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Freunde der 22-jährigen Deutschen Shani Louk, die bei dem Festival von der Hamas entführt wurde, am Dienstag mit Plakaten vor der Deutschen Botschaft in Tel Aviv.

© dpa/Michael Kappeler

Update

In der Gewalt der Hamas: Was über die deutsch-israelischen Geiseln bisher bekannt ist

Mehrere der durch die Hamas verschleppten Geiseln haben die deutsche Staatsbürgerschaft. Unter ihnen sind eine Wissenschaftlerin, eine Tätowiererin und eine schwerkranke 77-Jährige.

| Update:

Von den Geiseln, die durch die Hamas aus Israel in den Gazastreifen verschleppt wurden, haben mehrere neben der israelischen auch die deutsche Staatsangehörigkeit. Das Auswärtige Amt spricht von insgesamt acht Fällen, wobei ein Fall auch mehrere Familienmitglieder umfassen kann.

Die Angehörigen der Geiseln hoffen auf die Unterstützung Berlins bei den Bemühungen um deren Freilassung, wie sie nach einem Treffen mit Bundeskanzler Olaf Scholz (SPD) am Dienstag in Tel Aviv sagten. Einige von ihnen wollen am Sonntag an einer Solidaritätskundgebung in Berlin teilnehmen. Was über die entführten Menschen bisher bekannt ist:

Yarden Roman

Die 35-jährige Deutsch-Israelin hielt sich nach Angaben ihrer Familie während des Hamas-Überfalls gemeinsam mit ihrem Mann Alon und ihrer dreieinhalbjährigen Tochter Gefen zu einem Besuch bei ihren Schwiegereltern im Kibbuz Beeri auf.

Die radikalislamischen Kämpfer drangen in den Schutzraum der Familie ein und verschleppten Yarden, Alon und Gefen aus dem Kibbuz. Auf dem Weg in den Gazastreifen gelang es dem Paar zunächst, gemeinsam mit ihrer Tochter aus dem Fahrzeug ihrer Entführer zu springen und zu fliehen, wie ihre Angehörigen deutschen Medien berichteten.

Das Bild zeigt die Deutsch-Israelin Yarden Roman mit ihrer dreijährigen Tochter Gefen.

© dpa/Roni Romann

Demnach trennte sich Yarden aber von ihrem Mann und ihrer kleinen Tochter, weil sie zu langsam war. Während sich Alon und Gefen erfolgreich verstecken konnten, ist Yarden seither verschwunden  – und auch von ihrer Schwägerin fehlt jede Spur. Von der ebenfalls entführten Schwiegermutter Kinnerat Gat wurde derweil der tote Körper gefunden.

Shoshan Haran

Bei dem Überfall auf den Kibbuz Beeri wurden auch die Wissenschaftlerin Shoshan Haran und neun ihrer Familienmitglieder verschleppt. Die Opfer sind nach Angaben von Freunden und Angehörigen drei bis 65 Jahre alt, das jüngste ist Harans Enkeltochter. Laut „Jüdischer Allgemeine“ ist Shoshan Haran deutsche Staatsbürgerin, ebenso wie drei weitere Angehörige. Zwei Opfer haben demnach die italienische und ein weiteres die österreichische Staatsbürgerschaft.

Familienmitglieder versuchten nach eigenen Angaben immer wieder, ihre vermissten Angehörigen über das Handy zu erreichen. Ein Handy der Vermissten ließ sich demnach im Gazastreifen lokalisieren.

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Schließlich meldete sich einer Erklärung der Angehörigen und Freunde zufolge eine Stimme am Telefon und sagte nur drei Worte mit arabischem Akzent auf Hebräisch: „Gilad Schalit Gaza“ – eine klare Anspielung auf einen im Jahr 2006 entführten israelischen Soldaten, der erst fünf Jahre später im Zuge eines Gefangenenaustauschs wieder freikam.

Shoshan Haran ist deutsche Fullbright-Stipendiatin, Gründerin der internationalen Nichtregierungsorganisation Fair Planet und setzte sich den Angaben zufolge dafür ein, dass westliche Unternehmen ihre Patente für ertragreiches Saatgut und lebensverändernde Biotechnologie mit Ländern in Afrika teilen.

Shani Louk

Die 22-Jährige wird seit dem Hamas-Massaker bei einem Rave-Festival in der Negev-Wüste im Süden Israels vermisst. Ihre Mutter Ricarda Louk ist überzeugt, dass sie noch lebt und mit schweren Kopfverletzungen in einem Krankenhaus in Gaza liegt. Sie erkannte ihre Tochter auf einem Video, wo die 22-Jährige halbnackt auf einem Pick-Up zwischen mehreren Hamas-Männern offenbar im Gazastreifen zu sehen ist, mit dem Gesicht zum Boden, die Beine verdreht.

Shani Louk auf einem Foto, das sie auf ihrem Instagram-Profil zeigt.

© Instagram/Screenshot: TSP

Ricarda Louk beschreibt ihre Tochter als „lebensfroh und friedliebend“, die gerne tanze und Musikfestivals besuche. Nach Angaben eines Freunds arbeitet die gelernte Tätowiererin seit zwei Jahren als Kellnerin in einem Restaurant in Tel Aviv und ist wegen ihrer „witzigen und lebhaften“ Art bei den Kollegen sehr beliebt.

Shani Louk hat laut „Spiegel“ die deutsche und die israelische Staatsbürgerschaft und war mehrfach zu Besuch bei ihren Großeltern in Ravensburg in Baden-Württemberg. Ihre Mutter, eine Katholikin, die später zum Judentum konvertierte, war demnach nach Israel ausgewandert. Der jüdische Vater ist Israeli.

Doron Asher

Der Israeli Yoni Asher ist davon überzeugt, dass seine Frau Doron ebenfalls von der Hamas verschleppt wurde, gemeinsam mit ihren zwei und vier Jahre alten Töchtern und seiner Schwiegermutter. Doron und ihre Kinder hätten die Großmutter im Kibbuz Nir Oz in der Nähe des Gazastreifens besucht, als die Hamas ihren Angriff startete, sagte Asher dem Sender Channel News 12. Er habe seine Familie auf einem Geisel-Video der Hamas erkannt. Demnach haben seine Frau, die beiden Mädchen und auch die Großmutter die deutsche Staatsbürgerschaft.

Margalit und Gadi Moses

Auch die 77-jährige Margalit Moses und ihr 79-jähriger Mann Gadi wurden vermutlich als Geiseln aus Nir Oz in den Gazastreifen verschleppt. Nach Angaben ihres Bruders Chanan Cohan leidet Margalit Moses an Krebs und ist schwerkrank. Der 85-Jährige, der als Sohn deutscher Siedler im damals noch britischen Mandatsgebiet Palästina geboren wurde, arbeitete mehrere Jahre in Deutschland. Ihm zufolge haben alle Angehörigen einen deutschen Pass. Cohen versichert, seine Schwester, ihr Mann und die gesamte Familie hätten sich stets für den Frieden eingesetzt.

Angehörige deutscher Geiseln fordern aktives Handeln Deutschlands

Angehörige deutscher Staatsbürgerinnen und Staatsbürger, die von der Hamas entführt wurden, haben bei einem Treffen mit Bundestagspräsidentin Bärbel Bas (SPD) um mehr Unterstützung Deutschlands gebeten.

„Wir sprachen darüber, dass wir wirklich erwarten, dass Deutschland nicht nur auf der Seite Israels steht und sich auf unsere Seite stellt, sondern aktiv handelt und eine Rolle in diesem Krieg übernimmt“, sagte die Angehörige Roni Roman am Donnerstag nach dem Treffen im Deutschen Bundestag. Ihre Schwester und deren Kind gehören zu den Entführten.

Die Angehörige forderte Deutschland auf, unverzüglich humanitäre Hilfe bereitzustellen, um sicherzustellen, dass die Entführten medizinisch versorgt werden können. Sie betonte die Notwendigkeit, Lebenszeichen von den Entführten zu erhalten und sie sofort nach Deutschland zurückzubringen. „Wir brauchen Deutschland wirklich, um schnell zu handeln. Uns läuft die Zeit davon. Es gibt Familienmitglieder, von denen wir wissen, dass sie entführt wurden, aber wir wissen seit einigen Wochen nicht, wie es ihnen geht.“

Angehörige der Geiseln kritisieren Hilfslieferungen

Nach der Ankündigung humanitärer Hilfslieferungen in den Gazastreifen wollen Familien der Geiseln ihre Proteste verschärfen. Ihre Forderung: Vor jeglicher Hilfe in Gaza müssten zuerst die Gefangenen freigelassen werden.

Israelis protestieren für die Freilassung von 199 Geiseln, die von Hamas-Terroristen im Gazastreifen festgehalten werden.

© imago/UPI Photo/Debbie Hill

Die israelische Zeitung „Haaretz“ schrieb am Mittwochabend, die Vertretung der Geiselfamilien habe eine geplante Öffnung des ägyptischen Grenzübergangs für humanitäre Güter als „schreckliche Entscheidung“ kritisiert. „Kinder, Babys, Frauen, Soldaten, Männer und alte Menschen – von denen einige an schweren Krankheiten oder Schussverletzungen leiden – werden unter unmenschlichen Bedingungen wie Tiere unter der Erde festgehalten“, und dennoch „belohne“ die israelische Regierung Mörder und Geiselnehmer, hieß es den Angaben zufolge in der Mitteilung.

Verzweifelte Angehörige der Geiseln demonstrieren bereits seit einigen Tagen vor dem Militärhauptquartier in Tel Aviv. Sie fordern eine rasche Freilassung ihrer von der im Gazastreifen herrschenden Hamas entführten Familienmitglieder. Ägypten hatte nach Angaben von US-Präsident Joe Biden zugesichert, zunächst bis zu 20 Lastwagen über den Grenzübergang Rafah in den Gazastreifen zu lassen. Israel versprach, humanitäre Hilfslieferungen aus Ägypten nicht zu behindern.

Die Zahl der Geiseln nach dem Hamas-Terrorangriff auf Israel liegt nach israelischen Angaben bei mehr als 200. Bisher seien Familien von 203 Menschen über die Entführung ihrer Angehörigen in den abgeriegelten Gazastreifen informiert worden, bestätigte die Armee am Donnerstag. (AFP/dpa)

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