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Das Denkmal „Schwerter zu Pflugscharen“ vor dem UN-Hauptquartier in New York.

© stock.adobe.com/Carlo Prearo

Generalversammlung in New York: Welche Rolle können die Vereinten Nationen noch spielen?

Am 5. September beginnt in New York die jährliche Generalversammlung der Vereinten Nationen. Nicht nur in der aktuellen Krise wirken die UN dysfunktional. Drei Einschätzungen zu ihrer Zukunft.

In New York beginnt am Dienstag die 78. Generalversammlung der Vereinten Nationen (UN). Vor allem in den aktuellen Krisen wie dem Ukrainekrieg wirken die UN kaum handlungsfähig. Welche Rolle können sie überhaupt noch spielen? Drei Expert:innen geben ihre Einschätzung. Alle Folgen der Kolumne „3 auf 1“ finden Sie hier.


Die UN sind weiter die beste Antwort auf globale Herausforderungen

Die Vereinten Nationen (UN) sind ein gemeinschaftliches Projekt der Regierungen der Welt. Ihre Erfolge und Misserfolge spiegeln Ebbe und Flut des Vertrauens und des politischen Willens wider. Dies kann die Handlungsfähigkeit der Organisation angesichts einer Krise einschränken.

Das Ausfransen der internationalen Solidarität ist besorgniserregend. Die UN sind nach wie vor unsere beste Antwort auf die globalen Herausforderungen. Ob es um Künstliche Intelligenz, Plastikverschmutzung oder Klimaschutz geht, die Menschen auf der Welt setzen instinktiv ihr Vertrauen und ihre Hoffnung in Lösungen, die von den UN erarbeitet wurden – und das aus gutem Grund. Sie leistet humanitäre Hilfe für 200 Millionen Menschen und schließt unzählige Lücken in der Entwicklung und Konfliktverhütung.

Kein Land ist von ihrer Arbeit unberührt. Alle Regierungen müssen an ihre Zusage erinnert werden, „beispiellosen politischen Willen und Führungsstärke“ zum Wohle der heutigen und künftigen Generationen aufzubringen – und diese Zusage einhalten.


Es wäre fatal, die UN totzusagen

Ein UN-Sicherheitsrat, dem – wie diesen April – der Aggressor Russland vorsitzt? Das Gremium, das über den Weltfrieden wachen soll, scheint damit ad absurdum geführt zu sein. Das gilt auch für einen Menschenrechtsrat, dem China angehört, oder eine Frauenrechtskommission, zu dessen Mitgliedern – bis zu seinem Ausschluss Ende 2022 – der Iran zählte.

Und dennoch wäre es fatal, die UN totzusagen. Es käme einer globalen Bankrotterklärung gleich: Projekt Weltfrieden – für alle Zeiten gescheitert. Es gilt daher, die Widersprüche auszuhalten. Die UN können in Krisenzeiten vieles, sogar Entscheidendes leisten. Sie sind die Plattform für globalen Dialog. Weltweit stellen sie dringend benötigte Hilfsleistungen bereit.

Gleichzeitig muss die Weltgemeinschaft weiter an den UN arbeiten, auch wenn Reformen derzeit schwieriger denn je zu erreichen sind. Das darf keine Entschuldigung sein. Es braucht starke Allianzen, um die UN zukunftsfähig zu machen. Und ein Sicherheitsrat, der immer noch die Lage nach dem Zweiten Weltkrieg abbildet, ist das bestimmt nicht.


Deutschland sollte mehr in die UN investieren

Seit Xi Jinpings Machtübernahme vor gut zehn Jahren strebt China systematisch nach mehr Einfluss innerhalb der UN. Die chinesische Führung nutzt die UN als Bühne, um sich als „verantwortungsbewusste Großmacht“ zu präsentieren sowie globale Initiativen vorzustellen und zu bewerben.

China hat sich seit Jahren als Verbündeter des Globalen Südens positioniert. Entwicklungsländer sind Chinas bevorzugte und willige Partner bei seinen Bemühungen, die globale Ordnung zu verändern. Nach Jahren des Kapazitätsaufbaus ist China zunehmend in der Lage, Mehrheiten innerhalb des UN-Systems zu finden und die eigenen Interessen effektiv durchzusetzen.

Wir werden nie wieder eine globale Struktur haben, die die westlichen Interessen so reflektiert wie die UN. Daher sollte Deutschland mehr in die UN investieren, die Beziehungen zu Staaten des Globalen Südens pragmatisch und strategisch vertiefen und die eigenen Leistungen besser bewerben. Denn was auch immer auf die UN folgen könnte, wird noch chinesischer und weniger westlich geprägt sein.

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