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Die staatlichen Behörden gehen hart gegen Frauen vor, wenn sie die Kleidungsvorschriften nicht einhalten.

© Imago/Morteza Nikoubazl

Update

16-Jährige nach Vorfall mit Sittenpolizei hirntot: Irans Regime fürchtet einen zweiten Fall Mahsa Amini

Eine 16-jährige Schülerin ohne Kopftuch soll von Irans Sittenpolizei so sehr bedrängt worden sein, dass sie ins Koma fiel. Jetzt soll sie hirntot sein.

| Update:

Eine unter umstrittenen Umständen in der Teheraner U-Bahn schwer verletzte 16-jährige Schülerin ist anscheinend hirntot. Der Zustand von Armita Garawand sei „nicht ermutigend, und trotz der Bemühungen der Ärzte scheint sie hirntot zu sein“, berichtete die mit dem Jugend- und Sportministerium verbundene Agentur Borna am Sonntag.

Der Fall schlägt seit Anfang Oktober hohe Wellen. Iranische Regimegegner werfen der Religionspolizei in Teheran vor, ein Jahr nach dem Tod der 22-jährigen Mahsa Amini im Streit um die Kopftuchpflicht wieder eine junge Frau ins Koma geprügelt zu haben.

Armita Garawand, die aus einer kurdischen Region stammt, sei in einem Zug der Teheraner U-Bahn mit Beamten der Religionspolizei aneinandergeraten, weil sie kein Kopftuch trug, berichten Aktivisten.

Die Behörden streiten ab, dass es eine Auseinandersetzung gab – doch vieles spricht dafür, dass sie die Wahrheit verschleiern wollen, weil sie neue Proteste gegen die Regierung befürchten.

Das neue Ereignis hat dem iranischen Staat große Angst eingejagt.

Arif Keskin, Iran-Experte

Wie die iranische Exil-Menschenrechtsgruppe Hengaw in Norwegen und der Exil-Radiosender Zamaneh in den Niederlanden berichteten, trug Armita Garawand am Sonntag auf dem Weg zur Schule in der U-Bahn kein Kopftuch, als sie zusammen mit Freundinnen einer Streife der Religionspolizei begegnete.

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Sie sei von einem Sittenwächter gestoßen worden, worauf sie mit dem Kopf auf eine Metallstange oder einen anderen harten Gegenstand prallte und Hirnblutungen erlitt. Sie liege in einem Teheraner Militärkrankenhaus im Koma.

Die staatlichen Behörden streiten den Vorfall ab

Die iranischen Behörden erklärten dagegen, Armita sei ohnmächtig geworden, weil sie nicht gefrühstückt habe. Die staatliche Nachrichtenagentur Irna veröffentlichte Aufnahmen einer Überwachungskamera an einer Teheraner U-Bahn-Station, die zeigen, wie mehrere junge Mädchen eine Person aus dem Zug tragen.

Doch die Behörden wecken mit ihrem eigenen Verhalten Zweifel an ihrer Darstellung. Wie Hengaw am Donnerstag mitteilte, wurde die Mutter von Armita Garawand verhaftet. Die Regierung veröffentlichte zudem keine Aufnahmen aus dem Inneren des U-Bahnwaggons, in dem Armita verletzt wurde. 

Das Regime zeigt bei der Kopftuchpflicht Härte

Die Klinik, in der die 16-jährige behandelt wird, ist nach Angaben der Opposition abgeschottet; dem Personal seien die Handys abgenommen worden. Trotzdem gelangte ein Foto an die Öffentlichkeit, das nach Angaben von Aktivisten die schwer verletzte Armita im Krankenhaus zeigte.

In vielen Ländern wurde an den Tod von Mahsa Amini vor gut einem Jahr erinnert.
In vielen Ländern wurde an den Tod von Mahsa Amini vor gut einem Jahr erinnert.

© REUTERS/Anushree Fadnavis

Mahsa Amini starb im September 2022 nach der Festnahme durch die Religionspolizei an Verletzungen, die sie beim Verhör erlitten hatte. Ihr Tod löste landesweite Massendemonstrationen aus.

Kompromisse bei der Kopftuchpflicht lehnt das Regime trotzdem ab: Das Parlament verabschiedete vor Kurzem ein neues Gesetz, das bis zu zehn Jahre Haft für Frauen vorsieht, die in der Öffentlichkeit ihr Haar nicht verhüllen.

„Das neue Ereignis hat dem iranischen Staat große Angst eingejagt“, sagt der türkische Iran-Experte Arif Keskin über den Fall Amitra Garawand. Teheran befürchte neue Proteste. In der iranischen Öffentlichkeit werde das Ereignis als „neuer Fall Mahsa Amini“ betrachtet. Ähnlich wie nach Aminis Tod glaube niemand an die offizielle Version. (mit AFP)

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