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Im Gabun haben eine Gruppe Soldaten und Polizisten in einer Fernsehansprache das „Ende des derzeitigen Regimes“ verkündet. 

© AFP/GABON 24

Update

Der nächste Militärputsch in Afrika: Militärs verkünden Sturz der Regierung von Gabun – Russland „zutiefst besorgt“

Wenige Tage nach den Wahlen in Gabun erklärten Soldaten das „Ende des Regimes“. Präsident Bongo wurde kurzfristig unter Hausarrest gestellt. Nun reagierten Frankreich und Russland auf den Putsch.

| Update:

Die französische Regierung hat den laufenden Militärputsch im zentralafrikanischen Gabun verurteilt. Frankreich bekräftige seinen Wunsch, dass die Ergebnisse der Wahlen vom vergangenen Wochenende in Gabun „respektiert werden können, sobald sie bekannt sind“, erklärte Regierungssprecher Olivier Véran am Mittwoch in Paris.

Zutiefst besorgt“ wegen des Staatsstreichs in Gabun zeigte sich auch Russland. Kreml-Sprecher Dmitri Peskow sagte in Moskau, Russland „verfolgt genau, was dort passiert“.

Soldaten verkünden „Ende des derzeitigen Regimes“

Im Gabun haben eine Gruppe Soldaten und Polizisten in einer Fernsehansprache das „Ende des derzeitigen Regimes“ verkündet.

Die zwölf Männer kündigten am Mittwoch im Sender Gabon 24 zudem an, die Präsidentschafts- und Parlamentswahlen vom vergangenen Wochenende zu annullieren und „alle Institutionen der Republik“ aufzulösen. Die Grenzen des zentralafrikanischen Staates blieben bis auf Weiteres geschlossen.

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Das Militär ernannte den Chef der Präsidialgarde Brice Oligui Nguema zum Übergangspräsidenten. Eine entsprechende Erklärung verlasen Soldaten in der TV-Übertragung. Im Internet zirkulieren außerdem Videos, in denen Militärs zu sehen sind, die Nguema feiern und hochleben lassen und als den „neuen starken Mann“ bezeichnen. Nguema gehört zur Familie des am Mittwoch gestürzten Präsidenten Ali Bongo Ondimba.

Die Wahlergebnisse seien gefälscht, sagte die Gruppe, die sich als Ausschuss für Übergang und Wiederherstellung von Institutionen (CTRI) bezeichnete.

Der gabunische Präsident Ali Bongo bei einer Rede am 30. August 2023.

© Xinhua/Imago

Nach Putsch: Präsident Bongo unter Hausarrest

Der bisherige Präsident ist offenbar festgesetzt worden. Bongo befinde sich im Kreise seiner Familie und Ärzte im Hausarrest, teilten die Anführer des Staatsstreichs mit. Einer seiner Söhne sei wegen „Hochverrats“ festgenommen worden, gaben sie weiter bekannt.

Die Militärs begründeten den Schritt mit der „unverantwortlichen, unvorhersehbaren Regierungsführung“, die zu einem „kontinuierlichen Verfall des sozialen Zusammenhalts“ geführt habe, der das Land „ins Chaos“ zu stürzen drohe. Sie gaben an, für das „Komitee für den Übergang und die Wiederherstellung der Institutionen“ zu sprechen.

Regierung verhängte zuvor Internet- und Ausgangssperre

Journalisten der Nachrichtenagentur AFP berichteten von Schüssen in der Hauptstadt Libreville. Die Regierung war für eine Stellungnahme zunächst nicht erreichbar.

Einige Gabuner feiern am 30. August 2023 auf einer Straße in der Wirtschaftsmetropole Port-Gentil nach der Bekanntgabe des Militärputsches.

© IMAGO/Afrikimages

In Gabun hatten am Samstag Wahlen stattgefunden. Vor der Fernsehansprache der Militärs hatte die Wahlkommission den Sieg des amtierenden, langjährigen Staatschefs Bongo verkündet.

Bongo habe bei der Abstimmung, die am Samstag stattfand, 64,27 Prozent der Stimmen erhalten, hieß es von der Kommission. Am Wochenende hatte die Regierung den Internetzugang gesperrt, eine Ausgangssperre von 19 bis 6 Uhr verhängt und mehreren französischen Rundfunksendern die Ausstrahlung verboten.

Am Samstag waren 850.000 der etwa 2,3 Millionen Bewohner zur Wahl aufgerufen. Erstmals wurden gleichzeitig der Präsident, das Parlament und auf kommunaler Ebene gewählt. Eine erste Wiederwahl 2016 hatte Bongo nur mit einem Vorsprung von gut 5000 Stimmen gewonnen. Ihm wurde Manipulation vorgeworfen. In der Folge kam es zu schweren Ausschreitungen.

Ein Regierungssprecher rechtfertigte die Internetsperre damit, „falsche Informationen“ und „Aufrufe zur Gewalt“ zu bekämpfen. Den Sendern France 24, RFI und TV5 Monde warf die zuständige Behörde „Mangel an Objektivität und Ausgewogenheit in der Berichterstattung über die aktuellen allgemeinen Wahlen“ vor. Die Wahl war zudem durch das Fehlen internationaler Beobachter geprägt. Anfragen ausländischer Journalisten auf Akkreditierung wurden systematisch abgelehnt.

Bongos Familie regiert in Gabun seit 1967

Gabuns Präsident Bongo strebt seine dritte Amtszeit an und will damit die mehr als 50 Jahre währende Herrschaft seiner Familie in dem Land fortsetzen, dessen Bevölkerung trotz Öl-Reichtums großteils in Armut lebt. Ali Bongo übernahm das Amt 2009 von seinem Vater Omar Bongo, der von 1967 bis zu seinem Tod regiert hatte.

Der mehr als 50 Jahre autokratisch regierenden Bongo-Familie wird seit Langem Korruption vorgeworfen. Sie gilt Berichten zufolge als eine der reichsten Familien der Welt, besitzt eine private Flugzeugflotte, etliche Luxusautos und soll gemäß der Nichtregierungsorganisation Transparency International Dutzende Residenzen in Frankreich im Wert von vielen Millionen Euro besitzen.

Um den Reichtum Bongos gab es immer wieder Skandale. Nach Angaben von Transparency International gehört Gabun zu den korruptesten Ländern der Welt. 2008 verklagte die Gruppe Bongo aufgrund von Veruntreuung staatlicher Öleinnahmen durch Privatkonten in Frankreich. Die Ermittlungen endeten jedoch ohne Ergebnis. 

Der EU-Außenbeauftragte Josep Borrell äußerte sich am Rande eines EU-Verteidigungsministertreffens im spanischen Toledo besorgt über die Berichte aus Gabun. Wenn sich die Informationen bestätigen sollten, handele es sich um einen weiteren Militärputsch, der die Instabilität in der Region noch einmal erhöhen werde, sagte er.

Erst vor knapp einem Monat hatte die Nationalgarde in Niger gegen den dortigen Präsidenten geputscht. Seitdem droht eine militärische Intervention der westafrikanische Staatengemeinschaft Ecowas. (Tsp, AFP, Reuters, dpa, epd)

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