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Harald Mayer, durch Multiple Sklerose komplett bewegungsunfähig, sitzt neben Robert Roßbauch, Rechtsanwalt, in einem Saal des Bundesverwaltungsgerichtes (BVerwG). Mayer wünscht sich Sterbehilfe.

© dpa/Sebastian Willnow

Wichtiges Urteil zur Sterbehilfe: Kläger dürfen Medikament für Suizid nicht kaufen

Zwei schwer kranke Männer wollten ein Betäubungsmittel für den selbstständigen Suizid erstehen. Das Bundesverwaltungsgericht bestätigte nun ein Verbot.

Schwerst kranke und sterbewillige Menschen dürfen nicht vorsorglich privat Arzneimittel für einen gewünschten Suizid kaufen. Der damit verbundene Eingriff in das Grundrecht, selbstbestimmt über die Beendigung seines Lebens entscheiden zu können, ist gerechtfertigt und soll den „Miss- und Fehlgebrauch von tödlich wirkenden Betäubungsmitteln“ verhindern, wie das Bundesverwaltungsgericht in Leipzig am Dienstag in zwei Grundsatzurteilen entschied. 

Damit scheiterten zwei Patienten aus Nordrhein-Westfalen, die beim Bundesinstitut für Arzneimittel und Medizinprodukte (BfArM) erfolglos die Genehmigung zum Kauf des tödlichen Betäubungsmittels Natrium-Pentobarbital beantragt hatten. 

Das im Betäubungsmittelgesetz vorgesehene Verbot sei mit dem Recht auf selbstbestimmtes Sterben vereinbar, entschied das Gericht am Dienstag in Leipzig. Es gebe andere Möglichkeiten, das eigene Leben medizinisch begleitet zu beenden.

Die beiden schwer kranken Kläger hatten 2017 beantragt, das Betäubungsmittel kaufen zu dürfen. Das Bundesinstitut für Arzneimittel und Medizinprodukte lehnte dies aber ab. Die Männer klagten gegen die Ablehnung vor Gerichten in Nordrhein-Westfalen, hatten aber keinen Erfolg. Daraufhin zogen sie vor das Bundesverwaltungsgericht.

Einer der Kläger leidet an einer arteriellen Hypertonie, einer koronaren Herzkrankheit und einem Burkitt-Lymphom, einer besonders bösartigen Krebsform. Der Krebs konnte zwar nach einer Chemotherapie vollständig zurückgedrängt werden. Falls er jedoch erneut daran erkranke, wolle er mit dem Natrium-Pentobarbital die Möglichkeit haben, sein Leben ein Ende zu setzen, so der Kläger. Der zweite Kläger leidet an einer schweren Form der Multiplen Sklerose. Auch er wollte assistierter Hilfe sein Leben beenden können. 

Im Februar 2020 hob das Bundesverfassungsgericht das Verbot auf, den Suizid „geschäftsmäßig zu fördern“. Seitdem befindet sich der assistierte Suizid in Deutschland in einer Grauzone, der Gesetzgeber muss handeln. Doch im Juli scheiterten zwei Gesetzentwürfe für die Neuregelung der Sterbehilfe im Bundestag.

Das Oberverwaltungsgericht in Nordrhein-Westfalen schrieb in seiner Entscheidung im vorigen Jahr, zwar habe das Bundesverfassungsgericht entschieden, dass nach dem allgemeinen Persönlichkeitsrecht ein „Recht auf ein selbstbestimmtes Sterben“ gewährt werden müsse. Dieses Recht bedeute aber nicht, dass der Staat einem Suizidwilligen die Selbsttötung in der gewünschten Art und Weise ermöglichen soll, so das OVG. Das Bundesverwaltungsgericht bestätigte dies. 

Die Kläger hätten keinen Anspruch auf Genehmigung zum Kauf der tödlichen Arznei. Nach dem Gesetz könne zur „notwendigen medizinischen Versorgung“ die Genehmigung zum Kauf von Betäubungsmitteln erteilt werden. „Eine solche therapeutische Zielrichtung hat die Beendigung des eigenen Lebens grundsätzlich nicht“, urteilten die Leipziger Richter.

Das generelle Verbot, Betäubungsmittel zum Zweck der Selbsttötung zu erwerben, habe zudem „das legitime Ziel, Miss- und Fehlgebrauch von tödlich wirkenden Betäubungsmitteln zu verhindern“. Gefahren eines Fehlgebrauchs könnten bereits durch die Aufbewahrung des Mittels entstehen, mahnte das Gericht. Der mit dem Verbot verbundene Eingriff in das Recht auf selbstbestimmtes Sterben sei daher gerechtfertigt.

Es bestehe für die Kläger zudem die alternative Möglichkeit, „ein Arzneimittel intravenös einzusetzen, das hinsichtlich Wirkweise und Risiken keine wesentlichen Unterschiede zu Natrium-Pentobarbital aufweist“. In diesem Fall wären die Kläger allerdings auf die Hilfe eines Arztes oder von Sterbehilfeorganisationen angewiesen.

Eine „extreme Notlage“, welche die sofortige Abgabe der Arznei begründet, gebe es nicht. Die Ablehnung verletze die Kläger nicht in ihren Grundrechten. (kk, epd, AFP)

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