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Menschenrechtsaktivistin Narges Mohammadi.

© REUTERS/MOHAMMADI FAMILY ARCHIVE PHOTOS/Uncredited

Update

Iranische Frauenrechtlerin ausgezeichnet: Friedensnobelpreis geht an Narges Mohammadi

Das Nobelkomitee entschied sich in diesem Jahr für die Menschenrechtsaktivistin Narges Mohammadi. Sie verbüßt derzeit eine langjährige Haftstrafe im berüchtigten Ewin-Gefängnis in Teheran.

| Update:

Der Friedensnobelpreis geht in diesem Jahr an die inhaftierte iranische Menschenrechtsaktivistin Narges Mohammadi. Sie wird „für ihren Kampf gegen die Unterdrückung der Frauen im Iran und ihren Einsatz für Menschenrechte und Freiheit für alle“ ausgezeichnet, wie das Nobelkomitee am Freitag in Oslo mitteilte.

Narges Mohammadi ist eine der bekanntesten Menschenrechtsaktivistinnen im Iran und wurde bereits mehrfach inhaftiert. Aktuell verbüßt die 51-Jährige eine langjährige Haftstrafe im berüchtigten Ewin-Gefängnis in Teheran. Ende 2022, während der landesweiten Aufstände gegen Irans Machtapparat, brachte Mohammadi einen Bericht ans Licht, der mutmaßliche Folter an Dutzenden Frauen im Hochsicherheitsgefängnis aufdeckte.

Insgesamt habe das Regime sie dreizehn Mal verhaftet, fünf Mal verurteilt und sie zu insgesamt 31 Jahren Gefängnis und 154 Peitschenhieben verurteilt.

Je mehr von uns sie einsperren, desto stärker werden wir.

Narges Mohammadi, Nobelpreisträgerin

Narges Mohammadi: Wer ist die Nobelpreisträgerin?

Mohammadi spielt eine zentrale Rolle für den Kampf für Frauenrechte und Meinungsfreiheit in ihrem Land. Sie setzt sich gegen das verpflichtende Tragen eines Kopftuches sowie gegen die Todesstrafe im Iran ein. Dafür wurde sie seit 1998 wiederholt inhaftiert.

154
Peitschenhiebe und 31 Jahre Gefängnis wurden der Menschenrechtlerin Mohammadi als Strafe auferlegt.

Seit November 2021 sitzt sie wegen „Propaganda gegen den Staat“ in Haft. Mohammadi hat wiederholt die Haftbedingungen im Iran angeprangert. Die 51-Jährige ist die Vize-Präsidentin des von der iranischen Menschenrechtsaktivistin Shirin Ebadi gegründeten Zentrums zur Verteidigung der Menschenrechte.

Mohammadis „tapferer Kampf“ erfordere einen hohen persönlichen Preis, sagte die Vorsitzende des Nobelkomitees, Berit Reiss-Andersen, am Freitag in Oslo. Insgesamt sei die Menschenrechtlerin 13 Mal festgenommen und fünf Mal verurteilt worden. Ihre Strafen betrügen zusammengerechnet „31 Jahre Gefängnis und 154 Peitschenhiebe“, sagte die Nobelkomitee-Vorsitzende. 

„Je mehr von uns sie einsperren, desto stärker werden wir“, sagte Narges Mohammadi vor wenigen Monaten in einem ungewöhnlichen Interview mit der „New York Times“. Immer wieder schafft es die Iranerin, internationalen Medien aus der Haft heraus Interviews zu geben oder auch Briefe zu veröffentlichen. 

Vereinte Nationen fordern Freilassung von Narges Mohammadi

Die Vereinten Nationen haben den Nobelpreis für die inhaftierte iranische Frauenrechtsaktivistin Narges Mohammadi begrüßt und ihre Freilassung gefordert. „Frauen im Iran sind eine Inspiration für die Welt“, sagte Liz Throssell, Sprecherin des UN-Büros für Menschenrechte, am Freitag in Genf.

Taghi Ramahi, Ehemann von Narges Mohammadi.
Taghi Ramahi, Ehemann von Narges Mohammadi.

© REUTERS/Christian Hartmann

„Wir haben ihren Mut und ihre Entschlossenheit angesichts von Repressalien, Einschüchterung und Gewalt gesehen.“ Der Fall Mohammadis zeige, welche großen Risiken Frauen auf sich nähmen, um sich für die Menschenrechte aller Iraner einzusetzen. „Wir fordern ihre Freilassung und die Freilassung aller Menschenrechtsverteidiger, die im Iran inhaftiert sind“, sagte sie.

Die UN-Sprecherin in Genf erinnerte daran, dass UN-Generalsekretär António Guterres stets den Respekt für Frauenrechte einfordere. „Er hat die Menschenrechte von Frauen und Mädchen im Iran stets verteidigt“, sagte Alessandra Vellucci.

Internationale Reaktionen zum Friedensnobelpreis

Die Bundesregierung hat die Auszeichnung der iranischen Frauenrechtlerin Narges Mohammadi mit dem Friedensnobelpreis 2023 begrüßt. Bundeskanzler Olaf Scholz äußerte am Freitag im Onlinedienst X (vormals Twitter) seinen Respekt für den Mut und das Engagement der Preisträgerin.

Mein Respekt gilt der diesjährigen Friedensnobelpreisträgerin - für ihren Mut und ihren Kampf für die Rechte der iranischen Frauen.

Olaf Scholz, Bundeskanzler

UN-Generalsekretär António Guterres hat die Verleihung des Friedensnobelpreises an Mohammadi begrüßt. Die Auszeichnung sei eine wichtige Erinnerung daran, dass die Rechte von Frauen und Mädchen im Iran und anderswo stark zurückgedrängt würden, erklärte Guterres am Freitag in New York. Der Friedensnobelpreis sei eine Würdigung all jener Frauen, die unter Einsatz ihrer Freiheit, ihrer Gesundheit und sogar ihres Lebens für ihre Rechte kämpften.

Bundespräsident Frank-Walter Steinmeier teilte mit, mit der Auszeichnung werde Mohammadis herausragendes Engagement für die Frauen im Iran gewürdigt. In einer am Freitag in Berlin veröffentlichten Mitteilung sagte Steinmeier, sie sei vielen Menschen auch über den Iran hinaus ein Vorbild. „Trotz aller persönlicher Entbehrungen und Ihrer eigenen Inhaftierung erheben Sie weiterhin Ihre Stimme gegen die Unterdrückung der Frauen.“

Die Entscheidung des Nobel-Komitees zeige die „Kraft von Frauen für Freiheit“, erklärte Außenministerin Annalena Baerbock (Grüne) ebenfalls auf X.

Mohammadis furchtlose Stimme lässt sich nicht wegsperren, die Zukunft des Irans sind seine Frauen.

Annalena Baerbock, Außenministerin

Auch beim Stockholmer Friedensforschungsinstitut Sipri stößt die Auszeichnung von Narges Mohammadi auf Zustimmung. „Narges Mohammadi ist eine herausragende Person, mutig bis hin zum Heldentum und seit mehr als 25 Jahren eine führende Persönlichkeit in der iranischen Bewegung für Menschenrechte und Geschlechtergleichstellung“, sagte Sipri-Direktor Dan Smith am Freitag der Deutschen Presse-Agentur.

Das UN-Hochkommissariat für Menschenrechte unterstützt die Verleihung des Friedensnobelpreises 2023 an die iranische Frauenrechtlerin Narges Mohammadi. Die Auszeichnung für die Iranerin streiche den außerordentlichen Mut der Frauen in dem islamischen Gottesstaat hervor, sagte Liz Throssell, Sprecherin des UN-Hochkommissariats, am Freitag in Genf.

Mutig bis hin zum Heldentum.

Dan Smith, Friedensforschungsinstitut Sipri

Irans Frauen seien eine Inspiration für die Welt. Trotz Diskriminierung, Inhaftierung und Gewalt setzten sich Frauen wie Narges Mohammadi unbeirrt für ihre Rechte ein.

Friedensnobelpreis 2023: Selenskyj galt zuvor als Favorit

Insgesamt waren in diesem Jahr 259 Persönlichkeiten und 92 Organisationen für den Preis im Rennen. Die Gesamtzahl von 351 Nominierten ist damit die zweithöchste jemals. Wer unter den Nominierten ist, wird von den Nobel-Institutionen traditionell 50 Jahre lang geheim gehalten.

Der Friedensnobelpreis gilt als wichtigster politischer Preis der Erde. Häufig wird eine einzelne Person oder Organisation mit ihm ausgezeichnet, das Nobelkomitee kann ihn aber auch wie im Vorjahr an bis zu drei Preisträger zugleich vergeben.

Narges Mohammadi, Menschenrechtsaktivistin aus Iran, bei einer Veranstaltung im Jahr 2008.
Narges Mohammadi, Menschenrechtsaktivistin aus Iran, bei einer Veranstaltung im Jahr 2008.

© picture alliance/dpa/AP

Wer den Nobelpreis bekommt, ist vorab stets ein großes Geheimnis. Das führt alljährlich zu großen Spekulationen. Unter Wettanbietern wurde zuletzt der ukrainische Präsident Wolodymyr Selenskyj als Favorit betrachtet – Friedensforscher hielten dies jedoch für eher unwahrscheinlich, weil sich Selenskyj mit der Ukraine weiterhin im Verteidigungskrieg gegen Russland befindet.

Im vergangenen Jahr war der Preis an den inhaftierten belarussischen Menschenrechtsanwalt Ales Bjaljazki sowie die Menschenrechtsorganisationen Memorial aus Russland und Center for Civil Liberties aus der Ukraine gegangen.

Sie waren damit unter anderem für ihren Einsatz für die Zivilgesellschaften in ihren Heimatländern, das Recht auf Machtkritik und den Schutz der Grundrechte der Bürger geehrt worden.

Der belarussische Menschenrechtsaktivist Ales Bjaljazki wird an einem Bahnhof von seinen Anhängern begrüßt (Archivbild).
Der belarussische Menschenrechtsaktivist Ales Bjaljazki wird an einem Bahnhof von seinen Anhängern begrüßt (Archivbild).

© Foto: Dmitry Brushko/dpa

Nobelpreise werden im Dezember überreicht

Der Friedensnobelpreis ist der einzige der Nobelpreise, der nicht in der schwedischen Hauptstadt Stockholm, sondern in der norwegischen Hauptstadt Oslo vergeben wird.

In Stockholm waren von Montag bis Donnerstag bereits die Preisträgerinnen und Preisträger in den Kategorien Medizin, Physik, Chemie und Literatur verkündet worden. Zum Abschluss der diesjährigen Preisbekanntgaben folgt am Montag der Nobelpreis für Wirtschaftswissenschaften.

Alle Auszeichnungen sind in diesem Jahr mit elf Millionen schwedischen Kronen (rund 950.000) und damit mit einer Million Kronen mehr als in den Vorjahren dotiert. Feierlich überreicht werden sie dann traditionell am 10. Dezember, dem Todestag des schwedischen Dynamit-Erfinders und Preisstifters Alfred Nobel (1833-1896). (dpa, epd)

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