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Ein russischer Panzer in der Nähe von Donezk

© Imago/Ria Novosti

Konzept der „aktiven Verteidigung“: So will Russland jetzt die ukrainische Gegenoffensive ausbremsen

Auf den ukrainischen Teil-Durchbruch an der Südfront soll, geht es nach Kiew, ein größerer Durchbruch folgen. Das will Moskau verhindern – mit einem konkreten Plan.

Nach großen anfänglichen Problemen hat die ukrainische Gegenoffensive an der Südfront in den vergangenen Wochen Fahrt aufgenommen. Auf den lokalen Durchbruch an der russischen Hauptverteidigungslinie bei Robotyne soll ein größerer Durchbruch folgen, der einen Vorstoß der mechanisierten Verbände möglich macht. Gleichzeitig kristallisiert sich immer mehr heraus, mit welcher konkreten Taktik Moskau versucht, dies zu verhindern.

Durch den Teil-Durchbruch bei Robotyne, der größtenteils von ausgedünnten Einheiten getragen wurde, habe die Ukraine das Momentum auf ihrer Seite, schreiben die Militäranalysten Michael Kofman und Rob Lee.

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Wie es jetzt weitergeht, hänge davon ab, ob die Feuerhoheit und Angriffe auf russische Logistik und Kontrollposten ausreichende Voraussetzungen für einen echten Durchbruch schaffen konnten, so Kofman und Lee. Besonders die ukrainische Fähigkeit, die russischen Panzerabwehrsysteme effektiv zu bekämpfen, könnte aus ihrer Sicht entscheidend sein.

Das Ausmaß der ukrainischen Angriffe auf Militärstützpunkte hat zweifelsohne zugenommen. Zuletzt gab es nicht nur vermehrt Angriffe mit Wasserdrohnen und Marschflugkörpern auf der Krim, sondern auch mehr als 100 Angriffe innerhalb von 24 Stunden auf Belgorod auf russischem Staatsgebiet.

Worauf Russland jetzt setze, sei das strategische Konzept der „aktiven Verteidigung“, das Oberbefehlshaber Waleri Gerassimow implementiert habe, so Kofman und Lee. Das besteht aus einer Mischung aus Verteidigungsmanövern und Gegenangriffen. An der Front in der Ukraine ist es derzeit bei Kupjansk im Nordosten, wo Russland in der Offensive ist, und im Süden, wo die Ukraine Fortschritte macht, am besten zu beobachten.

Russland rotiert seine Truppen regelmäßig an der Front, um diese bei Offensiv- und Defensivoperationen abzuwechseln. Zuletzt allerdings zog Moskau Truppen aus Kupjansk ab, ohne sie zu ersetzen, da der Druck an der Südfront zu groß wurde. Der Fortgang des Kriegs sei so zunehmend davon beeinflusst, wer die meisten Reserven und die beste Strategie habe, um seine Truppen effektiv einzusetzen, schreiben Kofman und Lee.

Die grundlegende Aufgabe der Russen ist momentan, die Kampfhandlungen für mindestens vier bis fünf Monate herunterzufahren.

Mychajlo Podoljak, ukrainischer Präsidentenberater

Dass Russland sich zunehmend auf die Verteidigung konzentriere, sieht auch Kiew. „Die grundlegende Aufgabe der Russen ist momentan, die Kampfhandlungen für mindestens vier bis fünf Monate herunterzufahren“, schreibt Mychajlo Podoljak, Berater des ukrainischen Präsidenten, am Donnerstag auf X, vormals Twitter. Die Pause sei nötig, um die Armee durch eine weitere Mobilisierungswelle, zusätzliches Training und Nachschub sowie den Aufbau neuer Produktionsstätten aufzurüsten.

Wie das gelingen soll? Das russische Ziel ist, die Intensität der ukrainischen Angriffe drastisch zu verringern, damit die Gegenoffensive zum Erliegen kommt und keine Militärbasen mehr beschädigt oder sogar zerstört werden. Die operative Pause würde Russland Podoljak zufolge auch nutzen wollen, um weitere Unterstützer in einer „Koalition der Kriegsmüden“ hinter sich zu vereinen.

Russland nützt ein langer Krieg

Eines dieser Länder sind die USA. Russlands Präsident Wladimir Putin setzt darauf, dass Donald Trump Anfang 2025 wieder zum US-Präsidenten gewählt ist und auf Grundlage seines „America First“-Ansatzes die Ukraine-Hilfen auf Minimum herunterfährt oder gar aussetzt.

Der australische Ex-General Mick Ryan schreibt in einer Analyse, dass Russland deshalb auf die Verteidigung der besetzten Territorien setzt, weil der Kreml darauf aus sei, den für ihn nützlichen Krieg so lange wie möglich andauern zu lassen. Während Putin auf die einsetzende Kriegsmüdigkeit hofft, versucht Kiew aus Ryans Sicht, den Krieg so schnell wie möglich erfolgreich zu beenden, um das Leid der Bevölkerung so gering wie möglich zu halten.

„Jede Pause wird zwangsläufig zu einer weiteren Eskalation führen“, schreibt Podoljak. „Es ist wichtig, zu erkennen, dass nur militärische Niederlagen Russlands in den besetzten Gebieten zu einer realistischen Aussicht auf Frieden führt.“

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