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Halteübungen wie der Unterarmstütz, auch Plank genannt, wirken noch effektiver auf den Blutdruck als Ausdauersport.

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Unterarmstütz statt Joggen: Das sind die effektivsten Übungen gegen Bluthochdruck

Ausdauertraining gilt als Standardprogramm für Patienten mit Bluthochdruck. Wer nur auf Joggen und Radfahren setzt, verschenkt aber womöglich Potenzial. Das zeigt eine neue Studie.

Von Alice Lanzke, dpa

Patienten mit Bluthochdruck bekommen häufig moderates Ausdauertraining empfohlen. Doch ist das tatsächlich die wirksamste Methode, um die Werte in den Griff zu bekommen? Offenbar nicht. Das legt zumindest eine Metaanalyse nahe, über die ein britisches Forschungsteam im „British Journal of Sports Medicine“ berichtet. Demnach sind wahrscheinlich vor allem statische isometrische Übungen, also Kraftübungen, bei denen die Muskeln ohne Bewegung angespannt werden, besonders gut geeignet, um den Blutdruck zu senken.

Bluthochdruck, auch Hypertonie genannt, ist schon lange eine globale Volkskrankheit: 2021 ergab eine im Fachblatt „The Lancet“ veröffentlichte Studie, dass sich die Zahl der Betroffenen in 200 untersuchten Ländern zwischen 1990 und 2019 auf knapp 1,3 Milliarden verdoppelt hat. Allein hierzulande sind es nach Angaben der Deutschen Hochdruckliga zwischen 20 und 30 Millionen Menschen. Unbehandelt kann die Krankheit zu Nierenschäden, Herz-Kreislauf-Erkrankungen und Schlaganfällen führen.

Allerdings gibt es mittlerweile zahlreiche wirksame medikamentöse wie auch nicht-medikamentöse Behandlungsmöglichkeiten. Zu letzteren zählt neben einer angepassten Ernährung vor allem regelmäßige Bewegung. Gängige Empfehlungen stellen dabei häufig moderates Ausdauertraining in den Vordergrund, also zum Beispiel Gehen, Schwimmen oder Radfahren.

Sport wirkt immer, allerdings unterschiedlich effektiv

Wie eine Forschungsgruppe, bestehend aus Wissenschaftlern der britischen Canterbury Christ Church University und der University of Leicester, nun allerdings herausgearbeitet hat, könnten derartige Empfehlungen womöglich eine Überarbeitung vertragen und um neue Trainingsformen erweitert werden müssen. Zu diesem Schluss kommen die Wissenschaftler nach Auswertung von 270 Studien, die zwischen 1990 und Februar 2023 veröffentlicht wurden und insgesamt fast 16.000 Teilnehmende umfassten.

Die Studien untersuchten, wie sich verschiedene Sportformen, die für mindestens zwei Wochen durchgeführt wurden, auf den Blutdruck auswirkten. Als gesunden Blutdruck definierten die Autoren dabei einen Ruhewert unter 130 zu 85, als hohen Blutdruck einen Wert ab 140 zu 90.

Sport ist bei der Behandlung von Bluthochdruck noch dramatisch unterschätzt und drastisch ungenutzt.

Hans-Georg Predel, Sportmediziner

Die Auswertung ergab, dass alle untersuchten Trainingsformen sowohl den oberen (systolischen) als auch den unteren (diastolischen) Wert senken konnten – allerdings mit unterschiedlicher Effektivität. So ließen isometrische Übungen – dazu zählen zum Beispiel der Unterarmstütz (auch „Plank“ genannt), die Skihocke, der Wandsitz („Wall Sit“) oder Handgriff-Kraftübungen – die Werte bei Menschen mit Hypertonie am stärksten sinken: nämlich um durchschnittlich 8,24 zu 4 Punkte.

Die Skihocke fordert vor allem die Muskulatur in den Oberschenkeln.

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Dahinter folgten eine Kombination aus Ausdauer- und dynamischem Krafttraining (minus 6,04 zu 2,54), dynamisches Krafttraining allein (minus 4,55 zu 3,04), Ausdauertraining allein (minus 4,49 zu 2,53) und Intervalltraining mit hoher Intensität (HIIT) (minus 4,08 zu 2,50). Bei Menschen, die zu Studienbeginn einen normalen oder nur leicht erhöhten Blutdruck hatten, zeigten sich nur geringere oder gar keine Veränderungen.

Sportmediziner und Kreislaufforscher Hans-Georg Predel von der Deutschen Sporthochschule weiß um die Vorteile isometrischer Kräftigungsübungen, auch für Hypertonie-Patienten. Er sagt: „Wir nutzen diese Übungen schon lange, weil sie niedrigschwellig sind und keine Geräte erfordern.“

Das bedeute jedoch nicht, dass Bluthochdruckpatienten einfach so ohne fachliche Einweisung loslegen sollten. „Die Skihocke verführt zum Beispiel zur Pressatmung, die Menschen mit Bluthochdruck unbedingt vermeiden sollten“, sagt Predel. Gerade Ungeübte sollten sich deshalb zur Unterstützung an gesundheitsorientierte Sportstudios oder Physiotherapeuten wenden.

Muskeltraining macht die Blutgefäße elastischer

Aber worin genau liegt der Schlüssel zum Erfolg? Wie können so vermeintlich einfache Übungen wie etwa das feste Drücken eines Schaumstoffballs oder Handtrainers fürs Griffkrafttraining oder der Wandsitz so effektiv sein? Predel, der auch Sprecher der Sektion Sportmedizin der Deutschen Hochdruckliga ist, führt das auf mehrere Mechanismen zurück: Zum einen erhöhe muskuläres Training generell die Elastizität der Blutgefäße und verbessere auf diese Weise den Blutkreislauf. Zum anderen setze Muskulatur während des Trainings sogenannte Myokine frei. Diese hormonähnlichen Substanzen würden auf viele Herzkreislauf- und Stoffwechselparameter wirken, die wiederum positiven Einfluss auf den Blutdruck nähmen.

Schon wenn man drei bis vier Wochen in seine Lebensqualität investiert hat, zeigen sich die Effekte auf den Blutdruck.

Hans-Georg Predel, Sportmediziner

Es könne daher tatsächlich sinnvoll sein, Hypertonie-Empfehlungen zu aktualisieren, wie es die Autoren der Metaanalyse vorschlagen. Die erst kürzlich veröffentlichten neuen Leitlinien der Europäischen Hochdruckgesellschaft würden die Vorteile von isometrischen und kräftigenden Übungen zwar bereits erwähnen, stellten aber immer noch das Ausdauertraining in den Vordergrund.

Grundsätzlich – und das betonen sowohl die Autoren der aktuellen Arbeit wie auch Hans-Georg Predel – würden sich alle in der Metaanalyse aufgeführten Trainingsformen positiv auf einen Bluthochdruck auswirken. Überhaupt seien die Effekte regelmäßiger Bewegung vergleichbar mit denen von Medikamenten, erläutert der Experte der Deutschen Sporthochschule: „Das Medikament Sport bringt in etwa so viel wie ein etabliertes Blutdruckmedikament. Dennoch ist es immer noch dramatisch unterschätzt und drastisch ungenutzt.“

Dabei sind laut Predel gar keine großen sportlichen Ambitionen nötig, um Erfolge verzeichnen zu können: „Drei- bis viermal pro Woche Spazierengehen oder Radfahren an der frischen Luft und dazu ein- bis zweimal zwischen 15 und 20 Minuten isometrische und kräftigende Übungen, die man auch zu Hause durchführen kann, reichen bereits aus.“

Wichtig sei jedoch, sich regelmäßig und konsistent zu bewegen. Dabei könne ein auch Plan helfen. Hypertonie-Patienten mit größerem sportlichen Ehrgeiz sollten vor dem Start ihres Trainingsprogramms hausärztlichen Rat einholen. So oder so werde die positive Wirkung regelmäßiger Bewegung schnell sichtbar, sagt Predel: „Schon wenn man drei bis vier Wochen in seine Lebensqualität investiert hat, zeigen sich die Effekte auf den Blutdruck.“

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