zum Hauptinhalt
Treffen in Riad: Der saudische Kronprinz Mohammed bin Salman und Chinas Partei- und Staatschef Xi Jinping.

© Reuters/Bandar Algaloud

Golfmonarchie drosselt Ölproduktion: Wendet sich Saudi-Arabien vom Westen ab?

Die Saudis wollen wie Russland weniger Öl fördern und einem Sicherheitsbündnis unter Chinas Führung beitreten. Was das für die Beziehungen zu den USA bedeutet.

Schlechte Nachrichten für den Westen: Saudi-Arabien will ab Mai bis Jahresende gemeinsam mit Russland, den Vereinigten Arabischen Emiraten, Kuwait, Oman und Algerien die Ölproduktion drosseln.

Ein überraschender Schritt, der die Preise für den Rohstoff sofort um acht Prozent steigen ließ – zum Ärger der USA, die gerade ihre Reserven günstig auffüllen wollten. Außerdem baut Riad für 12,2 Milliarden Dollar mit chinesischen Partnern eine neue Ölraffinerie und will in die Schanghaier Organisation für Zusammenarbeit eintreten.


Löst sich das saudische Königshaus vom Westen und dem Verbündeten Amerika?

Das sieht Sebastian Sons vom Bonner Forschungsinstitut Carpo nicht so. „Die Monarchie setzt vielmehr ihren bereits zuvor eingeschlagenen Kurs fort: Die wirtschaftlichen und politischen Beziehungen sollen verbreitert werden. Die enge Verbundenheit mit dem Westen, vor allem den USA, besteht zwar fort, gerade in Sicherheitsfragen. Aber das reicht den Saudis nicht mehr aus“, sagt der Experte für die Golfregion.

Es gibt eine Hinwendung Saudi-Arabiens nach Osten. Schon heute ist Peking der wichtigste Geschäftspartner, der zudem keine kritischen Fragen stellt.

Sebastian Sons, Experte für die Golfregion

Vor allem China komme eine immer größere Bedeutung zu. „Es gibt eine Hinwendung Saudi-Arabiens nach Osten. Schon heute ist Peking der wichtigste Geschäftspartner, der zudem keine kritischen Fragen stellt.“

Dies gehe mit einer klaren Botschaft Richtung Westen einher: Wir sind selbstbewusst genug, um auch ohne Washingtons Unterstützung unsere Position in der Region zu stärken. „Das zeigt: Amerika hat nur noch wenig Einfluss, die Saudis vertrauen den USA nicht mehr.“


Schwindet Washingtons Autorität im Nahen Osten?

Die Region ist eine seit Langem krisen- und konfliktgeplagte. Dementsprechend ist in den vergangenen Jahren das Interesse der USA gesunken, sich dort zu engagieren. Einige Beobachter sprechen sogar von einem Rückzug Amerikas, der sich unter US-Präsident Barack Obama beschleunigt habe. Vor allem dessen Bemühen, den Iran und sein Atomprogramm durch Verhandlungen auszubremsen, kam in Israel und Saudi-Arabien überhaupt nicht gut an.

Sein Nachfolger Donald Trump ging zwar auf die Herrscher am Golf und den jüdischen Staat wieder demonstrativ zu. Doch Joe Biden machte gleich zum Amtsantritt klar, dass er gerade Saudi-Arabien nicht mehr alles durchgehen lassen wollte – von Menschenrechtsverletzungen bis zum Krieg im Jemen.

Biden nannte das Königreich sogar einen „Paria-Staat“ – eine Kränkung für die stolzen Saudis und ihren De-facto-Herrscher Kronprinz Mohammed bin Salman.

Seitdem hat sich das Verhältnis zwischen den beiden nicht verbessert. Im Gegenteil. Der Ukraine-Krieg und der Hunger des Westens nach Rohstoffen wie Öl oder Gas hat Saudi-Arabien zu neuer Stärke verholfen.

Das lässt der saudische Thronfolger Biden bei jeder Gelegenheit spüren. Die angekündigte Drosselung der Ölfördermenge – gegen den erklärten Wunsch der USA und ganz im Sinne Russlands – passt zum neuen saudischen Selbstbewusstsein gegenüber Amerika: Es ist eine Machtdemonstration. Eine, die Biden und seine Regierung schmerzen dürfte.


Was verspricht sich China?

Peking will seinen Einfluss in Nahost ausbauen und sich als alternative Weltmacht zu den USA positionieren. „Auch wenn China ,Blockpolitik’ kritisiert, versucht es dennoch, einen eigenen Block aufzubauen“, sagt Andrew Small, Experte beim German Marshall Fund. Partner seien Länder, „die wichtige Elemente der Weltanschauung Pekings teilen und mit denen es die wirtschaftlichen und sicherheitspolitischen Beziehungen vertiefen möchte“.

Bedeutend ist, dass Saudi-Arabien gerade jetzt den Status eines Dialogpartners in der Schanghaier Organisation für Zusammenarbeit erhält, in der Iran schon seit 2022 vollwertiges Mitglied ist. Man kann davon ausgehen, dass China die Aussicht auf eine SCO-Mitgliedschaft in Gesprächen mit Riad einsetzte, um mit Teheran eine Lösung für den Jemen-Konflikt zu erreichen.

Durch das Abkommen könne Peking beginnen, Iran und Saudi-Arabien in eigene Bündnisse einzubinden, die es gegen westlich geführte Institutionen aufbauen will, erklärt Small. Ziel sei es, gegen Sanktionen resistenter zu werden. Im Finanzbereich etwa könne man schon eine stärkere Einbindung des Yuan in den Wirtschaftsbeziehungen zu diesen beiden wichtigen Energielieferanten beobachten.

Doch es geht China nicht nur um den Ausbau der Wirtschaftsbeziehungen. „Inzwischen fungiert die SCO als Plattform, um Chinas politischen Einfluss auszudehnen. Der Westen wird bewusst ausgeschlossen, um einer alternativen internationalen Ordnung den Weg zu bereiten“, sagt Alpermann.

Zudem versuche Peking verstärkt, enge Verbindungen zur islamischen Welt aufzubauen, „um leichter Kritik an den Menschenrechtsverletzungen in der von Uiguren bewohnten Region Xinjiang zurückweisen“ zu können.

Zur Startseite

showPaywall:
false
isSubscriber:
false
isPaid:
showPaywallPiano:
false