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Die Polizei in Schweden soll im Kampf gegen die Bandenkriminalität bessere Werkzeuge an die Hand bekommen und dabei unter anderem die Kameraüberwachung massiv ausweiten. 

© Imago/TT/Henrik Hansson

Kampf gegen Bandengewalt: Schweden will Kameraüberwachung massiv ausweiten

Die Gewalt durch Gangs ist in dem skandinavischen EU-Land zuletzt eskaliert. Es gibt viele Morde. Nun hat die Regierung neue Gegenmaßnahmen vorgestellt.

Schweden kämpft seit mehreren Jahren mit zahlreichen kriminellen Netzwerken. Aktuell erlebt das skandinavische EU-Land mit seinen rund 10,4 Millionen Einwohnern eine Gewaltwelle bisher ungekannten Ausmaßes durch Banden, die um die Markthoheit im lukrativen Drogengeschäft kämpfen. Dabei gab es zuletzt viele Tote und Verletzte.

Zu Opfern und Tätern der Schießereien und Explosionen zählen immer wieder auch Minderjährige, oft mit Migrationshintergrund. In letzter Zeit werden häufig Verwandte von Gangmitgliedern erschossen.

Nachdem zuvor schon angekündigt worden war, dass das Militär im Kampf gegen die Gang-Gewalt eingebunden werden soll, präsentierte die Regierung am Dienstag in Stockholm weitere Maßnahmen, wie unter anderem der öffentlich-rechtliche Fernsehsender STV online berichtet.

Die Polizei soll bessere Werkzeuge an die Hand bekommen und dabei unter anderem die Kameraüberwachung massiv ausweiten. Das gaben Vertreter der konservativ-liberalen Koalition und der rechtspopulistischen Schwedendemokraten, die die Minderheitsregierung unterstützen, am Dienstag in Stockholm bekannt.

Zum einen geht es bei der Initiative um Gesetzesänderungen, zum anderen aber auch um eine stärkere Zusammenarbeit mit anderen Behörden und Akteuren, wie Vertreter der einzelnen Parteien erklärten.

In einer Situation, in der sich immer weniger Menschen trauen, mit der Polizei zu sprechen, ist der Bedarf an technischen Beweisen von entscheidender Bedeutung

Gunnar Strömmer, Schwedens Justizminister

„Kameras sind in einer solchen Situation extrem wichtig“, sagte Justizminister Gunnar Strömmer. Die Polizei werde mehr Kameras erhalten, da die Änderungen des Gesetzes zur Kameraüberwachung beschleunigt werden sollen. Insgesamt solle die Polizei im nächsten Jahr über 2500 Kameras verfügen, statt wie bisher über 1600 Kameras. Das bedeute eine Verfünffachung der Anzahl der Kameras seit dem Amtsantritt der neuen Regierung, so Strömmer.

„In einer Situation, in der sich immer weniger Menschen trauen, mit der Polizei zu sprechen, ist der Bedarf an technischen Beweisen von entscheidender Bedeutung, und wir wissen bereits, dass Kameras äußerst zentral sind“, sagte der Justizminister.

Die Verbrechensbekämpfung solle unter anderem durch den Einsatz von Gesichtserkennung gestärkt werden, um Gang-Mitglieder leichter identifizieren zu können. Nummernschilder von Fahrzeugen sollen automatisch erfasst werden. Die Polizei soll außerdem die Möglichkeit bekommen, in stärkerem Maße Drohnen einsetzen zu können und direkten Zugriff auf externe Kameras wie zum Beispiel die der Verkehrsbehörde erhalten.

„Die Kameraüberwachung hat sich in anderen Ländern wie in Großbritannien bei der Bekämpfung schwerer Verbrechen bewährt“, sagte Martin Melin von den Liberalen. Er zeigte sich überzeugt, dass die Menschen sich nicht in ihrer Integrität verletzt fühlten, wenn mehr Kameras aufgestellt werden. „Ich glaube nicht, dass die Menschen Angst davor haben, gefilmt zu werden, aber sie haben Angst davor, dass ihr Haus in die Luft gesprengt wird oder dass auf sie geschossen wird, wenn sie einkaufen gehen“, sagte er.

Die Umsetzbarkeit der Maßnahmen soll nun in einem Schnellverfahren untersucht werden. Ziel ist es nach Angaben von Justizminister Strömmer, dass der entsprechende Regierungsvorschlag in sechs bis acht Monaten fertig sein wird. Ein genaues Datum dafür gibt es aber noch nicht.

Am Freitag hatte die Regierung bereits mitgeteilt, die Streitkräfte künftig in den Kampf gegen die tödliche Bandenkriminalität im Land einzubinden. Das teilte Ministerpräsident Ulf Kristersson nach einem Treffen mit dem militärischen Oberbefehlshaber Micael Bydén und dem nationalen Polizeichef Anders Thornberg mit.

Die Regierung werde den Streitkräften den Auftrag erteilen, die Polizei bei der Bekämpfung der kriminellen Gangs im Rahmen der derzeitigen Gesetzeslage zu unterstützen, sagte Kristersson. In einem zweiten Schritt müsse die geltende Gesetzgebung geändert werden, um der Polizei größere Möglichkeiten zu geben, Hilfe zu erbeten.

„Die Polizei kann die ganze Arbeit gegen die Kriminalität nicht alleine leisten“, sagte der Ministerpräsident. Seine Regierung will nun möglich machen, dass die Streitkräfte der Polizei Personal und Ausrüstung zur Verfügung stellen. Dabei könne es sich zum Beispiel um Expertise bei Sprengmitteln, um Hubschrauber, Hilfe bei Analysen und der forensischen Arbeit handeln.

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