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Nach ihrer Machtübernahme im August 2021 haben die Taliban die Rechte der Frauen massiv eingeschränkt.

© dpa/Oliver Weiken

Arbeitsverbot für Frauen in Afghanistan: Hilfsorganisationen protestieren – und stellen ihre Tätigkeit ein

Die Taliban untersagen Hilfsorganisationen, Frauen zu beschäftigen. Einige NGOs setzen ihre Unterstützung aus. Wird die Not der Afghanen noch größer?

Dieser Schritt dürfte den internationalen Helfern sehr schwer gefallen sein: Wegen des von den radikalislamischen Taliban verhängten Arbeitsverbots für Frauen stellen mehrere ausländische Organisationen ihre Unterstützung vorerst ein.

„Bis wir Klarheit über diese Ankündigung haben, setzen wir unsere Programme aus“, hieß es in einer gemeinsamen Mitteilung von Save the Children, dem Norwegischen Flüchtlingsrat und Care. Sie fordern, dass Männer und Frauen gleichermaßen die lebensrettende Hilfe in Afghanistan fortsetzen können. „Wir können Kinder, Frauen und Männer in dringender Not nicht ohne unsere weiblichen Angestellten erreichen.“

Das Internationale Rettungskomitee (IRC), das unter anderem Hilfe in den Bereichen Gesundheit und Bildung leistet und 3.000 Frauen in ganz Afghanistan beschäftigt, teilt mit, dass es ebenfalls seine Tätigkeit vorerst einstelle.

Wir werden nicht akzeptieren, dass die Taliban die humanitäre Hilfe zum Spielball ihrer Frauenverachtung machen.

Annalena Baerbock (Grüne), Deutschlands Außenministerin

Diesem Schritt schließt auch die Aktion gegen den Hunger an. Ausnahmen gebe es nur bei lebenswichtigen medizinischen Maßnahmen für Kinder, die an akuter Unterernährung leiden.

Die seit August 2021 wieder herrschenden Taliban hatten das Beschäftigungsverbot am Wochenende bekannt gegeben und mit „ernsthaften Beschwerden“ über das Nichttragen des Hidschabs im Zusammenhang mit für Nichtregierungsorganisationen (NGOs) tätigen Frauen begründet. Komme eine Organisation dieser Anordnung nicht nach, werde ihre Lizenz entzogen, hieß es.

Die Ankündigung der Machthaber stößt auf heftige Kritik. „Wir werden nicht akzeptieren, dass die Taliban die humanitäre Hilfe zum Spielball ihrer Frauenverachtung machen“, schreibt Außenministerin Annalena Baerbock (Grüne) im Kurzbotschaftendienst Twitter. Die Taliban raubten „der Hälfte der Bevölkerung ein weiteres Grundrecht, brechen humanitäre Prinzipien und gefährden die lebenswichtige Versorgung der Menschen“.

Auch Deutschland könnte die Hilfe aussetzen

Ähnlich sieht das Entwicklungshilfeministerin Svenja Schulze (SPD). Sie spricht sich dafür aus, die Unterstützung durch Deutschland auszusetzen. Mit dem Beschäftigungsverbot für Frauen hätten die Herrschenden einen „unverantwortlichen Schlag gegen die Hilfe für das afghanische Volk getan“. Ohne weibliche Beschäftigte könnten Organisationen ihre Arbeit in vielen Bereichen für die Hälfte der Bevölkerung nicht fortführen.

UN-Generalsekretär António Guterres sei „zutiefst beunruhigt“, teilte sein Sprecher in New York mit. „Diese Entscheidung wird die Arbeit zahlreicher Organisationen untergraben, die im ganzen Land den Schwächsten helfen, vor allem Frauen und Mädchen.“

Afghanischen Mädchen ist der Besuch von Mittel- und Oberschulen untersagt.

© dpa/Ebrahim Noroozi

Seit ihrer erneuten Machtübernahme drängen die Taliban Frauen massiv aus dem öffentlichen Leben heraus – obwohl sie zunächst in Aussicht gestellt hatten, einen gemäßigteren Kurs einzuschlagen. Doch offenbar gewinnen fundamentalistische Kräfte innerhalb der Miliz immer mehr an Einfluss.

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Inzwischen ist es zum Beispiel Mädchen nur erlaubt, bis zur siebenten Klasse zur Schule zu gehen. Erst vor wenigen Tagen wurde Studentinnen untersagt, eine Hochschule zu besuchen. Landesweit protestieren Frauen gegen das Verbot.

Zudem ist Verschleierung für alle Frauen und sogar für die jungen Mädchen verpflichtend. Gemeint ist damit die Burka oder der schwarze arabische Tschador samt Gesichtsschleier.

Afghanistan steckt in einer schlimmen Wirtschaftskrise, immer mehr Familien verarmen. Gut die Hälfte der 40 Millionen Menschen ist auf Hilfe angewiesen und muss mit einer Mahlzeit pro Tag auskommen.

Dürren und Überschwemmungen dezimieren die Ernten und den Viehbestand. Viele Kinder sind mangelernährt. Ihnen drohen langfristige Gesundheitsprobleme. Wenn jetzt ausländische Hilfsorganisationen nicht nur aussetzen, sondern ganz einstellen, dürfte sich die Not der Afghaninnen und Afghanen nochmals drastisch verschärfen.

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