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Der 47 Jahre alte Samuel Paty wurde ermordet, nachdem er in einer Unterrichtsstunde zum Thema Meinungsfreiheit umstrittene Mohammed-Karikaturen gezeigt hatte.

© Reuters/Pool

Nach Enthauptung eines Lehrers: Sechs Verdächtige im Fall Samuel Paty in Frankreich vor Jugendgericht

Der Lehrer hatte 2020 zum Thema Meinungsfreiheit Mohammed-Karikaturen gezeigt. Seinen Mörder erschoss die Polizei. Verantworten müssen sich ab Montag Helfer der Tat.

Die Enthauptung des französischen Lehrers Samuel Paty durch einen radikalisierten 18-Jährigen hatte Frankreich vor gut drei Jahren tief erschüttert. Von Montag an müssen sich sechs Minderjährige im Zusammenhang mit dieser Tat vor einem Jugendgericht verantworten. Den Täter hatte die Polizei erschossen. Das Verfahren findet unter Ausschluss der Öffentlichkeit statt.

Der 47 Jahre alte Paty wurde am 16. Oktober 2020 ermordet, nachdem er in einer Unterrichtsstunde zum Thema Meinungsfreiheit umstrittene Mohammed-Karikaturen gezeigt hatte. Paty hatte es seinen Schülerinnen und Schülern freigestellt, den Raum zu verlassen, falls sie diese nicht sehen wollten. Diese Vorsichtsmaßnahme wurde ihm zum Verhängnis.

Eine damals 13 Jahre alte Schülerin – die an dem Tag gar nicht zum Unterricht erschienen war – erzählte ihrem Vater davon. Dieser wiederum verbreitete ein Video, in dem er behauptete, Paty habe gezielt muslimische Schüler aus der Klasse geschickt, um den anderen erniedrigende Darstellungen Mohammeds zu zeigen. Die Schülerin ist nun wegen Verleumdung angeklagt und muss im Fall einer Verurteilung mit bis zu zweieinhalb Jahren Haft rechnen.

Der Mörder von Samuel Paty war der radikalisierte Abdulach Ansorow

Die Hetzkampagne in den Onlinediensten hatte ihren Lauf genommen und den 18 Jahre alten Abdulach Ansorow erreicht. Dieser war mit fünf Jahren aus Russland nach Frankreich gekommen, hatte zu dem Zeitpunkt eine Aufenthaltserlaubnis und war seit mehreren Monaten radikalisiert. Den Lehrer kannte er nicht.

Am letzten Schultag vor den Herbstferien lauerte Ansorow dem Lehrer auf. Er nahm die Hilfe mehrerer Jungen in Anspruch, die ihm beschrieben, wie Paty aussah und wo er gewöhnlich nach der Schule lang ging. Für diese Dienste soll der Täter mehrere Hundert Euro bezahlt haben. Fünf Jungen, die damals 14 oder 15 Jahre alt waren, sind nun angeklagt wegen krimineller Vereinigung zur Vorbereitung einer schweren Gewalttat.

Neben den sechs Minderjährigen müssen sich in einem weiteren Verfahren auch acht Erwachsene vor Gericht verantworten. Zu ihnen zählen zwei Freunde des Täters, die ihn beim Waffenkauf und auf dem Weg zum Tatort begleitet haben sollen. Sie sollen nach dem Willen der Staatsanwaltschaft wegen Beihilfe zum terroristischen Mord angeklagt werden, da sie von der dschihadistischen Einstellung des Täters wussten. Ihnen drohen lebenslängliche Haftstrafen.

Der Vater der angeklagten Schülerin und ein weiterer Mann, die in Onlinediensten die Polemik gegen Paty angefacht hatten, sollen sich wegen Bildung einer kriminellen terroristischen Vereinigung vor Gericht verantworten. Unter den erwachsenen Angeklagten ist auch eine zum Islam konvertierte Frau, die mit dem russisch-tschetschenischen Täter über Twitter in Kontakt stand.

Die Anklageschrift der Anti-Terror-Staatsanwaltschaft umfasst 541 Seiten. „Auch wenn Abdulach Ansorow allein gehandelt hat, ist das Verbrechen das Ergebnis einer Reihe von strafbarer Aktionen“, heißt es darin. Paty sei vor der Tat „sehr besorgt“ gewesen mit Blick auf „das Ausmaß und die Aggressivität der Polemik“.

Fast auf den Tag genau drei Jahre nach dem Mord an Paty hatte ein weiterer tödlicher Angriff eines jungen Dschihadisten auf einen Lehrer das Land erschüttert.

Der ebenfalls aus Russland stammende 20 Jahre alte Mohammed M., der sich zum Dschihadismus bekannte, erstach in Arras den Geschichtslehrer Dominique Bernard. Er wurde festgenommen und ließ durch seinen Anwalt mitteilen, dass er sich im Prozess äußern wolle. (AFP)

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