlust der Oppositionsparteien zur Kooperation macht jedes politische Projekt zu einem heiklen Unterfangen. In seinen Neujahrswünschen hatte Macron versprochen, 2024 werde ein „Jahr der Entschlossenheit“.

Die Ernennung eines neuen Premierministers und Neubesetzung mehrerer Kabinettsposten gehörte zu den wenigen verbleibenden Optionen, um einen Neustart zu markieren. In den kommenden Tagen dürfte die Zusammenstellung der neuen Regierung bekannt werden.

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