zum Hauptinhalt
Eine EU-Flagge (Symbolfoto).

© IMAGO/Panama Pictures/IMAGO/Dwi Anoraganingrum

Gewalt gegen Frauen: EU-weite Definition von Vergewaltigung steht auf der Kippe

Stalking und Genitalverstümmelung könnten bald europaweit unter Strafe stehen. Unklar ist jedoch, ob das EU-Parlament sich auf eine Definition von Vergewaltigung einigen kann.

Eine europaweit einheitliche Ahndung von Vergewaltigungen steht auf der Kippe: Das zeichnete sich laut Diplomaten vor der voraussichtlich letzten Verhandlungsrunde über ein EU-Gesetz gegen Gewalt an Frauen ab. Deutschland hat rechtliche Bedenken und ist deshalb mit scharfer Kritik von Frauenrechtlerinnen konfrontiert.

Unterhändler der Mitgliedsländer und des Europaparlaments wollen sich am Dienstag im Grundsatz auf einen einheitlichen Gesetzestext für die Gewaltschutz-Richtlinie einigen. Der Straftatbestand der Vergewaltigung dürfte dabei ausgeklammert werden.

Mehrere Länder haben rechtliche Zweifel

Eine europaweit gültige Definition scheitert laut Diplomaten am Widerstand von Deutschland, Frankreich, Ungarn und weiteren Mitgliedsländern. Sie argumentieren, der Vorschlag gehe über die EU-Kompetenzen hinaus und das Gesetz sei damit vor Europagerichten angreifbar.

Empfohlener redaktioneller Inhalt

An dieser Stelle finden Sie einen von unseren Redakteuren ausgewählten, externen Inhalt, der den Artikel für Sie mit zusätzlichen Informationen anreichert. Sie können sich hier den externen Inhalt mit einem Klick anzeigen lassen oder wieder ausblenden.

Ich bin damit einverstanden, dass mir der externe Inhalt angezeigt wird. Damit können personenbezogene Daten an Drittplattformen übermittelt werden. Mehr Informationen dazu erhalten Sie in den Datenschutz-Einstellungen. Diese finden Sie ganz unten auf unserer Seite im Footer, sodass Sie Ihre Einstellungen jederzeit verwalten oder widerrufen können.

Die EU-Kommission hatte das Gesetz gegen Gewalt an Frauen zum Internationalen Frauentag am 8. März 2022 vorgeschlagen. Täter sollten damit EU-weit wegen Vergewaltigung belangt werden können, auch wenn sie das Opfer nicht geschlagen oder bedroht haben. Bisher sind in 18 der 27 Mitgliedstaaten Gewalt oder Drohungen Voraussetzung für eine Strafverfolgung.

„Ja heißt Ja“ oder „Nein heißt Nein“?

Frauenrechtlerinnen erhofften sich, mit der Neuregelung könne das Prinzip „Ja heißt Ja“ europaweit Gültigkeit erhalten. Unter anderem in Schweden und Spanien gilt dies bereits: Frauen müssen dem Sex ausdrücklich zustimmen, damit er als einvernehmlich gilt.

In Deutschland gilt seit einer Reform des Sexualstrafrechts 2016 dagegen das Prinzip „Nein heißt Nein“. Eine Vergewaltigung liegt nur dann vor, wenn Frauen den Sex deutlich ablehnen. Sie müssen sich seit der Reform aber nicht mehr unbedingt körperlich wehren, sondern können dies auch durch Worte oder Gesten zum Ausdruck bringen.

Kritik an „Blockade-Haltung“ Buschmanns

Wegen seines Neins zu den schärferen EU-Plänen steht Bundesjustizminister Marco Buschmann (FDP) in der Kritik. „Mit dieser Blockade-Haltung steht der Schutz von Millionen von Frauen vor Gewalt in der EU auf dem Spiel“, heißt es in einem Ende Januar veröffentlichten Brief an den FDP-Politiker, den mehr als hundert Frauen aus Politik, Medien und Kultur unterzeichneten.

In anderen Punkten könnten sich die EU-Institutionen dagegen einig werden. Mit dem Gewaltschutzgesetz soll etwa die weibliche Genitalverstümmelung in ganz Europa als Straftat gelten. Zudem sollen das Stalking und Mobbing von Frauen im Internet EU-weit unter Strafe gestellt werden. Das Gleiche gilt für das böswillige Weiterverbreiten intimer Aufnahmen.

Jede dritte Europäerin habe Erfahrungen mit Gewalt oder häuslicher Gewalt, heißt es von der EU-Kommission. Jede Zwanzigste sei Opfer einer Vergewaltigung. Jede zweite junge Frau klage zudem über sexualisierte Gewalt im Internet. (AFP)

Zur Startseite

showPaywall:
false
isSubscriber:
false
isPaid:
showPaywallPiano:
false